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Sieht so ein Weltveränderer aus? Foto: dungthuyvunguyen/Pixabay
11.02.2024
Schule & Wissen

Serie: Pflanzen, die die Welt veränderten

Teil 4: Tee - Ohne Tee wäre die Welt eine andere

Tee hat wirklich die Welt verändert: Von der Verbreitung des Porzellans über Drogen, die Seefahrt bis hin zu ganzen Gesellschaftsordnungen – vieles hätte ohne dieses Getränk möglicherweise einen anderen Verlauf genommen. Lesen Sie hier Teil 4 unserer Serie (siehe Teil 1, Teil 2, Teil 3).

Wer morgens in seine Teetasse schaut, sieht da einen Weltveränderer? Die meisten von uns genießen doch eher Farbe, Geruch und Aroma des Heißgetränks. Aber tatsächlich hat Camellia sinensis wie nur wenige andere Pflanzen den Lauf der Welt beeinflusst. Es begann vor über 400 Jahren: Der (schwarze) Tee erreichte Westeuropa aus dem bis dahin einzigen Herkunftsland China. Damals war Camellia sinensis die einzige Quelle für Tee. Ab dem frühen 18. Jahrhundert bürgerte sich der Begriff auch für Aufgüsse von getrockneten Teilen anderer Pflanzen ein. Die Kräuter- und Früchtetees waren entstanden – ihr Beitrag zur Weltgeschichte blieb jedoch unauffällig.

Interessant ist schon die Entstehung des Namens: In Westeuropa heißt es verbreitet Tee, tea oder thé. Das deutsche Tee stammt laut Eintrag im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm vom niederländischen thee ab. Wie auch das englische tea stammt das von der minnanischen Aussprache des chinesischen Schriftzeichens „“ ab, weil Westeuropas Tee auf dem Seeweg aus Südchina kam. Süd- und Osteuropa dagegen, wo der Tee auf dem Landweg über Nordchina kam, nennen das Getränk nach der hochchinesischen Aussprache desselben Schriftzeichens (tscha) heute Chai oder çay.

Tee war da – was fehlte, war das Trinkgefäß

1610 kam also der Tee erstmals nach Westeuropa. Allerdings schickten die Chinesen nur den Tee und nicht die Trinkgefäße. Bessergestellte Kreise in Europa wünschten nun aber ihren 5-Uhr-Tee aus demselben feinen Porzellan zu schlürfen wie unsere asiatischen Nachbarn. Die aber hüteten dessen Rezeptur strengstens. So kamen im niederländischen Delft ein paar schlaue Leute auf die Idee, graue Keramik herzustellen, sie weiß anzumalen und mit den klassischen blauen Schriftzeichen aus China zu versehen. Heute würde man das Produktpiraterie nennen.

China und die USA könnten ohne Tee deutlich anders aussehen

Deutlich perfider entwickelte sich wenig später das Wirtschaftsverhältnis zwischen dem Hauptexporteur China und dem Hauptimporteur England. Weil China Silber haben wollte und England keins mehr hatte, kamen die Briten auf die Idee, in ihrer Kolonie Indien Opium anbauen zu lassen und damit zu bezahlen. Das Ergebnis war eine verheerende Opiumkrise zu Beginn des 18. Jahrhunderts in China mit darauffolgendem Opiumverbot und Handelsabbruch mit Indien. England sah daraufhin allen Ernstes sein „Handelsrecht“ beeinträchtigt, schickte Kanonenboote und begann die Opiumkriege, die China verlor und sich langsam, aber sicher von der kaiserlichen Staatsform weg entwickelte.

Auch Nordamerika hat das so harmlos daherkommende Heißgetränk gehörig durchgeschüttelt. Die Boston Tea Party ist sicherlich den meisten ein Begriff. Mit dem Versenken von Teeschiffen lehnten sich die englischen Herrschaftsgebiete gegen die Kolonialmacht auf - das Ende vom Lied war der Unabhängigkeitskrieg und schließlich die Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika!

Formel 1 auf dem Meer

Besagte Teetransporter waren aber nicht nur verhasstes Kolonialsymbol, sondern brachten auch eine technische Revolution in Gang. Denn mit dem riesigen Teebedarf in Europa wurde der Transport optimiert. Sogenannte „Teeklipper“, spezialisierte Handelssegler, fuhren in großer Zahl von China nach Europa. Und zwar so schnell es geht, damit der Tee frisch bleibt. Dieses Wettrennen bekam den Namen „Great Tea Race“, dem Sieger winkten gute Preise für die Fracht und satte Prämien.

Um die Fahrtzeiten weiter zu verkürzen, wurde schließlich der 193 Kilometer lange Suezkanal zwischen Mittelmeer und Rotem Meer gebaut und 1869 eröffnet. Er ersparte den Schiffen den Umweg um Afrika, leitete aber auch das Ende der Teeklipper ein, waren doch die Segler bei ungünstigem Wind durch den Kanal zu langsam. Dampfschiffe übernahmen den Transport.

Viel Aufwand bis zur ersten Ernte

Heute kommt der Tee zwar immer noch überwiegend aus China, es gibt aber auch andere wichtige Produzenten. 1823 wurden im indischen Assam wildwachsende Teepflanzen entdeckt, ab 1834 kultiviert und mit anderen Arten gekreuzt. Auch für weitere Regionen stehen heute Züchtungen bereit. Teesträucher werden meist aus Stecklingen gezogen, die zunächst neun Monate in Aufzuchtbeuteln gehegt werden. Pro Hektar werden später 12 000 bis 13 000 Setzlinge gepflanzt, die dann noch drei bis sechs Jahre bis zur ersten Ernte wachsen müssen. Als maximale Lebenserwartung eines indischen Teestrauches werden 50 Jahre genannt, chinesische Arten werden doppelt so alt. Der Ertrag eines Hektars liegt bei durchschnittlich 1500 Kilogramm aufgussfertigem Tee. Die wiederum ergeben etwa 857 000 Teebeutel mit je nach aufgebrühtem Pflanzenteil 25 bis 75 Milligramm Koffein pro Tasse. Die weltweite Ernte im Jahr 2021 betrug laut der Welternährungsorganisation FAO gut 28 Millionen Tonnen Teeblätter, die Hälfte davon wurde in China gepflückt, ein Fünftel in Indien. Das sind sehr viele Teebeutel.

Schwarz, Grün oder Weiß – alles das Gleiche

Interessant ist noch der Fakt, dass alle Tees (außer Früchte- und Kräutertee) von derselben Pflanze stammen. Zunächst werden die Blätter gepflückt und leicht angewelkt. Dann werden sie gerollt, wobei Zellen zerstört und Enzyme freigesetzt werden. Jene sorgen bei der nachfolgenden Fermentation dafür, dass sich die Blätter schwarz oder kupferrot verfärben. Der Schwarztee ist fertig. Beim Grüntee wird einfach die Fermentation mit Wasserdampf gestoppt, was die Enzyme inaktiviert. Für Weißen Tee werden dagegen nur die Blattknospen gepflückt. Der Ertrag ist gering, der Preis um so höher. Früher war das Getränk sogar nur dem chinesischen Kaiser und Adel vorbehalten. Viele Teetrinker sind allerdings überzeugt, dass das ausschließlich am luxuriösen Preis des Getränks liegen kann, denn geschmacklich orientiere sich Weißer Tee doch stark an heißem Leitungswasser.

Quelle: pflanzenforschung.de

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