Die ferngesteuerte Arbeitsplattform macht Weinbau in Steillagen rentabel
„Das ist Krampf, das brauchen wir nicht. Wir haben es schon immer anders hingekriegt“, sagen die einen. Andere Winzer dagegen fragen: „Was kostet das? Wo kann ich das kaufen?“ Die frühere Forschungsanstalt Geisenheim, jetzt Hochschule Geisenheim, Institut für Technik, hat die ferngesteuerte Arbeitsplattform eigens für den Weinbau in Steillagen entwickelt, der vom Aussterben bedroht ist. Das innovative Hilfsmittel kann zu seiner Erhaltung beitragen. „Geisi“ punktet im Hinblick auf Effizienz, Arbeitserleichterung, Energieersparnis und Ertrags- sowie Qualitätssteuerung.
Die Zeit ist mehr als reif
Mit dem Steillagenweinbau steht es nicht mehr zum Besten. Arbeitskräfte für die mühsame und gefährliche Handarbeit sind nur noch schwer zu finden. Professor Peter Schwarz hatte die Idee für die selbstfahrende Arbeitsmaschine zur Steillagenmechanisierung. Der Name „Geisi“ erinnert sowohl an eine in den Bergen herumsteigende Geiß als auch an den Ort der Entwicklung, Geisenheim.
Was „Geisi“ kann und was nicht
Rainer Keicher sieht den Weg zur Praxisreife geebnet. Einsatzbereit sind die elektrisch angetriebene beidseitige Pflanzenschutzspritze und ein Mulcher. Angedacht ist auch der Laubschnitt und sogar die Erfassung der Geodaten von GPS. Mit diesen Daten im Speicher könnte „Geisi“ – das ist auch in flachen Weinlagen interessant – GPS-gesteuert und präzise Pflanzenschutzmittel ausbringen. Weniger geeignet ist der Selbstfahrer für schwere Zugarbeiten und für die Weinlese. Dafür reicht die Zugkraft an der Walze nicht ganz.
Wie ein Modellauto mit Joystick
Die Rolle mit den auffallenden Stachelwalzen rutscht im Hang nicht ab. „Der Fahrbetrieb ist hydraulisch“, erklärt Dr. Rainer Keicher, „Mulcher und Sprühgerät werden elektrisch angetrieben“. Er ist zuständig für die CAN (Control Area Network)-gesteuerte Maschine, die ohne Gangschaltung auskommt. Hydraulik-Motoren und computergesteuerte Ventile treiben sie an. Joystick mit Funksteuerung vorwärts, rückwärts, links, rechts, ohne Rumpeln und Blockieren – das macht High Tech-Freunden Freude. Rainer Keicher: „Vier Stundenkilometer nach oben, nach unten geht es natürlich schneller.“
Die Stachelwalzen haben Knicklenker
Mit einem Starr-Rahmen haben die jungen Geisenheimer Entwickler den Anfang gemacht, diesen aber bald durch eine spezielle Lenkung ergänzt. Damit konnte „Geisi“ um die Ecke fahren, allerdings um den Preis eines hohen Materialverschleißes. In der neueren Version übernimmt deshalb ein Knicklenker auf schonende Weise das Steuern. Die Stachelwalzen haben es in sich. In ihnen sind Motor und Antriebselemente angebracht. Der extrem niedrige Schwerpunkt der Walzen hält das Gerät im Gleichgewicht. Das ist der große Vorteil gegenüber raupenbetriebenen Fahrzeugen, deren Gewicht sich nach hinten verlagert, wenn es steil nach oben geht.
Großes Interesse speziell in Weinbausteillagen
Ob sich der geländegängige Helfer durchsetzen wird, hängt davon ab, wie gut er es schafft, die Arbeitsstundenzahl pro Hektar in der Steillagenbewirtschaftung zu verringern. „Geisi“ hat das Potenzial, die Hanglagen wieder wirtschaftlich attraktiv zu machen. „Das spricht sich herum“, freut sich Rainer Keicher, „sogar viele Nichtsteillagenbetriebe haben schon ihr Interesse angemeldet“.
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