Baden-Württemberg : Moorschutz zügig umsetzen
Moorschutz zügig umsetzen
STUTTGART. Bei Maßnahmen zur Minderung der Treibhausgas-(THG)-Emissionen aus der Landwirtschaft führt auch in Baden-Württemberg am Moorschutz kaum ein Weg vorbei. Das zeigt eine Analyse, die Wissenschaftler der Universität Hohenheim jetzt vorgelegt haben. Alternativen zum Moorschutz führen demnach meist nur zu moderaten Einsparungen und dann meist auch nur bei „Extremszenarien“. Deshalb empfehlen die Fachleute als erste Maßnahme, „die Moorschutzstrategie konsequent und zügig umsetzen“.
Wiedervernässte landwirtschaftliche Moorstandorte emittieren laut wissenschaftlichen Messungen zwischen 1,0 und 7,4 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr. Werden Moorböden zum Ackerbau genutzt, sind es dagegen 28,0 bis 40,4 Tonnen. Im Fall von intensivem Grünland können es sogar bis zu 41 Tonnen CO2-Äquivalente sein. Werden Moorböden extensiv feucht als Grünland genutzt, beläuft sich die Emission auf 7,0 Tonnen.
Des Weiteren wird von den Hohenheimer Forschenden empfohlen, bei der Düngung den Fokus auf die Erhöhung der Stickstoffeffizienz zu legen. Mit Blick auf die Tierzucht sollen geschlossene Nährstoffkreisläufe durch flächenbezogene Tierhaltung und die Förderung einer effizienten Verwertung und regionalen Verteilung des Wirtschaftsdüngers Emissionen verringern. Unterstützt werden sollte zudem der Anbau heimischer Körner- und Futterleguminosen. Schließlich gilt es laut den Wissenschaftlern, die Agrarberatung gezielter in Klimaschutzstrategien einzubinden, auch mit der verstärkten Erstellung betrieblicher Ökobilanzen.
Hauk: Verlagerung hilft nicht
Der Bericht „Analyse von Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft auf ihr Potenzial zur Emissionsminderung und ihren Auswirkungen auf die Strukturen der Landwirtschaft in Baden-Württemberg“ wurde im Auftrag des Stuttgarter Landwirtschaftsministerium erstellt. Ressortchef Peter Hauk erklärte am Freitag (6.12.), sein Ministerium gehe das Thema Klimaschutz aktiv an. Zugleich betonte er das Ziel, die kleinstrukturierte Landwirtschaft im Land zu erhalten und den Grad der Selbstversorgung sowie die Kulturlandschaft trotz rückläufiger Tierbestände zu bewahren. Klar sei, dass eine Verlagerung der Agrarproduktion in andere Regionen mit geringeren Standards verhindert werden müsse, denn sie helfe weder dem Klima noch den Landwirten.
Als besonders wirkmächtige Maßnahme wurde laut Hauk die Steigerung von Agri-Photovoltaik (Agri-PV) identifiziert. Gerade bei Sonderkulturen könne diese Anlageform Vorteile auch im Hinblick auf die Anpassung an den Klimawandel bieten. Diese THG-Minderung werde jedoch in erster Linie im Sektor Energie bilanziert, stellte der Minister fest. Zudem müsse auch darauf geachtet werden, dass landwirtschaftliche Fläche für die Erzeugung hochwertiger regionaler Lebensmittel erhalten bleibe.
Laut der Analyse wird Agri-PV in Baden-Württemberg auf etwa 1.000 Betrieben mit Beerenobstanbau sowie rund 4.500 Höfen mit Anbau von Kernobst genutzt. Deren Stromverbrauch soll mit rund 25.000 Kilowattstunden um 11.000 höher als im Durchschnitt der Betriebe liegen. Würden vor allem von den Sonderkulturbetrieben Agri-PV-Anlagen errichtet und mindestens 75% des Strombedarfs dadurch gedeckt, könnten fast 20% der THG-Emissionen aus dem Stromverbrauch im Sektor Landwirtschaft eingespart werden. Das wiederum würde 1,4% des gesamten THG-Ausstoßes der Branche entsprechen.
Ackerbau immer Nettoemittent
Die Wissenschaftler konstatieren, dass 38% der betrachteten THG-Emissionen in anderen Sektoren als der Landwirtschaft berichtet wurden. Dabei handelt es sich ausschließlich um CO2-Freisetzungen. Der größte Beitrag ist laut Bericht der Vorkette und der Verbrennung von Diesel in landwirtschaftlichen Maschinen zuzuordnen, gefolgt von Futtermittelimporten, der Vorkette von Mineraldüngern sowie der Stromerzeugung. Bei den Emissionen, die dem landwirtschaftlichen Sektor zugeordnet werden, handelt es sich hauptsächlich um Methan- und Lachgasemissionen aus der Bodennutzung und der Tierhaltung sowie um CO2-Emissionen aus der Ausbringung von Harnstoff und Kalk.
Insgesamt wurden nach Angaben der Wissenschaftler im Jahr 2021 noch 4,389 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente von der Landwirtschaft in Baden-Württemberg emittiert. Allein 48,8% davon waren Methanemissionen aus der Verdauung der Wiederkäuer. Darauf folgten mit 29,1% die düngungsinduzierten Lachgasemissionen aus Böden. Die Methanemissionen aus dem Wirtschaftsdüngermanagement trugen mit 11,5% zu den THG-Emissionen bei. Die Zahlen verdeutlichen laut den Forschenden auch, dass der THG-Ausstoß 2021 im Vergleich zu 1990 um fast 23% niedriger war. Das vom Land für 2030 festgelegte Minderungsziel von 39% sei aber bei Weitem noch nicht erreicht.
Neben den THG-Quellen wird der Landnutzung auch eine Senkenfunktion zugeschrieben. Der Sektor „Land use, Land use change and Forestry“ (LULUCF) sequestrierte und speicherte 2021 in Baden-Württemberg den Wissenschaftlern zufolge 5,9 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente mehr als durch den Sektor Landwirtschaft ausgestoßen wurde. Der größte Teil dieses CO2-Entzugs aus der Atmosphäre ist dem Forstsektor anzurechnen. Auf Bundesebene war der Sektor LULUCF 2020 und 2021 allerdings ein Nettoemittent, im Gegensatz zu den Jahren 2008 bis 2019, als er seine Senkenfunktion erfüllte. Die Landnutzungskategorie Ackerland in Baden-Württemberg ist laut den Forschenden immer ein Nettoemittent; hier wurden 2021 rund 0,6 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. AgE