In einer losen Serie stellen wir in den nächsten Wochen Pflanzen vor, die einen Einfluss auf die Weltgeschichte hatten – auf die eine oder andere Weise. Es sind einige unerwartete Kandidaten darunter. Und zum „Tag des Kaffees“ am 1. Oktober kann es nur damit beginnen. (siehe auch Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6)
Teil 1: Kaffee - Muntermacher mit erstaunlicher Geschichte
In Teil 1 widmen wir uns also einer Pflanze, die für viele Menschen vielleicht nicht gleich ihre Welt verändert, aber den Tag erst zum Tag macht: Kaffee. Tatsächlich hat coffea spec. über die morgendliche Weckfunktion hinaus ein paar sehr amüsante kleine Geheimnisse, die durchaus einen Einfluss auf die Weltgeschichte hatten. Wussten Sie zum Beispiel, dass Kaffee unmittelbar an der Entstehung des ersten Versicherungsunternehmens beteiligt war? Nein? Dann haben Sie noch ein bisschen Geduld.
Von Ziegen entdeckt
Beginnen wir zunächst mit der Biologie und der Entdeckung unseres Lieblings-Wachmachers. Kaffee wird aus den Steinfrüchten der Gattung Coffea gewonnen, die insgesamt mehr als 100 Arten umfasst und zu den Rötegewächsen (Rubiaceae) gehört. Für den kommerziellen Anbau im „Kaffeegürtel“ rund um den Äquator zwischen den 23. Breitengraden kommen die beiden Arten Arabica (C. arabica) und Robusta (C. caneophora) infrage.
Entdeckt wurde die Pflanze vor weit über 1000 Jahren in Äthiopien. Und zwar von Ziegen. Die sprangen den ganzen Tag unermüdlich umher, was ihre Hirten irritierte. Gemeinsam mit Mönchen gingen sie der Sache auf den Grund und fanden: Kaffeesträucher. Schnell sprach sich die anregende Wirkung der Frucht herum, eine Zeitlang wurden die ganzen Kaffeekirschen gegessen. Kluge Menschen entdeckten später die Vorzüge des Röstens und Aufbrühens.
Der Kaffeekontinent
Zwar wachsen Kaffeesträucher im tropischen Klima am besten, getrunken werden aber die meisten der weltweit 2,6 Milliarden Tassen täglichen Kaffees woanders. Nämlich in den kühleren Ländern, vor allem in Europa. Einer auf einer niederländischen Barista-Homepage veröffentlichten Studie zufolge liegen neun der zehn Länder mit dem höchsten Kaffeekonsum in Europa. Spitzenreiter ist Finnland mit 2,64 Tassen pro Person und Tag, das macht stolze 12 Kilogramm Kaffee pro Kopf und Jahr! Der zweite Platz geht an Norwegen mit 1,98 Tassen, die 9,9 Kilogramm Kaffee entsprechen. Österreich, wo 1638 das erste Kaffeehaus Europas eröffnete, liegt mit 1,51 Tassen an fünfter Stelle, Deutschland findet sich auf dem achten Platz mit 1,43 Tassen Kaffee pro Tag, das sind im Jahr immer noch stolze 5,2 Kilogramm. Erstes nichteuropäisches Land in dieser Rangliste ist übrigens Brasilien, größter Kaffeeproduzent der Welt, mit 1,32 Tassen auf Platz zehn.
Kaffee verboten, trinkt Bier!
Doch neben dem Kaffeekonsum, mit dem der Tropenstrauch alleine schon die Welt verändert hat, gibt es wie versprochen noch mehr interessante Anekdoten rund um die Pflanze. So hat auch das heute auf vielen Importwaren anzutreffende Fairtrade-Siegel mit Kaffee zu tun: Da die Bohnen schon immer grün importiert und hier weiterverarbeitet wurden, wurden die Röstereien zwar reich, die Anbauer aber nicht. Um dem abzuhelfen, wurde das Fairtrade-Siegel entwickelt und verliehen. Maßgeblich daran beteiligt war übrigens die Kaffeekette Starbucks.
In Preußen, hin und wieder für eigenartige Vorschriften bekannt, gab es sogar einen Beruf im Zusammenhang mit Kaffee, der nichts mit der Zubereitung zu tun hat. Tatsächlich wurden Ende des 18. Jahrhunderts Soldaten als „Kaffeeschnüffler“ eingestellt, die durch die Gassen laufen und Kaffeeduft erschnüffeln sollten. Der Grund war nicht etwa eine Prämie für den besten Geruch, sondern das Gegenteil: Kaffee rösten und kochen war seit 1781 Privatpersonen verboten mit der Begründung, die Leute sollten doch bitte Bier und Brotsuppe trinken. Also wurde eine horrende Steuer auf Kaffee eingeführt und die Schnüffler bezahlt, die illegale Röstereien aufspüren sollten.
Vom Kaffeehaus zur Versicherung
Nun aber zur eingangs versprochenen Anekdote, wie der Kaffee dem Versicherungswesen auf die Beine geholfen hat: Kaffeehäuser waren in der Londoner Lombardstreet einst nach Klassen sortiert. Das für die Handelsleute betrieb ein gewisser Edward Lloyd. Zu dessen illustrem Gästekreis zählten auch Piraten, im weitesten Sinne ja auch Händler. Sie hatten meist viel zu berichten, zum Beispiel über Unwetter, Schäden und Räubereien. Lloyd gab diese Informationen gern weiter und bald kamen immer mehr Seeleute und Schiffseigner in sein Kaffeehaus. Sie begannen, untereinander Versicherungsgeschäfte abzuschließen. Lloyd erschien das schnell als einträglicheres Geschäft als das Kaffeeverkaufen. Und so ist Lloyd’s of London auch heute noch ein international tätiger Versicherungsmarkt, der aber Im Gegensatz zur Konkurrenz keine Firma oder Kapitalgesellschaft ist, sondern eine Börse, an der mit Versicherungen gehandelt wird.
Quelle: pflanzenforschung.de
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