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Das Trendlebensmittel Quinoa wird auch in Deutschland angebaut. Foto: AdobeStock
27.09.2018
Schule & Wissen

Quinoa aus Deutschland

Pseudogetreide aus heimischem Anbau

Quinoa gehört zu den Trendlebensmitteln der letzten Jahre, zum sogenannten „Superfood“. Die steigende Nachfrage hat allerdings auch Nachteile für die Herkunftsländer gebracht. Die Lösung wäre eine regionale Erzeugung. Noch beschränkt sich der Quinoa-Anbau in Deutschland zwar auf wenige Landwirte. Das Potenzial für eine lohnende Produktion ist aber durchaus vorhanden.

Quinoa hat sich in den letzten Jahren zur Trendbeilage in deutschen Küchen entwickelt. Die roten, weißen und schwarzen Samen sind eine gute und schmackhafte Alternative zu Reis oder Couscous, enthalten kein Gluten und liefern essenzielle Aminosäuren. Letzteres macht sie vor allem für Vegetarier oder Veganer als pflanzliche Eiweißquelle interessant. Aber auch bei Menschen mit einer Gluten-Unverträglichkeit und vielen gesundheitsbewussten Genießern steht Quinoa hoch im Kurs. Der Nachteil für die Andenvölker in Südamerika: Durch die hohe Nachfrage ist das einstige Grundnahrungsmittel mittlerweile zu teuer für die ärmere Bevölkerung. Außerdem haben Großbetriebe viele Kleinbauern verdrängt.

Robuste Pflanzen für deutsche Klimabedingungen

Botanisch gesehen gehört Quinoa (Chenopodium quinoa) nicht zu den Gräsern wie Weizen und Hafer, sondern zur Familie der Fuchsschwanzgewächse. Da die Samen aber ähnlich wie Getreide verwendet werden, wird Quinoa wie Amarant und Buchweizen als Pseudogetreide bezeichnet. Die einjährige, krautige Pflanze, die auch Reismelde genannt wird, gedeiht gewöhnlich auf einer Höhe von bis zu 4500 Metern und erreicht eine Wuchshöhe von 50 bis 300 Zentimetern. Sie ist resistent gegen Frost und Trockenheit und wächst auf durchlässigen, sandigen bis sandig-lehmigen Böden am besten. Quinoa kann sich gut an verschiedene Klimabedingungen anpassen und verträgt Temperaturen zwischen minus 8 und 38 Grad Celsius, ideal sind 15 bis 20 Grad Celsius. Je nach Genotyp ist Quinoa eine Langtag- oder Kurztagpflanze. Um die Pflanze erfolgreich in Deutschland anbauen zu können, mussten zuerst geeignete Sorten gefunden werden. Pflanzenwissenschaftlern der Universität Hohenheim ist dies gelungen: Sie haben Quinoa erfolgreich kultiviert.

Quinoa-Pioniere in Deutschland

Bereits in den 1980er Jahren gab es an der Universität Hohenheim erste Anbauversuche mit Quinoa, die aber versandeten. 2010 wurden die Forschungen aufgrund des Quinoa-Booms und verfügbarer Drittmittel wieder aufgenommen, und bereits nach wenigen Jahren konnten gute Ernteergebnisse erzielt werden. Als Anbaugebiete kämen laut Aussage der Hohenheimer Pflanzenbau-Experten vor allem wärmere Regionen wie das Rheintal oder das Donauried in Frage. Es gibt derzeit aber auch Landwirte im Münsterland und am Rande der Lüneburger Heide, die Quinoa erfolgreich anbauen. Saatgut bieten zum Beispiel Züchter aus Deutschland, Frankreich, Österreich und Dänemark an. Dabei ist dessen Verwendung an Verträge geknüpft: Für den Anbau bekommt der Landwirt die Abnahme der Ernte zugesichert. Das berichten auch Carolin und Philipp Drerup, die seit einigen Jahren Quinoa im münsterländischen Havixbeck anbauen. Erst haben sie mit einem österreichischen Anbieter einen Anbauvertrag abgeschlossen, mittlerweile verkaufen sie den „Drerup-Quinoa“ auch in Hof- und Unverpackt-Läden sowie online.

