Herbes Gewürz aus Sibirien verfeinert französische Küche
Estragon ist ein beliebtes Küchengewürz in vielen Ländern der Welt. Schon 2000 Jahre v. Chr. sollen die Menschen in China und im asiatischen Raum mit Estragon (Artemisia dracunculus L.) ihre Speisen verfeinert haben. Auch die Araber würzten ihre Gerichte mit Estragon. Der Ursprung des gesunden Krauts liegt in Zentralasien und Sibirien. Später kam es dann nach Europa. Heute ist Estragon vor allem in französischen Kräutermischungen, wie etwa zusammen mit Thymian, Rosmarin, Oregano und Majoran in den „Kräutern der Provence“ zu finden. Zusammen mit Petersilie, Kerbel und Schnittlauch bildet Estragon die Grundmischung für Fines herbes. Nicht zuletzt bekommt die „Sauce Béarnaise“ durch die Kräuter Estragon und Kerbel den letzten Schliff. Wenn die Sauce mit einem Anteil Estragonbutter zubereitet wird, nennt man sie „Sauce Beauharnais“. Mit seinem intensiven Geschmack verfeinert Estragon in der Küche Marinaden, Senf und Kräuteressig, wird zum Einlegen von Gurken, als Suppengewürz oder für Fleisch- und Fischgerichte verwendet.
Gewürz für schwere Speisen
Estragon regt den Stoffwechsel und die Verdauung an, fördert die Bildung von Magensäften und hilft gegen Blähungen. Deswegen ist es ein beliebtes Gewürz für schwere Speisen. In jüngerer Zeit machte eines seiner ätherischen Öle, das Estragol, von sich reden. Es soll in großen Mengen krebserregend und erbgutschädigend sein. Diese Mengen werden allerdings bei normalem Gebrauch in der Küche und der Nutzung als Heilpflanze nicht erreicht. Als Heilpflanze wird Estragon selten eingesetzt; ihm werden beruhigende, harntreibende und schmerzstillende Wirkungen zugeschrieben. Seine Hauptinhaltsstoffe sind ätherische Öle wie Estragol, Eugenol, Menthol, Thujon, Phellandrene und Ocimene, außerdem Flavonoide, Gerbstoffe und Bitterstoffe. Er enthält auch nennenswerte Mengen an Asparagin, Cumarin und Umbelliferon, Glutaminsäure, Kalium, Kampfer, Jod, Phenol Salizylsäure, Vitamin C und Zink.
Russisch, französisch und deutsch
Estragon ist ein Sonnenliebhaber und braucht einen warmen, gut bewässerten und nährstoffreichen Boden. Das ausdauernde, mehrjährige Staudenkraut kann Wuchshöhen über einen Meter erreichen. Er gehört zur Familie der Korbblütler und der Gattung der Artemisiengewächse, wozu auch Kräuter wie Beifuß oder Wermut gehören. Er blüht relativ selten, die kleinen gelben Blüten bilden eine Rispe. Der russische Estragon ist die Stammform. Andere Varietäten sind der französische oder deutsche Estragon. Französischer beziehunsweise deutscher Estragon duftet süß und aromatisch und erinnert an Fenchel, Anis oder Süßholz, während der russische Estragon herber ist. Nur der kältetolerante russische Estragon produziert Samen, der kälteempfindliche deutsche Estragon ist unfruchtbar und muss durch Wurzelteilung im Frühjahr vegetativ vermehrt werden, die Ableger werden dann im Sommer gepflanzt.
Frisch und getrocknet im Handel
Estragon zur Verwendung als frisches oder getrocknetes Küchenkraut stammt hauptsächlich aus den Balkanländern, aber auch in den Niederlanden. Er wird meist in Feldkultur angebaut und sowohl als Schnittkraut in der Frischvermarktung als auch als Topfware im Handel angeboten. Die Anbauer möchten nur gesunde Pflanzen ohne Mehltau, Rostpilze oder Thripse (kleine gefräßige Insekten) vermarkten. Wer Estragon in der Gärtnerei oder im Lebensmittelmarkt kaufen möchte, sollte darauf achten, dass die Pflanzen keine weißen Punkte oder andere Flecken auf der Blattoberfläche haben.
Erwerbsanbau ist Sache für Spezialisten
Kräuteranbau im Erwerbsgartenbau oder in der Landwirtschaft ist eine Sache für Spezialisten. Nur etwa 13 000 Hektar Gewürz- und Arzneikräuterpflanzen werden in Deutschland angebaut. Estragon wird vorwiegend in Bayern im Raum Schwebheim, in Rheinland-Pfalz in der Gegend um Reichenberg oder auch in Thüringen angebaut, wo der Kräuteranbau, speziell Majoran, schon eine längere Tradition hat. Als Vorfrucht für Estragon eignet sich Getreide oder Kleegras besonders gut. Er wird nicht gesät, sondern als kleine Kopfsteckling gepflanzt. Kurz vor der Blüte ist der Gehalt an den würzigen ätherischen Ölen am höchsten, daher ist dies der beste Schnittzeitpunkt für die etwa 20 bis 30 Zentimeter langen Triebe. Diese werden größtenteils getrocknet, gereinigt und gerebelt vermarktet. Für die Verarbeitung bedarf es spezieller Maschinen und Anlagen.