winter_in_den_bergen_1181258681m_istock.jpg
Während der Rauhnächte geben sich die Geister aus dem Totenreich eine "Wilde Jagd". Foto: iStock
30.12.2020
Schule & Wissen

Rauhnächte – Zeit der Geister und Dämonen

Sagen und Geschichten über Teufel, Gespenster und Zauberei

Die zwölf christlichen „heiligen Nächte“ zwischen Heiligabend am 24. Dezember und der Nacht auf den Dreikönigstag am 6. Januar haben einen heidnischen Ursprung, der bis in die Slawenzeit sechs Jahrhunderte v. Chr. zurückreicht: Die Rauhnächte. Sie sind einerseits eine dunkle Zeit voller Geister und Dämonen, andererseits bieten sie auch Raum für eine innere Einkehr und Besinnung.

Zwischen Weihnachten und Neujahr darf man die Wäsche nicht waschen, um Unglück zu verhüten. Viele kennen diese Aussage. Manche befürchten gar den Tod eines Familienmitglieds, wenn man sich nicht daran hält. Aber woher kommt dieser Volksglaube eigentlich? Er rankt sich um die Rauhnächte. Während dieser Zeit darf man keine weiße Wäsche, früher waren es Betttücher, waschen und an die Leine zum Trocknen hängen, weil sie sonst im kommenden Jahr zum Leichentuch ihrer Besitzer werden. Auch andere Sagen und Geschichten um die Rauhnächte ranken sich um böse Geister und den Tod.

Raues Fell und raue Gesellen

Ihren Ursprung haben die Rauhnächte aus einer Zeit, in der Naturphänomene für die Menschen nicht erklärbar waren. Gegen die Dunkelheit gab es kein elektrisches Licht. Die Menschen saßen in den kurzen Wintertagen am Abend in der Stube beieinander und haben sich die Zeit mit Geschichten vertrieben, mit denen sie sich die Düsternis erklärten. Woher das Wort Rauhnacht kommt, darüber gibt es zwei Theorien: Die führt auf das mittelhochdeutsche Wort rûch (= haarig) zurück und bezieht sich auf das haarige Fell der wilden Dämonen. Die zweite Erklärung verweist auf das Ausräuchern der Viehställe mit Weihrauch, um „Teufel, Gespenster und Zauberei“ fernzuhalten. Manche bezeichnen die Rauhnächte auch als „Tote Tage“, also „Tage außerhalb der Zeit“, die sich aus der Differenz zwischen Mond- und Sonnenjahren ergeben, die es also „praktisch gar nicht gibt“. An diesen Tagen sind die Naturgesetze außer Kraft, so die Mythen und Sagen. Die Rauhnächte waren eine Zeit, in der man Geister austrieb oder beschwor und die Wahrsagerin befragte. Während dieser Tage können die Tiere in menschlicher Sprache sprechen und sagen vor allem um Mitternacht die Zukunft voraus. Wer aber die Tiere sprechen hört, der hat nicht lange etwas davon, da er daran stirbt, so glaubte man früher.

Zwölf Nächte, zwölf Monate

Ursprünglich waren es zwölf Raunächte, sechs vor der Wintersonnenwende am 21. Dezember und sechs danach. Sie standen symbolisch für die zwölf Monate im folgenden Jahr. Jede Rauhnacht sagt die jeweiligen Ereignisse für den jeweiligen Monat voraus. Daher werden die Rauhnächte auch Losnächte (losen = vorhersagen) genannt. Andere sehen besonders die Nächte „zwischen den Jahren“, also zwischen Weihnachten und Neujahr als besonders bedeutsam an. Viele sehen heute nur noch vier Haupt-Raunächte: die Thomasnacht am 21. Dezember, Heiligabend, Silvester und die Nacht vor Dreikönig. Während dieser Zeit geben sich die Mächte der Winterzeit nochmal ein stürmisches Stelldichein, bis die „Wilde Jagd“ am 6. Januar ein Ende findet, so der Volksglaube.

