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Die Arbeitsbelastung, gerade bei Pflanzenschutz-Maßnahmen, ist in Steillagen besonders hoch. Foto: adpic
27.05.2021
Forschung & Technik

Sprühdrohnen im Weinbau

Umweltverträglichkeit erhöhen, Arbeitswirtschaft verbessern

Die Abdrift von Pflanzenschutzmitteln reduzieren, die Flächenleistung optimieren und Winzer von der schweren körperlichen Arbeit entlasten sowie im Umgang mit der neuen Technik des Sprühdrohneneinsatzes schulen – das war das Ziel des EIP-Projekts „Einführung von Sprühdrohnen in den Steillagenweinbau“ in Baden-Württemberg. Das IVA-Magazin sprach darüber mit Dr. Manuel Becker, Referatsleiter Weinbau und Rebschutz an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) Weinsberg.

Herr Dr. Becker, bitte stellen Sie uns kurz die Ausgangslage vor.

In Baden-Württemberg hat der Weinbau eine lange Tradition. Doch zunehmend fällt die hohe Arbeitsbelastung besonders in den Steillagen ins Gewicht. Etwa 7000 Hektar Weinberge gehören hier zu den Steillagen, davon sind 1200 Hektar Handarbeitslagen. Diese müssen unter hoher Arbeitsbelastung bewirtschaftet werden. Besonders die Pflanzenschutz-Maßnahmen mittels Rücken- beziehungsweise Schlauchspritzung in entsprechender Schutzkleidung führen zu einer hohen körperlichen Belastung.

Auf einem kleinen Teil der Steillagen, gut 200 Hektar, bringt ein Hubschrauber Pflanzenschutzmittel aus. Dies ist jedoch aufgrund von Abstandsauflagen der Pflanzenschutzmittel (bis zu 50 Meter zu Gewässern oder Bebauung) auf dem Großteil der Handarbeitslagen oft schwierig zu realisieren. Steillagen haben daher unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen oft eine geringere Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu Rebflächen in Flachlagen. Nichtsdestotrotz stellen sie einen wertvollen Lebensraum für Insekten und Pflanzen dar. Daher sind die Bewirtschaftung der ökologisch bedeutenden Flächen und der Erhalt dieser alten Kulturlandschaften sehr wichtig.

Wo setzt denn das EIP-Projekt „Einführung von Sprühdrohnen in den Steillagenweinbau“ an?

Hier muss ich etwas ausholen: EIP-Agri ist die Abkürzung für „Europäische Innovationspartnerschaft landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“. Mit diesen Projekten soll der Austausch zwischen der Landwirtschaft und der Forschung mit praxisbezogenen Projekten gefördert werden. Über die EIP-Agri-Projekte werden insbesondere Kooperationsprojekte zwischen Forschungseinrichtungen und der landwirtschaftlichen, gartenbaulichen und weinbaulichen Praxis unterstützt, die innovative Lösungen zur Erfassung und Vernetzung von Daten anstreben.

Mit unserem EIP-Agri-Projekt „Einführung von Sprühdrohnen in den Steillagenweinbau“ haben wir den Einsatz dieser neuen Applikationstechnik untersucht. Die Arbeitshypothese war, dass Sprühdrohnen die Arbeitswirtschaft im Weinbau, insbesondere in Handarbeitslagen, spürbar verbessern und den Eintrag von Pflanzenschutzmitteln in die Umwelt reduzieren können. Das EIP-Projekt wurde von der Europäischen Kommission und dem Land Baden-Württemberg mit rund 450.000 Euro gefördert und hatte eine Laufzeit von drei Jahren, von 2018 bis Ende 2020.

Wo können diese Sprühdrohnen überall eingesetzt werden?

Sie werden bereits in einigen Ländern, wie zum Beispiel Kanada, Japan oder China, im Anbau von Mais und Reis eingesetzt. Im Weinbau gab es dagegen kaum Erfahrungen. Im EIP-Projekt wurde der Einsatz von verschiedenen Sprühdrohnen beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln im Steillagenweinbau, insbesondere in den Handarbeitslagen über die ganze Vegetationsperiode untersucht.

Was genau haben Sie im Projekt gemacht?

Die Sprühdrohne wurde über eine vorgeplante Flugstrecke mittels GPS- und Radarsensoren automatisch gesteuert, unter Aufsicht des Anwenders. Ziel war, durch die parzellengenaue Ausbringung den Eintrag von Pflanzenschutzmitteln in die Umwelt zu reduzieren. Während der Projektlaufzeit wurde die Sprühdrohne technisch optimiert, die biologische Wirksamkeit überprüft, Abdriftmessungen vorgenommen und die Anlagerung der Pflanzenschutzmittel in der Laubwand erfasst. Zusätzlich wurden multispektrale Analysen von Krankheitssymptomen der Weinrebe durchgeführt, um den Krankheitsbefall in Rebflächen zu erfassen.

