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Die Weißstängeligkeit ist überall auf der Welt eine wirtschaftlich bedeutsame Krankheit. Foto: agrar-press
12.01.2021
Forschung & Technik

Die Zähmung des Schadpilzes

Die Infektion mit Mykoviren nimmt Sklerotinia-Schadpilzen den Schrecken

Chinesische Wissenschaftler haben Sklerotinia-Pilze mit Viren infiziert und Erstaunliches herausgefunden: Die Infektion verwandelt den Schadpilz in einen Wohltäter. Der infizierte Pilz lebt friedlich in den Pflanzen, er stärkt sogar ihr Immunsystem und lässt sie gesünder und widerstandsfähiger gegen Krankheitserreger werden.

Weißstängeligkeit, auch Rapskrebs oder Sklerotinia genannt, ist für Rapsanbauer eine gefürchtete Diagnose. Der Schadpilz Sclerotinia sclerotiorum befällt Pflanzen gegen Ende der Blüte, wächst ins Innere und lässt die Befallszone weiß werden. Die Rinde löst sich vom Stängel, darüberliegende Pflanzenteile sterben ab, oft knickt der Stängel um. Im Stängelinneren findet man später schwarze, unregelmäßig geformte Dauerkörper, die beim Drusch wieder ins Erdreich gelangen, wo sie überdauern und ihr schädliches Werk in den Folgejahren fortsetzen.

Der Schadpilz verursacht weltweit erhebliche Verluste, eine Bekämpfung mit Pflanzenschutzmitteln ist schwierig zu prognostizieren. Aus diesem Grund haben sich Wissenschaftler von der Huazhong Agricultural University in Wuhan, China, mit einem alternativen Bekämpfungsansatz beschäftigt: Könnte man den Krankheitserreger vielleicht bekämpfen, indem man ihn selbst krank macht?

Viren zähmen den Schädling

Die Arbeitsgruppe um den Pflanzenpathologen Dao Hong Jiang hat untersucht, wie sich ein Befall mit dem Mykovirus SsHADV-1 auf Sklerotinia auswirkt. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Infektion nicht zum Absterben des Pilzes führt, ihn aber „entwaffnet“: Infizierte Pilzstämme besiedeln Rapspflanzen, schädigen sie aber nicht. „Sklerotinia behandelt die Pflanze dann wie eine Heimat, anstatt sie abzutöten“, beschreibt Jiang. Es gäbe viele solcher endophytischen Organismen, die in Pflanzengeweben leben, ohne Krankheiten zu verursachen. Manchmal nutzen sie ihren Wirten sogar – sie werden zu Symbiosepartnern. Genau das passiert auch mit den virusinfizierten Sklerotinia-Pilzen, fanden die Forscher weiter heraus: Sie stimulieren das Immunsystem des Rapses, der dadurch gesünder und widerstandsfähiger gegen Erkrankungen wird. Versuche haben Ertragssteigerungen von 6,9 bis 14,9 Prozent ergeben.

Der Feind wird zum Freund

Offensichtlich, so haben genetische Untersuchungen der Wissenschaftler ergeben, drosselt das Virus die Aktivität von Genen im Pilz, die die Schadwirkung steuern. Im Raps dagegen führt die Besiedelung zur Aktivierung von Erbanlagen, die eine natürliche Krankheitsresistenz fördern. Durch die virusinfizierten Sklerotinia-Pilze lässt sich somit eine Art Impfeffekt erzielen, erklärt Jiang. „Wenn man Saatgut mit diesen Pilzen behandelt, wachsen sie während der gesamten Lebensdauer der Pflanze mit. So wie bei manchen Impfungen beim Menschen entsteht dadurch ein lebenslanger Schutz“. Die Wissenschaftler wollen das Potenzial der Mykoviren für den Pflanzenschutz weiter ausloten. Sie halten es für möglich, dass die Erreger auch bei anderen Schadpilzen einen ähnlichen Effekt hervorrufen.

Quelle: wissenschaft.de

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