Biopolymer-Chips machen es möglich
Unter der Leitung von Professorin Dr. Sulamith Frerich aus der Arbeitsgruppe Virtualisierung verfahrenstechnischer Prozesse testete die Doktorandin Diana Keddi zwei Verfahren, mit denen Harnstoff in einen Biopolymer-Schaum eingebettet werden kann. „Um das Freisetzungsverhalten steuern zu können, müssen wir gezielt eine Trägermatrix für den Dünger aufbauen“, sagt Keddi. „Da der Boden nicht mit dem Kapselmaterial kontaminiert werden soll, ist es außerdem vorteilhaft, wenn das Material biologisch abbaubar ist“. Daher kam das Biopolymer Polymilchsäure für die Verkapselung des Düngers zum Einsatz, kurz PLA für polylactic acid. PLA wird aus Mais oder Zuckerrohr gewonnen. Die entstandenen Dünger-Chips ähneln den Chips, die häufig statt Styropor als Verpackungsmaterial verwendet werden. Die größte Herausforderung bei der Herstellung des Verbundstoffs bestand darin, dass Polymilchsäure, je nach Typ, erst bei 140 bis 170 Grad Celsius schmilzt, Harnstoff dagegen schon bei etwa 130 Grad Celsius. Keddi fand in Versuchen heraus, dass ein Druck zwischen 200 und 350 bar in einer CO2-Atmosphäre notwendig ist, um die PLA zu verarbeiten. Dann schmilzt das Biopolymer schon unter der Schmelztemperatur des Harnstoffs. Mit einer zweiten Methode, dem sogenannten Gas-Antisolvent-Verfahren musste die Wissenschaftlerin sogar nur Temperaturen von 40 Grad Celsius und einen Druck von 100 bis 180 bar einsetzen, um dasselbe Ergebnis zu erreichen.
Anwendungspotenzial für die Zukunft
Im Anschluss konnte Keddi in sogenannten Durchflusszellen zeigen, dass der Harnstoff bei kontinuierlicher Durchspülung in einem Zeitraum von zwei Stunden aus den Biopolymer-Chips freigesetzt wurde. „Ohne Verkapselung würde der gesamte Harnstoff in diesem Versuchsaufbau innerhalb von zwei Minuten freigesetzt werden“, so die Wissenschaftlerin. „Wir können die Freisetzungsdauer also mit der Verkapselung um ein Vielfaches verlängern“. In der Praxis könnten solche mit Dünger beladenen Biopolymer-Chips neben den Pflanzen im Boden vergraben werden, um Stickstoff nach und nach in den Boden abzugeben. Aktuell werden weitere Versuchsreihen durchgeführt, damit die erzielten Ergebnisse auf die reale Anwendung auf landwirtschaftlichen Flächen übertragen werden können. Ziel ist, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zukünftig in der Düngemittel-Industrie nutzen zu können.