Schweiz: Sonderbehandlung für Genschere in Sicht
BERN. Beim Umgang mit neuen Züchtungsverfahren wie CRISPR/Cas zeichnet sich in der Schweiz ein künftiger Weg ab. Die Beratende Kommission für Landwirtschaft (BEKO) kommt in ihrer Beurteilung des gestern von der Regierung vorgelegten Berichts „Regulierung der Gentechnik im Außerhumanbereich“ mehrheitlich zum Schluss, dass eine Sonderbehandlung neuer gentechnischer Verfahren mit einer risikobasierten Zulassungsregelung gerechtfertigt ist.
Damit Pflanzen, die mit den neuen Verfahren gezüchtet werden, Mehrwerte bilden könnten, sollten diese im Gentechnik-Gesetz speziell geregelt und nicht generell als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) behandelt werden, so der Vorschlag der BEKO. Zu bevorzugen sei eine noch zu definierende, fallspezifische Vorgehensweise, die Elemente der Prozess- und der Produktezulassung aufnehme.
Für die BEKO sind die Nutzung von Produktionspotentialen und die Umsetzung des technologischen Fortschritts von entscheidender Bedeutung. Die Pflanzenzüchtung könne mit Pflanzensorten, die beispielsweise robust oder resistent gegen Krankheiten und Schädlinge oder aber ressourceneffizient sowie tolerant gegenüber Hitze- oder Trockenstress seien, einen wesentlichen Beitrag zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit leisten. Hervorgehoben wird auch, dass mit den neuen Verfahren hierzu relativ einfach rasche Züchtungserfolge realisiert werden könnten, und zwar ohne die Einführung artfremder Gene.
Die zu treffenden Regelungen im neuen Gentechnikrecht sollten laut BEKO mit der EU abgestimmt werden, um Handelshemmnisse oder Wettbewerbsnachteile für die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft zu vermeiden. Zudem legt die Kommission bei der künftigen Nutzung von Gentechnik großen Wert auf eine hohe Markttransparenz und die Wahrung der Wahlfreiheit in der Produktion und beim Kaufentscheid der Konsumenten. Die dafür notwendigen Kennzeichnungsregelungen und das Ausweisen von Mehrwerten für den Konsumenten, die Umwelt oder die Landwirtschaft sowie deren Kostenfolgen müssten daher soweit wie möglich aufgezeigt werden.
Seit Ende 2005 gilt in der Schweiz aufgrund einer Volksabstimmung ein Moratorium für den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO), unter das auch die neuen gentechnischen Verfahren fallen. Erst im vergangenen Frühjahr war das Moratorium ohne Ausnahmen um weitere vier Jahre verlängert worden. Gleichzeitig wurde die Regierung damit beauftragt, bis Mitte 2024 einen Vorschlag für eine risikobasierte Regelung der neuen Züchtungsverfahren vorzulegen.
In ihrem Bericht schlägt die Regierung Eckwerte vor, um den Besonderheiten der neuen gentechnischen Verfahren Rechnung zu tragen. Dabei soll geprüft werden, ob und inwieweit solche Verfahren und Produkte verfassungskonform vom bisherigen Geltungsbereich des Gentechnik-Gesetzes ausgenommen werden können. Zudem müssten Fragen zur Kennzeichnung der gentechnisch mit neuen und alten Methoden veränderten Organismen erörtert werden. Gleiches gelte für die Koexistenz dieser Organismen auf dem Feld, heißt es. Schließlich werde es darum gehen, die regulatorischen Entwicklungen auf EU-Ebene zu beobachten und Fragen der Vereinbarkeit mit dem Recht der Welthandelsorganisation (WTO) und internationalen Abkommen zu erörtern. AgE/jo