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Einfach besprühen und schon ist die Pflanze gegen Dürre gewappnet? Was wie Science Fiction klingt, könnte in der Züchtung zukünftig durchaus eintreffen. Foto: iStock
24.08.2021
Forschung & Technik

Ruckzuck umprogrammiert

Neue Methode ermöglicht schnellere Züchtung

Unseren Stoffwechsel mal eben „umprogrammieren“, sodass das Feiertagsessen nicht auf der Hüfte aufliegt? Wäre schön, wenn das so einfach ginge. Wissenschaftlern ist aber etwas Ähnliches bei Pflanzen gelungen. Sie konnten den Stoffwechsel der Pflanzen kurzfristig umprogrammieren, damit diese zum Beispiel bei drohender Dürre Wasser einsparen. Das Erbgut wurde dabei nicht verändert.

Pflanzen umprogrammieren, sodass sie besser mit Umwelteinflüssen zurechtkommen? Was nach Science Fiction klingt, haben Wissenschaftler der Universität Halle in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft jüngst geschafft.

Eigenschaften werden nur vorübergehend geändert

Normalerweise ist die Pflanzenzüchtung langwierig und dauert mehrere Jahre, bis man die gewünschten Eigenschaften züchterisch bearbeitet hat. Pflanzenzüchter kreuzen zum Beispiel Wildpflanzen in landwirtschaftliche Kulturpflanzen ein, um deren Resistenzen dort einzubringen. Dabei gelangen aber auch unerwünschte Gene in die Kulturpflanze und die Züchter müssen viele weitere Kreuzungen und Rückkreuzungen machen, bevor sie das gewünschte Ergebnis haben.

In einer Studie gingen Forscher nun mit einem anderen Ansatz heran: Sie haben eine Methode entwickelt, bei der Eigenschaften transient, also nur vorübergehend verändert werden. Die bestehende genetische Ausstattung wird quasi nur kurzfristig „umprogrammiert“, um gewünschte Effekte zu erzielen. Dabei wird das Erbgut nicht verändert. Basis ist eine biologische Transfektion – eine Methode, bei der zellfremdes genetisches Material in eukaryotische Zellen eingebracht wird. Als Transportvehikel (Vektor) für DNA-Sequenzen dient dabei das aus der Gentechnik bekannte Agrobacterium tumefaciens beziehungsweise für die Übertragung von RNA-Replikons virale RNA-Vektoren. In der Zelle kommt es dann entweder zu einer vorübergehenden Proteinbiosynthese oder zu einer Abschaltung bestimmter Gene.

Methode könnte auch für Orphan Crops genutzt werden

In ihrer Machbarkeitsstudie testen die Wissenschaftler das Verfahren bei 28 Pflanzenarten, darunter Tomaten, Zuckerüben, Mais oder Weizen. Sie nutzen die Transfektion beispielsweise, um den Hormonhaushalt der Pflanzen zu beeinflussen und damit das Wachstum zu steuern. So bewirkten sie Veränderungen in der Blütezeit, Pflanzenhöhe oder bei der Trockenheitstoleranz. Jetzt soll die Methode weiter optimiert und unter realen Anbaubedingen erprobt werden.

Einen großen Nutzen sehen die Forscher beispielsweise auch für sogenannte Orphan Crops wie Hirse, Maniok, Enset, Tef und Yams, die bisher züchterisch noch wenig erschlossen sind, unter anderem, weil sie auf dem Weltmarkt eine geringe Rolle spielen. Der Ansatz ist auf eine einzelne Pflanzengeneration beschränkt. Das Verfahren erzeugt keine gentechnisch veränderten Pflanzen. Sie basiert aber auf transfizierter DNA und RNA. Die Forscher glauben, dass der derzeitige Erfolg von RNA-basierten Virusimpfstoffen im Kampf gegen Corona auch die Akzeptanz für eine ähnliche Methode in der Landwirtschaft erhöhen könne.

Quelle: pflanzenforschung.de

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