BRIWECS_Gelbrost_H.Zetzsche_JKI_cut.jpg
Grundlage der Studie in Nature Plants war der Winterweizen-Versuch BRIWECS. Das Bild zeigt verschiedene Sorten am Versuchsort Quedlinburg mit unterschiedlich starkem Gelbrost-Befall. Foto: Holger Zetzsche / JKI
05.06.2024
Forschung & Technik

Weizen stark vom Wetter beeinflusst

Schwankende Erträge durch temporäre Umwelteinflüsse

Wie lange scheint die Sonne, wie viel Millimeter Niederschlag fallen und in welchem Umfang schwanken die Temperaturen? All das hat Auswirkungen auf den Ertrag von landwirtschaftlichen Kulturen. Winterweizen ist dabei sehr sensibel, wie eine Untersuchung unter der Leitung der Humboldt-Universität Berlin zeigte.

Nicht erst, seit der Klimawandel beschleunigt ist, sondern auch vorher schon war die Landwirtschaft vom Wetter abhängig. Feldfrüchte brauchen den richtigen Boden, den richtigen Saatzeitpunkt und das richtige Wetter, um gut zu gedeihen und für einen guten Ertrag. Doch Sonne, Niederschläge und Temperaturen halten sich nicht an „Wunschlisten“, sondern weisen teilweise extreme Schwankungen auf. Mit dem Klimawandel nehmen die Extremwetterereignisse noch weiter zu und Trockenheit oder Starkregen gefährden zunehmend die Erträge unserer Feldfrüchte.

Eine Studie unter der Leitung von Professor Tsu-Wei Chen von der Humboldt-Universität Berlin untersuchte, wie das Wetter den Ertrag von verschiedenen Weizensorten beeinflusst. Die Forscher entwickelten unter anderem ein neues statistisches Verfahren, mit dem sie zeigten, in welchen Zeitfenstern Umwelteinflüsse den Ertrag wie stark beeinflussen. Ein weiteres Ergebnis der Berechnungen war, dass die Pflanzen durch ihre Gene unterschiedlich stark auf Umwelteinflüsse reagieren. Interessant ist dies besonders beim Weizen, wie der dreijährige Anbauversuch zeigte.

Umfangreiches Anbauexperiment

An sechs verschiedenen, über ganz Deutschland verteilten Standorten wurden jeweils 220 verschiedene Weizensorten über drei Jahre angebaut und untersucht. In einem Zufallsverfahren wurden den einzelnen Plots unterschiedlich viel Stickstoffdünger und Pflanzenschutzmittel zugeteilt. Wetterstationen registrierten jede Stunde Sonneneinstrahlung, Temperatur und Niederschlag. Die Bodenfeuchte wurde modelliert. Von jeder Weizensorte ermittelten die Forschenden die Ertragskomponenten Kornzahl pro Ähre, Ährenzahl und Tausendkorngewicht. Vieles „Altbekannte“ wurde statistisch bestätigt, es gab aber auch einige neue Erkenntnisse über die Pflanzenentwicklung beim Weizen: „Es ist bereits bekannt, dass Winterweizen in der Blütezeit von etwa Ende Mai bis Anfang Juni sehr empfindlich gegenüber hohen Temperaturen ist“, erklärt Tsu-Wei Chen. Wenn in dieser Zeit die Temperatur auf über 30 Grad Celsius steigt, befindet sich die Pflanze im Hitzestress. Sie betreibt weniger Photosynthese, die Blütchen werden abgestoßen und infolgedessen auch weniger Körner gebildet, sodass der Ertrag sinkt.

Die Forscher betonen vier Ergebnisse ihrer Studie besonders:

  1. Die Intensität der Sonneneinstrahlung während der späten Kornfüllungsphase beeinflusst das Gewicht der reifen Körner.
  2. Die Nachttemperatur vor der Blüte steuert die Korngröße.
  3. Niederschläge und Bodenwassergehalt nach der Blüte erhöhen die Anzahl der Ähren.
  4. Hohe Niederschläge während der Kornfüllungsphase führen zu einer geringeren Anzahl an Körnern pro Ähre.


Die jeweiligen Gene beeinflussen dabei die Reaktion der Weizenpflanzen auf Umwelteinflüsse: „Wir haben nicht nur neue sensitive Zeitfenster entdeckt, sondern auch Stressresistenzen in bestimmten Sorten“, betont Tsu-Wei Chen. Das neue statistische Verfahren ermöglicht Vorhersagen über die Erträge bei den zukünftig zu erwartenden Klimabedingungen. Die Weizenzüchter haben damit ein Modell zum Testen der Genotypen und können die unempfindlicheren Genotypen herausfiltern, um die Ertragsstabilität oder Stresstoleranz zu verbessern. Die Frage nach dem Warum konnte die Studie allerdings noch nicht beantworten. Deswegen sind weitere Forschungen nötig, um herauszufinden, warum manche Sorten stärker auf Umwelteinflüsse in bestimmten Zeitfenstern reagieren, als andere und welche Gene dafür verantwortlich sind.

Quelle: pflanzenforschung.de

Weitere Beiträge

Hier finden Sie weitere interessante Inhalte.

pearl-millet-204105_1920.jpg
Magazin
Forschung & Technik
26.05.2024
Getreideerträge durch Klimawandel gefährdet
regen_487177411l_istock.jpg
Magazin
Umwelt & Verbraucher
18.01.2018
Klimawandel und Pflanzenbau
Ähre Foto Braugersten Gemeinschaft.jpg
Magazin
Schule & Wissen
12.12.2023
Winterbraugerste: eine Antwort auf den Klimawandel?
Gülleausbringung Foto Wiedenau.jpg
Magazin
Umwelt & Verbraucher
15.11.2022
Klimawandel: Konsequenzen für den Ackerbau auf unseren Feldern
Körner Foto agrar press Nr 00021009.jpg
Magazin
Umwelt & Verbraucher
20.09.2022
Weizenernte 2022 – Ertrag ist nicht alles
versuchsfeld_uni_halle_316888_nada_sonntag.jpg
Magazin
Forschung & Technik
28.01.2020
Diese Gerste trotzt dem Klimawandel
aussaat.jpg
Magazin
Schule & Wissen
15.10.2019
Welche Weizensorte ist die richtige?
ajwain-6478461_1920.jpg
Magazin
Forschung & Technik
02.11.2023
Stärken Kümmel und Koriander den Weizen?
mg_3861_as.jpg
Magazin
Forschung & Technik
17.12.2019
Welche Pflanzenzüchtung brauchen wir für den Klimawandel?