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Der Anbau von Nassreis auf Terrassen hat in Asien Tradition. Quelle: Bayer CropScience
19.06.2008
Umwelt & Verbraucher

Kann die Landwirtschaft künftig genug Nahrungsmittel produzieren?

Harald von Witzke, Experte für internationale Agrarhandelsfragen, beklagt vernachlässigte Agrarforschung

Sinkende Lebensmittelpreise haben die letzten Jahrzehnte geprägt – ermöglicht durch ständig steigende Erträge in der Landwirtschaft. Dieser Trend hat sich jedoch seit kurzem ins Gegenteil verkehrt, unter anderem durch steigende Nachfrage und ungewöhnliche Wetterbedingungen. So ist beispielsweise der Preis für Reis, in den ersten vier Monaten dieses Jahres um 50 Prozent gestiegen. Reis ist Grundnahrungsmittel für mehr als drei Milliarden Menschen – immerhin der Hälfte der Weltbevölkerung. In manchen armen Ländern ist die Nahrungsmittelversorgung schon jetzt ein zentrales politisches Problem, begleitet von Unruhen bis hin zu Regierungsumstürzen (Haiti), während die Verbraucher der Industrieländer für ihre Lebensmittel tiefer ins Portemonnaie greifen müssen.

2050 wird im Vergleich zu heute die doppelte Menge an Nahrungsmitteln gebraucht.

Weltweit konnte die landwirtschaftliche Produktion seit 1960 durch die Grüne Revolution in 40 Jahren verdreifacht werden, während die Getreidepreise um die Hälfte sanken. Noch 1960 waren 40 Prozent aller Menschen unterernährt. Müssten wir noch heute von diesem Prozentsatz ausgehen, wären nicht 854 Millionen (2006), sondern zwei Milliarden Menschen unterernährt. Schließlich wächst die Weltbevölkerung jährlich um 80 Millionen Menschen und wird bis 2050 rund neun Milliarden Menschen betragen. Das ist einer der beiden Gründe, warum bis dahin verglichen mit heute die doppelte Menge an Nahrungsmitteln gebraucht wird. Die andere Hälfte des Nachfragewachstums ergibt sich daraus, dass ein großer Teil der Bevölkerung eine bessere Ernährung beansprucht. Darauf macht Harald von Witzke, Experte für internationale Agrarhandelsfragen von der Humboldt-Universität zu Berlin, aufmerksam. Er prognostiziert, dass sich das Nahrungsgüterdefizit der Entwicklungsländer bis 2030 verfünffacht haben wird. Aber auch in Europa werde die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen so stark steigen, dass die EU zum Nettoimporteur wird, also mehr importieren muss als sie exportieren kann.

Was ist zu tun?

Es muss wieder stärker in die Agrarforschung investiert werden, gleichzeitig aber auch in die Ausbildung und Beratung der Landwirtschaft, damit die Forschungsergebnisse praktisch angewandt werden können. Schließlich müssen die bestehenden landwirtschaftlichen Flächen so intensiv wie möglich genutzt werden, da die Anbaufläche begrenzt ist und kaum erweitert werden kann.