Getreidefeld NRW.JPG
Die Art und Weise der landwirtschaftlichen Nutzung hat Einfluss auf die Biodiversität von Agrarökosystemen. Foto: Angelika Sontheimer
02.02.2024
Umwelt & Verbraucher

Neue Serie: Nachhaltigkeit im Pflanzenbau

Teil 1: Biodiversität auf landwirtschaftlichen Flächen erhalten und verbessern

Klimaverträglich, nachhaltig und das Ganze auch noch global – an die Landwirtschaft werden hohe Ansprüche gestellt. Die Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften e. V. hat sich mit diesem Thema befasst und ein Grundlagenpapier hierzu herausgegeben. In unserer Artikelserie „Nachhaltige Pflanzenproduktionssysteme“ stellen wir einige Ergebnisse daraus vor. Teil 1 befasst sich mit der Biodiversität auf landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Wenn man von Biologischer Vielfalt spricht, dann sind drei Begriffe gemeint: die Vielfalt der Ökosysteme, die Artenvielfalt und die genetische Vielfalt innerhalb der Arten. Mit zunehmender Biodiversität werden die Ökosysteme stabiler und widerstandsfähiger beziehungsweise bei schwindender Biodiversität werden diese anfälliger bei Störungen. Die Landwirtschaft hat einen großen Einfluss auf die Biodiversität der Agrarlandschaft, weswegen die Art der Bewirtschaftung unmittelbare und mittelbare Folgen für das Ökosystem und dessen Leistungsvermögen hat. Der Pflanzenbau fördert im Allgemeinen einseitig die „Nutzpflanzen“ und zielt darauf ab, „Schädlinge“ und „Unkräuter“ zu dezimieren. Auf der anderen Seite bieten landwirtschaftliche Flächen auch einen Lebensraum für Ackerwildkräuter, Grünlandarten sowie Feldvögel und Niederwild, die in einer „ungestörten Umgebung“ nicht konkurrenzfähig wären.

Ursachen für den Rückgang der Biodiversität

Einseitige Fruchtfolgen und intensiver Pflanzenschutzmittel- und Dünger-Einsatz können zum Beispiel zu einer Verringerung von wild lebenden Pflanzen und Tieren führen, sagen die Autoren des Grundlagenpapiers. Geht die Ackerbegleitflora zu sehr zurück, hat das Folgen für Insekten, Feldvögel, Feldhasen und andere wild lebende Tierarten. Oft stehen biodiversitätsfördernde Maßnahmen, wie zum Beispiel Beikrautregulation oder Ackerrandstreifen, in einem Zielkonflikt mit Produktivität beziehungsweise den angestrebten Erträgen, führen zu Nutzungseinschränkungen und verursachen zusätzliche Kosten für Landwirte. Nichtsdestotrotz sind biodiversitätsfördernde Maßnahmen auch auf landwirtschaftlichen Produktionsflächen wichtig, weil viele Arten die bewirtschaftete Fläche als Teillebensraum nutzen, für die Vermehrung jedoch extensive Begleitbiotope wie Hecken, Säume oder Trockenrasen brauchen.

Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität

Doch welche Maßnahmen können Landwirte treffen, um die Biodiversität ihrer Flächen zu erhalten und zu fördern? Es gibt unterschiedliche Ebenen, auf denen durch die Landwirtschaft Einfluss auf die Biodiversität genommen wird: die Landschaftsebene, die betriebliche Ebene und die Feldebene. Als produktionsintegrierte Maßnahmen schlägt die Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften folgende Lösungen vor, die individuell je nach Standort und Bewirtschaftungsintensität dem Artenverlust entgegenwirken:

  • vielfältige Fruchtfolgen
  • späte Stoppelbearbeitung beziehungsweise überwinternde Stoppelbrache
  • Drilllücken
  • extensive Grünlandbewirtschaftung
  • segretative Maßnahmen wie Blühstreifen, Säume o. Ä.

Auf betrieblicher Ebene wird in dem Grundlagenpapier auch die Umstellung auf ökologischen Landbau als Maßnahme zur Erhöhung der Biodiversität genannt, doch hier bestehe, so die Autoren, gleichzeitig ein zentraler Zielkonflikt mit der Sicherung der Ernährung aufgrund der zum Teil deutlich niedrigeren Erträge . Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass auch im konventionellen Landbau eine höhere Artenvielfalt erreicht werden kann, wenn die Intensität an Betriebsmitteln gesenkt wird, was aber ebenfalls Ertragseinbußen zur Folge habe. Übergreifend über alle Anbausysteme erhöhen die Förderung der Fruchtarten- und Sortenvielfalt sowie die Integration neuer Fruchtarten die Biodiversität. Insbesondere der Anbau von Leguminosen, der Erhalt von mäßig genutztem Grünland mit nur zwei Schnitten mehren die Artenvielfalt, so ein weiteres Ergebnis des Grundlagenpapiers.

Zukünftig das Potenzial der Digitalisierung nutzen

Der fortschreitenden Digitalisierung und den Sensortechnologien sprechen die Wissenschaftler ein großes Potenzial für die Erhaltung beziehungsweise Erhöhung der Biodiversität zu: So können autonome Roboter automatisiert und gezielt das Beikraut auf landwirtschaftlichen Nutzflächen regulieren. Auch die Förderung einer kleinteiligeren Anbaustruktur mit vielfältigen Fruchtfolgen, Strukturelemente wie Hecken und Ackerrandstreifen oder Agroforstsysteme tragen zu einer Verbesserung der Biodiversität bei. Die Artenvielfalt lässt sich besonders mit Saumbiotopverbunden sicherstellen - was wiederum bei der EU-Agrarförderung berücksichtigt werden muss. Alle Biodiversitätsmaßnahmen sollen an die Region angepasst werden und ein breites Spektrum verschiedener Maßnahmen enthalten, schlussfolgern die Autoren des Grundlagenpapiers.

Fazit

Der Pflanzenbau steht vor großen Herausforderungen. Nachhaltige Pflanzenproduktionssysteme sind eine Lösung, die Artenvielfalt in Agrarökosystemen zu erhalten und gezielt wieder zu erhöhen. Dabei sind Maßnahmen auf Landschaftsebene und die Vernetzung der Biotope wirksamer für die Förderung der Biodiversität als einzelfeldbezogene Maßnahmen.

Quelle: JKI

Weitere Beiträge

Hier finden Sie weitere interessante Inhalte.

dr._norman_gentsch_foto_sontheimer.jpg
Magazin
Forschung & Technik
28.11.2019
Biodiversität mit artenreichen Zwischenfruchtmischungen erhöhen
pi2017-13_bild_digitalisiertelw_miniroboter.jpg
Magazin
Forschung & Technik
18.06.2019
Die Zukunft des Ackerbaus
Smartsprayer Foto Amazone.jpg
Magazin
Forschung & Technik
16.12.2022
Einzelpflanzenbehandlung – die Zukunft in der Unkrautbekämpfung?
bluehstreifen_7665_ck.jpg
Magazin
Umwelt & Verbraucher
01.03.2016
Effizientere Agrarumweltmaßnahmen für eine bessere Biodiversität
pic_14e165f79b20220119095836.jpg
Magazin
Forschung & Technik
07.04.2022
Hummeln als Bestäuber in Agrarlandschaften
IMG_7197_Hahn.JPG
Magazin
Forschung & Technik
20.01.2022
Hecken – unterschätzte Klimaschützer
totholzhaufen_sebastian_schmidtke.jpg
Magazin
Schule & Wissen
07.01.2021
Schulprojekt Biodiversität