Je frischer, desto höher der Vitamingehalt
Woran denken Sie, wenn es um Wirsing geht? An die Klassiker Kohlroulade oder Wirsingeintopf? Oder an typisches Wintergemüse? Alles richtig. Doch Wirsing kann noch viel mehr. Als knackiger Bestandteil in Rohkostsalaten oder als fein gewürzte Beilage zu Fleischgerichten ist er ebenso beliebt. Zudem punktet er als Zutat zu grünen Smoothies oder in Aufläufen und als kohlenhydratarmer Pizzabodenersatz. Mittlerweile gibt es sogar Wirsing-Chips. Die getrockneten und gewürzten Blattstreifen sind ein idealer Snack, weil die inneren Werte stimmen.
Wirsing enthält nämlich reichlich Vitamine und Mineralstoffe. Eine 200 Gramm-Portion deckt 45 Prozent unseres täglichen Folsäurebedarfs, 50 Prozent des Vitamin E-Bedarfs und sogar 100 Prozent des Vitamin C-Bedarfs und hat dabei nur 50 Kilokalorien! Das macht den Kohl wirklich nicht fett. Die für den Kohlgeschmack verantwortlichen Glucosinolate stärken die Immunabwehr, regulieren das Blutcholesterin und wirken antimikrobiell. Zudem wirken Inhaltsstoffe wie Carotinoide oder Phenolsäuren antioxidativ.
Diese Eigenschaften ähneln denen der anderen bekannten Kohlarten. Sein Wuchs ist allerdings einzigartig. Er gehört zwar ebenso wie Rot- und Weißkohl zu den Kopfkohlarten, zeichnet sich aber durch eine lockerere Anordnung der Blätter aus. Blattgewebe und Blattrippen wachsen nämlich unterschiedlich schnell. Dadurch wellen sich die Blätter und liegen nicht so dicht aufeinander. Außerdem ist er verhältnismäßig winterhart. Wintersorten können Temperaturen bis minus 10 Grad Celsius vertragen.
Noch zwei Tipps für diejenigen, die jetzt Lust auf Wirsing bekommen haben: Den hauserfüllenden Kohlgeruch kann man beim Kochen durch einen Schuss Tafelessig verhindern. Und Gewürze wie Kümmel oder Fenchel reduzieren die blähende Wirkung.
Herkunft und Ansprüche
Wirsing ist eine Züchtung aus dem Wildkohl, der ursprünglich im Mittelmeerraum und den Küstenregionen Westeuropas beheimatet war. Die ersten Kopfkohle wurden im 8. Jahrhundert in der Literatur erwähnt. Seit dem 18. Jahrhundert wird Wirsing in Deutschland angebaut. Er mag sonnige bis halbschattige und milde Standorte sowie nährstoffreiche, feuchte und humose Böden mit einem pH-Wert zwischen 6,5 und 7,5.
Anbau
Je nach Erntezeitpunkt wird zwischen Früh-, Sommer-, Herbst- und Winterwirsing unterschieden. Die Setzlinge werden an einem warmen Platz aus den Samen vorgezogen und dann im Abstand von etwa 50 x 50 Zentimetern ausgepflanzt. Früh- und Sommersorten sind zarter, milder und heller als die Herbst- und Wintersorten. Wirsing ist fast ganzjährig aus heimischem Anbau im Handel erhältlich.
Pflanzenschutz und Düngung
Während des mehrmonatigen Wirsingwachstums wird Unkraut zum Problem, wenn es nicht frühzeitig bekämpft wird. Die Setzlinge sollten deswegen in ein „Falsches Saatbett“ gepflanzt werden. Das wird bereits drei Wochen vor der Auspflanzung hergerichtet. Die zwischenzeitlich auflaufende erste Unkrautwelle soll unmittelbar vor der Pflanzung untergearbeitet werden. Ergänzend sind aber immer Hacke und/oder zugelassene Pflanzenschutzmittel erforderlich. Eine gefährliche Krankheit ist die Kohlhernie. Der kann mit ausreichend hohen Boden-pH-Werten und langen Kohl-Anbaupausen sowie resistenten Sorten vorgebeugt werden. Gegen Fraßschäden durch die Kohlweißlingraupe setzen Anbauer zum Beispiel Insektenschutznetze oder Insektizide ein. Wirsing zählt ebenso wie die verwandten Kohlarten zu den Starkzehrern und benötigt größere Düngermengen, die auf mehrere Gaben verteilt werden sollten.
Ernte und Lagerung
Ab Mai ist der feine Frühwirsing erntereif, der einige Tage im Kühlschrank oder kühlen Keller lagerfähig ist. Allerdings sinkt unter anderem der wertvolle Vitamin C-Gehalt mit zunehmender Lagerdauer beträchtlich ab. Der robustere und aromatischere Winterwirsing hält sich eine bis zwei Wochen. Frischen Wirsing erkennt man im Geschäft an den knackigen und raschelnden Blättern und den feuchten Schnittstellen. Der Kohl lässt sich nach dem Blanchieren problemlos einfrieren.
Zahlen
2016 betrug die Wirsing-Anbaufläche in Deutschland 948 Hektar. 1996 lag sie noch bei 1482 Hektar (Quelle: Statistisches Bundesamt). Rund 300 Hektar entfielen 2016 auf das Rheinland. (Quelle: Rheinischer Landwirtschafts-Verband). Die deutsche Anbaufläche für das gesamte Kohlgemüse umfasste über 18 800 Hektar. (Quelle: Statistisches Bundesamt). Wirsing wird zudem vor allem aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich importiert.