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Sorghumhirse ist sehr wärmebedürftig, kann aber Trockenphasen gut überstehen. Foto: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR)
29.06.2021
Umwelt & Verbraucher

Sorghumhirse: Pflanze mit Potenzial

Kleine, aber steigende Anbaufläche in Deutschland

Bei den Energiepflanzen ist der Mais die unumstrittene Nummer 1 in Deutschland. Doch die Suche nach Alternativen läuft seit Jahren – aus unterschiedlichen Gründen. Ein Kandidat ist die Sorghumhirse. Welche Perspektiven hat die Pflanze aus Afrika in Mitteleuropa?

Mais wird hierzulande auf 2,64 Millionen Hektar Fläche angebaut. Davon gehen 0,97 Millionen Hektar in die Energieproduktion, das heißt größtenteils in Biogasanlagen (2019, Quelle: FNR). Die Sorghumhirse fristet im Vergleich dazu ein Schattendasein. 2020 wuchs sie zusammen mit anderen Hirsearten auf rund 11 000 Hektar, das sind knapp 0,1 Prozent der Ackerfläche Deutschlands. Allerdings ist die Tendenz steigend. So wurde vor allem in den von den Dürren 2018 bis 2020 besonders betroffenen Bundesländern Sachsen-Anhalt und Brandenburg der Anbau ausgedehnt.

Effiziente Wassernutzung

Die Sorghumhirse (Zuckerhirse Sorghum bicolor und Sudangras Sorghum sudanese) kann mit Trockenheit sehr gut umgehen. Sie zählt ebenso wie die anderen Hirsearten und Mais zu den sogenannten C4-Pflanzen. Diese verwerten Wasser effizienter als C3-Pflanzen, zu denen die meisten unserer Ackerkulturen wie Weizen, Kartoffel oder Raps gehören. Sie benötigen weniger Wasser, um 1 Kilogramm Trockenmasse aufzubauen. Ein weiterer Pluspunkt: Sorghumhirse wächst auch bei Temperaturen über 30 Grad Celsius munter weiter, während bei den C3-Pflanzen die Wachstumskurve spätestens ab 25 Grad Celsius nach unten zeigt.

Hirse stammt ursprünglich aus Äquatorialafrika und ist das wichtigste Getreide in Afrika. Weltweit ist die Pflanze nach Weizen, Mais, Reis und Gerste das Getreide mit der fünftgrößten Anbaufläche. Hirse wird überwiegend für die menschliche Ernährung und als Viehfutter genutzt. Das war in Mitteleuropa auch bis Mitte des 19. Jahrhunderts der Fall. Danach ging der Anbau der dominierenden Rispenhirse stark zurück und erlebt nun eine vorsichtige Wiederbelebung mit der Sorghumhirse.

Sehr wärmebedürftig

Geeignete Standorte bieten vor allem Wärme und Sonne. Hirse benötigt mindestens 12 bis 14 Grad Celsius Keimtemperatur und eine Temperatursumme von 2500 Grad Celsius zur Abreife, was nur in milden Regionen erreicht wird. Aussaaten sind erst nach Ende der Spätfrostgefahr ab Mitte Mai sinnvoll. Schon bei Temperaturen unter 4 Grad Celsius können Kälteschäden auftreten. Weniger anspruchsvoll ist Sorghumhirse in Bezug auf die Bodenqualität. Das liegt an ihrem ausgedehnten Faserwurzelsystem, das Nährstoffe und Wasser sehr gut erschließt und nutzt.

Optisch sind Sorghumhirse und Mais kaum zu unterscheiden. Sie haben ähnliche Wuchshöhen von 2,5 bis über 4 Meter. Allerdings bildet die Hirse keine kompakten Kolben, sondern lockere Rispen. Der Kolben macht beim Energiemais etwa die Hälfte des Ertrags aus. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Erträge pro Hektar bei der Sorghumhirse niedriger liegen. Im Versuchsanbau wird sie bereits seit mehreren Jahren erprobt und erzielt 12 bis 20 Tonnen Trockenmasse pro Hektar. Mais erreicht im Praxisanbau je nach Witterung 10 bis über 25 Tonnen. Weil er energiereicher ist, hat er außerdem eine um etwa 5 bis 10 Prozent höhere Methanausbeute pro Kilogramm Trockenmasse.

Ertrag geringer, aber sicherer

Der Ertragsabstand zum Mais verwischt in ungünstigen, sprich trockenen Sommern und auf sandigen Böden. Manchmal kann die Hirse sogar höhere Erträge erzielen. Das ist dann der Fall, wenn während der Vegetation eine vorübergehende Dürre auftritt. Die Sorghumhirse fällt dann in eine Art Trockenstarre, regeneriert aber nach Regenfällen wieder und wächst weiter. Mais leidet stärker unter Dürre und reift früher und mit größeren Ertragsverlusten ab. Der Klimawandel mit längeren Trockenphasen und steigenden Temperaturen spielt also der afrikanischen Pflanze in die Karten.

Lockert Maisfruchtfolgen auf

Hirse wird außerdem zunehmend interessanter, je stärker sich der Westliche Maiswurzelbohrer ausdehnt. Der ist aktuell vor allem in Bayern und Baden-Württemberg aktiv und sorgt für große Schäden im Maisanbau. Für Abhilfe sorgen Anbaupausen zwischen den Maiskulturen, die beispielsweise mit der Sorghumhirse gefüllt werden können.

Züchtung steckt noch in Kinderschuhen

Experten sehen bei den Sorghumhirsen noch ein großes Entwicklungspotenzial. Das liegt vor allem an den zu erwartenden Züchtungsfortschritten. Gegenüber dem Mais hat die Hirsezüchtung einen Rückstand von mehreren Jahrzehnten. Die Züchter selektieren vor allem auf Frühsaatverträglichkeit (zur Verlängerung der Wachstumszeit), höhere Methangasausbeute, schnellere Abreife, bessere Saatgutqualität und bessere Standfestigkeit bei Sturm und Regen. Ein weiterer Ansatz ist die Senkung der Jasmonsäuregehalte. Damit kann die Kornbildung in den Rispen angeregt und der Ertrag verbessert werden.

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