Wachsender Markt für regionale Quinoa

Zwölf Hektar sind es mittlerweile, auf denen bei Familie Drerup Quinoa-Pflanzen stehen. Vermutlich ist es bundesweit die größte Anbaufläche, denn insgesamt bauen etwa 60 Landwirte in Deutschland zusammen auf rund 100 Hektar Quinoa an. Zwischen 6000 und 7000 Tonnen werden in Deutschland vermarktet, der gesamte Import nach Europa beträgt 25 000 Tonnen. Zum Vergleich: Weltweit werden jährlich mehr als 250 000 Tonnen Quinoa produziert, mehr als 95 Prozent davon in Peru und Bolivien. Grundsätzlich wächst der Markt für regional erzeugtes Quinoa. Auch in unseren Nachbarländern tut sich etwas. Ein Vorreiter in den Niederlanden war Landwirt Rens Kuijten. Heute ist sein Unternehmen, die „Dutch Quinoa Group“, mit einem Netzwerk von 40 Vertragslandwirten in den Niederlanden vertreten. Verschiedene Quinoa-Produkte werden lokal vertrieben. Die „Dutch Quinoa Group“ arbeitet außerdem mit Universitäten zusammen, um Anbau und Reinigungsprozess der Quinoa-Samen weiter zu verbessern. Bei den niederländischen Bauern besteht laut Kuijten ein großes Interesse am regionalen Quinoa-Anbau. Es gäbe sogar eine Warteliste für das Netzwerk. Nach diesem Vorbild haben sich Quinoa-Bauern aus ganz Europa mittlerweile zur „European Quinoa Group“ zusammengeschlossen, darunter auch Landwirte aus Deutschland.

Die Vorteile des Quinoa-Anbaus: Die Pflanze ist relativ anspruchslos, braucht im Vergleich zu Weizen nur ein Drittel Wasser und die Hälfte an Stickstoffdünger. Außerdem gäbe es keine spezialisierten Quinoa-Schädlinge, sagt Professorin Simone Graeff-Hönninger von der Universität Hohenheim, und Landwirte könnten mit Quinoa ihre Fruchtfolge erweitern. Auch wenn Quinoa aus Deutschland vermutlich ein Nischenprodukt bleiben wird, kann sich der Anbau für Landwirte lohnen.

Quinoa aus dem eigenen Garten

Wer nicht warten will, bis Quinoa aus Deutschland überall verfügbar ist, kann die Reismelde auch problemlos im eigenen Garten kultivieren. Entsprechendes Saatgut gibt es in spezialisierten Gärtnereien. Die Aussaat sollte ab Mitte bis Ende April erfolgen, an einem vollsonnigen Standort. Als Vorkultur sind Kartoffeln und Getreide ideal. Der Boden sollte vor allem locker und unkrautfrei sein. Danach geht fast alles von selbst, denn die Quinoa-Pflanzen müssen weder gegossen noch gedüngt werden. Lediglich das Unkraut ist regelmäßig zu entfernen. Geerntet wird im September, manchmal bis in den Oktober hinein. Lassen sich die Körner gut aus den Samenständen herausschütteln, sind sie reif. Bei der Ernte ist trockenes Wetter ein Muss, und die Rispen sollten noch einige Tage zum Trocknen aufgehängt werden. Denn erst vollständig durchgetrocknet kann Quinoa verwendet werden. Vor der Zubereitung von Beilagen, Salaten und Co. sollte man die Körner mit heißem Wasser abspülen, um den Gehalt an Bitterstoffen (Saponine) zu reduzieren.

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