Im Jahr 2018 wurde die Sprühdrohne auf verschiedenen Geländemodellen von Rebflächen getestet und die Möglichkeiten der automatischen Steuerung der Drohne getestet. Parallel wurde ein Versuch zur Applikation von Pflanzenschutzmitteln gegen Pilzkrankheiten in einer Steillage durchgeführt. Auf der Kontrollfläche ohne Pflanzenschutzmittel-Behandlung wurde ein hoher Befall mit Echtem Mehltau (Oidium) beobachtet. Die Flächen, die mit der Sprühdrohne mit den Aufwandmengen 75 l/ha und 150 l/ha behandelt wurden, zeigten jedoch nur einen sehr geringen beziehungsweise geringen Befall. Wir beobachteten jedoch, dass Pflanzenschutz-Behandlungen allein mittels Sprühdrohne bei geschlossener Laubwand und hohem Krankheitsdruck nicht ausreichend sind, um Pilzkrankheiten besonders in der Traubenzone effizient zu bekämpfen. Daher wurden die Versuche 2019 an der Rebsorte Müller-Thurgau durch zwei Handspritzungen zusätzlich zur Sprühdrohnen-Anwendung ergänzt.

2019 erhielten die Teilnehmer des EIP-Agri-Projekts vor Beginn der Pflanzenschutz-Saison ein mehrtägiges Training in Theorie, Flugpraxis und Durchführung von Pflanzenschutz-Maßnahmen mittels Sprühdrohnen. Anschließend führten sie Pflanzenschutz-Behandlungen mittels Sprühdrohne eigenständig auf ihren Rebflächen in Steillagen durch. Im Jahr 2020 wurde der Fokus auf die technische Weiterentwicklung und Versuche zur biologischen Bewirtschaftung mit Sprühdrohnen im Weinbau gelegt. Zudem wurde im Rahmen des EIP-Projekts, auf Antrag des OPG-Partners Droneparts beim Julius Kühn-Institut (JKI), die zwei im Projekt eingesetzten Drohnen als amtlich geprüfte und anerkannte Pflanzenschutzgeräte bescheinigt.

Wo liegen die Vorteile für die Anwender?

Sprühdrohnen können zum Erhalt des Steillagenweinbaus beitragen. Sie reduzieren einen Teil der hohen körperlichen Belastung und hohen Arbeitszeit der Bewirtschafter. Die Anwendung von Sprühdrohnen reduziert die Abdrift von Pflanzenschutzmitteln auf Nicht-Zielflächen in einem erheblichen Maß und kann dadurch einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Außerdem kann diese Applikationstechnik neue Dienstleistungen für Winzer/Weingüter, Genossenschaften, Lohnunternehmer oder Maschinenringe ermöglichen.

Ist die Technik denn schon reif für den breiten Einsatz in der Praxis?

Die Applikationstechnik ist hinsichtlich der Bedienbarkeit und biologischer Wirksamkeit einsatzfähig. Es gibt jedoch noch rechtliche Aspekte zu klären. Die neue EU-Drohnenverordnung ändert das Genehmigungsverfahren und sieht zunächst die Erarbeitung von Betreiberkonzepten vor. Das hört sich im ersten Moment kompliziert an, vereinfacht die Anwendung für die Betreiber von Sprühdrohnen jedoch ernorm und gibt ihnen zudem Rechtssicherheit. Zu einem späteren Zeitpunkt könnten auch Standardszenarien im Rechtsrahmen der EU die Anwendung der neuen Applikationstechnik weiter vereinfachen.

Wir sehen den Einsatz von Spritzdrohnen in Baden-Württemberg nicht als Ersatz für den Helikopter, sondern als Ergänzung beziehungsweise als Alternative zu händisch durchgeführten Pflanzenschutz-Maßnahmen wie Rücken- beziehungsweise Schlauchspritzungen. Seit Mai 2020 sind zwei Sprühdrohnen der DJI Agras-Serie (MG-1P und T16) in Deutschland als amtlich geprüfte und anerkannte Pflanzenschutzgeräte zugelassen. Aber es stehen noch keine dafür zugelassenen Pflanzenschutzmittel zur Verfügung. Es ist wünschenswert, jetzt die Weichen für den Einsatz von Sprühdrohnen zu stellen. Das würde vielen Winzern die Bewirtschaftung von Steillagen-Rebflächen erleichtern.

Herr Dr. Becker, vielen Dank für das Gespräch!

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