Die Landwirtschaft steht unter einem enormen gesellschaftlichen Veränderungsdruck und muss gleichzeitig zur Bewältigung multipler Krisen beitragen. Einerseits steigt der Bedarf an qualitativ hochwertigen Lebensmitteln in einer Welt mit wachsender Bevölkerung, zunehmenden politischen Krisen und weiterhin auftretenden Hungerkatastrophen. Anderseits verringert der Klimawandel die verfügbaren Anbauflächen und sorgt für zunehmendem Wassermangel. Zeitgleich wird der verfügbare Werkzeugkasten für landwirtschafte Betriebe zunehmend verkleinert – etwa durch den Wegfall von Pflanzenschutz-Wirkstoffen oder durch politisch gewollte Reduktionsziele für Pflanzenschutz- und Düngemittel zum Schutz von Natur und Artenvielfalt.
Die Transformation der Landwirtschaft kann nicht durch das isolierte Drehen einzelner Stellschrauben gelingen. Ebenso dürfen die unterschiedlichen Herausforderungen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Vielmehr wird ein intelligentes Zusammenspiel sämtlicher Betriebsmittel und Techniken zur Senkung der Emissionen in die Umwelt beim Erhalt der Produktivität benötigt. Modernes Saatgut ist dabei ein wichtiger Schlüssel im integrierten Pflanzenbau. So können beispielsweise dank moderner Sorten mit höherer Krankheitsresistenz, besserer Stresstoleranz und Nährstoffeffizienz etwa Pflanzenschutz-Reduktionsziele leichter erreicht und Erträge trotz erschwerter klimatischer Bedingungen und schrumpfenden Ackerflächen gesteigert werden.
Welche Züchtungsmethoden gibt es?
Kombinationszüchtung
Bei der Kombinationszüchtung werden Pflanzen verschiedener Linien miteinander gekreuzt. Die besten Pflanzen werden mehrfach selektiert und rückgekreuzt. Der Züchtungsprozess bis hin zu einer marktreifen Sorte dauert zehn bis 15 Jahre.
Mutationszüchtung
Hitze, Kälte, radioaktive Bestrahlung oder chemische Substanzen können zahlreiche Mutationen und verändern die Eigenschaften von Kulturpflanzen auslösen. Durch mehrfache Selektion und Rückkreuzung entsteht eine Kultursorte, die sich von der Ausgangssorte weitestgehend in der gewünschten Eigenschaft unterscheidet.
Gentechnik
Bei der Gentechnik wird eine Erbinformation, die beispielsweise eine Resistenz bewirkt, von einem anderen Organismus in eine Zielpflanze übertragen. Der Spenderorganismus kann eine resistente Sorte der gleichen Art oder artfremd sein. Beispielsweise kann auch auf andere Pflanzenarten, Pilze oder Bakterien zurückgegriffen werden.
Gene Editing-Methoden
Mit biotechnologischen Verfahren, wie beispielsweise CRISPR/Cas9, wird das Erbgut einer Pflanze gezielt verändert und somit auch ihre Eigenschaften. Gene Editing-Methoden sind besonders schnell, präzise, kostengünstig und sicher. Für die Nutzung der Potenziale und die prinzipielle Verfügbarkeit von innovativem Saatgut für Landwirte wird allerdings dringend ein neuer, wissenschaftlich fundierter Zulassungsrahmen benötigt.
Wie wird modernes Saatgut in der Praxis entwickelt?
Das Wissen über Pflanzengenetik hat besonders in den vergangenen Jahrzehnten rasant zugenommen und dazu geführt, dass die Forschung neue Züchtungsmethoden entwickeln konnte. Sie dienen unter anderem dazu, die gewünschten Eigenschaften in Pflanzen gezielt und präzise zu entwickeln. Dazu gehört auch die gezielte Mutagenese durch Genome Editing, welche schneller und effizienter ist, aber am Ende zu keinem anderen Ergebnis als die klassische Mutagenese kommt. Dabei können genetische Veränderungen punktgenau an vorher bestimmten Stellen ausgelöst werden, denn die Gene und ihre Funktionen sind bekannt. Die Methode ist präziser, schneller, einfacher und deutlich kostengünstiger als bisherige Verfahren.
Zusätzlich gehört auch die Nutzung von Big Data, Künstlicher Intelligenz (KI) und weiteren digitalen Lösungen (Stichwort „Smart Breeding“) zum Bereich der modernen Züchtung. Diese Innovationen ermöglichen die schnellere sowie kostengünstigere Züchtung im Vergleich zu den herkömmlichen Methoden.
Wofür setzt sich der Fachbereich Pflanzenzüchtung ein?
Seit der Gründung des Fachbereichs im IVA im Mai 2022 als vierter Fachbereich neben den Fachbereichen Pflanzenschutz, Pflanzenernährung und Biostimulanzien setzen sich die derzeit vier Mitgliedsfirmen (Stand: Dezember 2022) für eine verantwortungsvolle Gestaltung der Landwirtschaft von morgen ein. Sie unterbreiten im Dialog mit Politik, Wirtschaft und Gesellschaft pflanzenzüchterische Vorschläge zur Bewältigung bestehender Herausforderungen. Dazu gehört unter anderem die Förderung der modernen Züchtung und Nutzung der Potenziale von innovativem Saatgut, eine innovationsorientierte Regulierung, der effektive Sortenschutz mit einer adäquaten Patentregulierung sowie der freie und regelbasierte internationale Handel.
Weitere Beiträge
Ansprechpartner
Haben Sie Fragen? Sprechen Sie uns gerne an.

Benedikt Wunderlich
Advocacy und Pflanzenzüchtung
-
- +49 152 34667437
-
wunderlich.iva@vci.de
-
- +49 152 34667437
-
wunderlich.iva@vci.de