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Ananasplantage in Costa Rica, heute der weltgrößte Ananasexporteur: Foto: Catrin Hahn
03.05.2024
Schule & Wissen

Serie: Pflanzen, die die Welt veränderten

Teil 5: Ananas – Danke für die Erfindung des Gewächshauses

Die Ananas (Ananas comosus), eine Pflanzenart aus der Familie der Bromeliengewächse, ist ursprünglich in Amerika heimisch. Heute wird sie weltweit in den tropischen Gebieten angebaut. Doch in früherer Zeit war sie so ein Luxusgut, dass sie lieber als Deko genutzt wurde, als zum Verzehr. Lesen Sie hier Teil 5 unserer Serie (siehe Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4).

Die Ananas – ihr Name entstammt dem Guaraní-Wort naná ‚Frucht‘ – wurde bereits in präkolumbischer Zeit kultiviert und war über weite Teile Südamerikas bis nach Mexiko verbreitet. Historiker nehmen an, dass der Kultivierungsprozess unmittelbar mit der Sesshaftigkeit der indigenen Völker im Amazonas begann, also vor etwa 4000 Jahren. Die Herrschaften waren offenbar Feinschmecker, sie nutzten die Frucht als Nahrungsmittel, Heilmittel und zur Weinherstellung und bauten sie gemeinsam mit Süßkartoffeln, Kartoffeln und Erdnüssen an. Dass sie nicht nur lecker ist, sondern auch ganzjährig reift, machte sie sicher noch interessanter. Aus den Blättern wurden außerdem Fasern gewonnen, zum Beispiel für Kleidung, aber auch für Bogensehnen.

Ihr Weg nach Europa

Christoph Kolumbus wurde schließlich bei seiner zweiten Reise 1493 in Guadeloupe auf den Leckerbissen aufmerksam, als ihm Einheimische Ananasfrüchte als Willkommensgeschenk überreichten. Zu einer Zeit, als Zucker hierzulande noch ein extremes Luxusgut war, muss seine Begeisterung groß gewesen sein. Aber dem europäischen Adel nutzte es wenig, dass Ananas noch vor Ende des 16. Jahrhunderts auch in China, Indien, Afrika und anderswo gedieh. Die Früchte verdarben zu schnell, um lange Seereisen zu überstehen.

Der Besitz einer essbaren Ananas war tatsächlich lange ein besonderes Statussymbol: So ist überliefert, dass die wohl erste nach Großbritannien transportierte reife Frucht im Sommer 1661 dem britischen König Karl II. feierlich von einer Handelsdelegation aus Barbados überreicht wurde. Sogar Gemälde wurden über das Ereignis geschaffen.

Wer hats erfunden? Die Holländer.

Also wurde ein anderer Weg gesucht. Die Niederlande galt im 17. Jahrhundert als führendes Land in Sachen Gartenkultur. Wenig überraschend also, dass dort auch der Unter-Glas-Ananasanbau vorangetrieben wurde. Dafür brauchte es zunächst die geeigneten Gewächshäuser. Das erste dieser Art, in dem dank der Lichtverhältnisse und erzielbaren Bodentemperaturen eine Kultivierung von Ananasfrüchten möglich wäre, entstand 1682 im Hortus Botanicus Amsterdam: Drei Seiten verglast, der Boden durch Torföfen beheizt, weitere Rohre erwärmten die Luft des Treibhauses. Es dauerte übrigens noch 30 weitere Jahre, bis es überhaupt verlässliche Thermometer gab.

Die zweite große Kolonialmacht Großbritannien wollte dem nicht nachstehen. Im Jahr ihrer Thronbesteigung 1689 ließ Königin Maria II. in den Gärten der königlichen Residenz von niederländischen Experten Gewächshäuser errichten. 1693 reifte dort die erste Ananas heran. Auch der britische Hochadel in seiner einzigartigen Mischung aus Geld und Exzentrik versuchte sich bald am Ananasanbau. Als bevorzugte Kultivierungsmethode galt im 17. Jahrhundert, die getopften Schösslinge während des Sommerhalbjahres in mit Ziegelsteinen ausgemauerten und mit Glasfenstern abgedeckten Gruben zu halten, die durch verrottenden Pferdemist und Rindenmulch erwärmt wurden. Das Winterhalbjahr verbrachten sie in ofengeheizten Gewächshäusern. Dank der ganzjährig gleichmäßigen Temperatur reiften Früchte, die in der Größe jenen in den tropischen Freilandkulturen ähnelten.

Die Rolex des Hochadels

Natürlich ging es beim Ananasanbau beileibe nicht nur um den delikaten Geschmack: Der eigene Ananasanbau wurde zum Statussymbol, weil er für Reichtum stand. Kostspielige Glashäuser, teure Pflanzen und nicht zuletzt die Löhne für mehrere Gärtner, und dann brauchte eine Pflanze in der Regel drei Jahre bis zur Fruchtreife! Jede Frucht war schätzungsweise 80 britische Pfund wert – dafür bekam man damals eine Kutsche. Und logischerweise wurde eine reife Frucht dann nicht sofort gegessen, sondern erst einmal herumgezeigt. Besonders verschwenderischen Luxus demonstrierte, wer wie der Herzog von Bouillon 4000 Pflanzen pflegen und täglich mehrere Ananasfrüchte servieren ließ. Später dann, im 18. Jahrhundert, konnte man sich sogar eine Ananas als Deko für die Party mieten!

Ab dem 19. Jahrhundert, mit der Perfektionierung der Glasherstellung und weiteren technischen Entwicklung, konnte sich auch das wohlhabende Bürgertum mit eigener Ananasernte schmücken. Ein paar Jahrzehnte später war die Blütezeit selbstgezogener Tropenfrüchte allerdings schon wieder vorbei, als dampfbetriebene Segelschiffe den Atlantik so schnell überqueren konnten, dass das empfindliche Obst die Überfahrt unbeschadet überstand. 1864 exportierte allein der Inselstaat Bahamas mehr als 700 000 Früchte nach Großbritannien, gleichzeitig begann auf den Azoren der Ananasanbau für den europäischen Markt. Die nächste Revolution, die schließlich die „Ananas für jedermann“ bereithielt, setzte ein Plantagenbesitzer auf Hawaii in Gang. Der hatte im Jahr 1900 seine erste Ananas-Plantage pflanzen lassen, deren gute Erträge ihn darüber nachdenken ließen, wie er die am besten zu Geld machen könne. Die heute simpel erscheinende Idee: schälen, schneiden, eindosen. James Drummond Dole, der den Grundstein für die heutige Dole Food Company legte, machte Hawaii rasch zum führenden Ananas-Anbaugebiet.

Heute werden laut der Welternährungsorganisation FAO weltweit 28 647 866 Tonnen Ananasfrüchte produziert (Stand: 2021), wobei Costa Rica (knapp 3 Millionen Tonnen), Indonesien und die Philippinen (je knapp 2,9 Millionen Tonnen) die drei größten Produzenten sind. Hawaii ist inzwischen mit 168 000 Tonnen auf Platz 28 abgerutscht.

Und noch eine Information für Botanik-Freunde: Was wir da essen, wenn wir eine Ananas genießen, sind übrigens verwachsene Blütenblätter. Als Bromelie besteht die Ananas nämlich aus einem Beerenfruchtverband. Jede Schuppe, die auf der Außenhaut zu sehen ist, entspricht einer Blüte.

Quelle: pflanzenforschung.de

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