Studie zum Artenschwund bei Insekten zeigt differenziertes Bild
Insekten sind wichtig für Mensch und Umwelt, besonders wenn es um die Bestäubung von Nutzpflanzen und die Zersetzung von totem organischem Material geht. Umso besorgniserregender sind Zahlen zum Insektenschwund, die von verschiedenen Studien nachgewiesen wurden. Allerdings betrachten diese Studien in der Regel nur regionale Insektenvorkommen; eine Übersicht über die globale Situation fehlt. Um das nachzuholen, haben Wissenschaftler von vier deutschen Forschungseinrichtungen Daten von 166 Langzeitstudien auf 1676 Flächen in 41 Ländern ausgewertet. Wie erwartet, ergab sich eine globale Abnahme der Landinsekten, aber lediglich um 0,91 Prozent pro Jahr (8,81 Prozent pro Jahrzehnt). Regionale Studien aus Deutschland und Puerto Rico hatten im Vergleich dazu Verluste von 3 bis 6 Prozent pro Jahr ermittelt.
Die stärksten Abnahmen wurden in Nordamerika und in Teilen Mitteleuropas beobachtet. Für Europa waren ab 2005 die Verluste am stärksten, während in Nordamerika nach Tiefständen in den 1960er bis 1990er Jahren inzwischen wieder leichte Zuwächse zu erkennen waren.
Kein Zusammenhang mit dem Klimawandel festgestellt
Grund für den Artenschwund könnten Landnutzungsänderungen sein, vor allem die zunehmende Verstädterung und die Intensivierung der Landwirtschaft. Allerdings bewirkte die landwirtschaftliche Nutzung auf lokaler Ebene oft sogar eine Zunahme der Insekten. Als Grund dafür nehmen die Wissenschaftler an, dass bei langfristiger ackerbaulicher Nutzung weniger Landnutzungsänderungen auftreten und die Insekten ein relativ stabiles Umfeld hätten. Ein Zusammenhang mit dem Klimawandel als Ursache für Insektenschwund konnte nicht festgestellt werden.
Positiver Trend für Süßwasserinsekten
Ein positiver Trend fand sich für Süßwasserinsekten, ihre Zahl nahm um 1,08 Prozent pro Jahr (11,33 Prozent pro Jahrzehnt) zu. Die Wissenschaftler vermuten, dass Maßnahmen zur Wasserreinhaltung Wirkung zeigen. Aber auch eine Erwärmung durch den Klimawandel sowie Effekte durch Nährstoffeinträge kämen als Ursachen infrage.
Auch wenn der globale Verlust an Insekten etwa sechs Mal niedriger liegt als von einzelnen Studien ermittelt, sei das kein Grund zur Entwarnung. In ihrer Schlussfolgerung forderten die Wissenschaftler dringend verstärkte Schutzmaßnahmen. Denn dass die Verluste an Landinsekten schwächer ausfielen, führen sie auch auf die ungleich verteilte Datenlage zurück. In Nordamerika und Europa, wo die meisten Studien stattfanden, befanden sich viele der untersuchten Flächen in Schutzgebieten. Dort fällt der Artenschwund geringer aus als in der Umgebung von Städten und auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Von Gebieten mit den größten Belastungen gibt es zu wenige Daten.
Verlust von Nahrungspflanzen verringert Zahl der Insekten
Eine weitere Studie befasst sich mit dem Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Insekten und dem Verlust ihrer Nahrungspflanzen. Sie verglich das Vorkommen von 966 Pflanzenarten im Großraum Zürich Anfang des 20. Jahrhunderts und heute. Es ergab sich ein umfassender Verlust von Wildpflanzen in fast allen Lebensräumen. Besonders seltenere Pflanzenarten in Feuchtgebieten und auf Agrarflächen waren vom Schwund betroffen. Auf diese Nahrungspflanzen angewiesene „Spezialisten“ unter den Insekten gingen stark zurück. Generell fanden die Wissenschaftler eine Angleichung der heimischen Flora in verschiedenen Lebensräumen. Diese Homogenisierung führe zu einer Verknappung des Nahrungsangebots durch „Blühlöcher“.
Quelle: pflanzenforschung.de