Die Wilde Jagd ist international

Die Wilde Jagd kennt man indes in vielen Ländern, in Skandinavien als „Odins Jagd“, in Großbritannien unter „the Wild Hunt“, in Frankreich als „chasse sauvage“ und in Italien als „caccia morta“. Dabei zieht ein Zug von Geistern mit lautem Rasseln, Schreien, Heulen, Ächzen, Stöhnen und Jammern am Himmel durch die Luft. Die Teilnehmer des Zugs sollen die Seelen von Menschen sein, die gewaltsam und „vor ihrer Zeit“ gestorben sind und jetzt aus dem Geisterreich kommen. Wer den Zug beobachtet, kann mitgerissen werden, deswegen empfehle es sich, den Kopf abzuwenden, sich ins Haus zurückzuziehen und zu beten, so die Legende. In der Eifel und im benachbarten Belgien glaubte man lange, dass des Zauberns mächtige Menschen in dieser Zeit einen Pakt mit dem Teufel schlossen und als Werwölfe die Menschen und ihr Vieh erschrecken. Am Ende der Rauhnächte, in der Nacht auf Dreikönig, begibt sich die Wilde Jagd dann endlich zur Ruhe.

Klappern und Krach hilft gegen Geister

Weil Lärm und Krach gegen die Geister hilft, gibt es auch viele diesbezügliche Bräuche und Traditionen: In Schleswig-Holstein wird an Silvester mit dem „Rummelpott“ Lärm gemacht, in Österreich vertreiben die „Glöckler“ den Winter und bei den Perchtenläufen in den Alpen treiben maskierte „Perchten“ die bösen Geister aus. Auch das Silvesterböllern diente früher zuerst dazu, Unholde fernzuhalten, und erst in zweiter Linie dazu, das Neue Jahr einzuleiten.

Aberglauben in der Zeit der Rauhnächte

Um die Rauhnächte rankt sich auch viel Aberglauben: Ein Volksglaube ist beispielsweise, dass das Wetter während der zwölf Rauhnächte prägend für das Wetter des kommenden Jahres ist. In Regionen wie der Bretagne, Wales oder Schottland, in denen ehemals die Kelten vorherrschend waren, können junge Mädchen in den Rauhnächten der Überlieferung nach die Gestalt ihres zukünftigen Ehemanns sehen. Ansprechen durften sie ihn aber nicht, weil sie sonst starben. Was man in den Rauhnächten träumt, geht im jeweils zugeordneten Monat des kommenden Jahres in Erfüllung. In der ersten Stunde des neuen Jahres soll man die vordere Haustür verschließen, dafür aber die hintere Tür offen lassen, damit das Glück fürs neue Jahr hier hereinkommt.

Zeit der Stille und Einkehr

So sehr die Rauhnächte früher eine Zeit des Fürchtens und der Angst waren, so war andererseits auch Einkehr, Stille, Fasten und Beten angezeigt, um in Demut und Respekt vor den Wintergeistern das neue Jahr zu beginnen. Auch heute bietet sich die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr beziehungsweise Dreikönig an, sich zu besinnen und nach innen zu schauen, auf das alte Jahr zurückzublicken und dann den Blick wieder nach vorne auf das neue Jahr zu wenden. Viele haben Urlaub, verbringen die Zeit innerhalb der Familie. Selbst wenn ein Großteil der Menschen den Ursprung unserer Bräuche, Rituale und Traditionen nicht mehr kennt und die Dunkelheit vor allem in den Städten ihren Schrecken verloren hat, weil dort mit Beleuchtung „die Nacht zum Tage gemacht wird“, so eignet sich die Zeit der Rauhnächte „zwischen den Jahren“ auch in unserer modernen Zeit zum Zurückziehen und Innehalten.

Weitere Beiträge

Hier finden Sie weitere interessante Inhalte.

apfelbaum_mit_eis_174786491l_istock.jpg
Magazin
Umwelt & Verbraucher
11.05.2018
Kalte Eisheilige im warmen Mai
hitze_thermometer_824845572l_istock.jpg
Magazin
Umwelt & Verbraucher
23.07.2020
Heiße Hundstage im Sommer
sommerlandschaft_80580358l_fotolia.jpg
Magazin
Umwelt & Verbraucher
27.06.2017
Der Siebenschläfertag: Legende oder Wirklichkeit?
apfel_nuss_27173616l_fotolia.jpg
Magazin
Umwelt & Verbraucher
18.12.2013
Apfel, Nuss und Mandelkern .....
winterschneeball_bluete_im_schnee_192794025_adobestock.jpeg
Magazin
Haus & Garten
27.12.2018
Attraktiver Winterblüher: Der Winterschneeball