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Zuckerrüben. Quelle: BASF AgroSlide
21.07.2006
Umwelt & Verbraucher

Wenn’s den Rüben an den Kopf geht

In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts waren die Rübenkopfälchen fast verschwunden – heute sind sie wieder auf dem Vormarsch, vor allem im Rheinland, aber auch in anderen Bundesländern

So winzig sie sind, so angriffslustig erweisen sie sich auf Zuckerrübenfeldern: die mit bloßem Auge nicht erkennbaren Rübenkopfälchen. Sie, und die pilzlichen und bakteriellen Krankheitserreger in ihrem Gefolge, sind Schuld daran, wenn letztlich der Kopf der Rüben zerfällt. Entdeckt oft erst kurz vor oder während der Ernte, weil die Blätter intakt bleiben. Der Befall nimmt seit einigen Jahren stetig zu und verursacht große Schäden, bis zum Totalverlust.

Das Rübenkopfälchen Ditylenchus dipsaci, ein Stängelälchen (Nematode) mit einem lanzenähnlichen Kopf, der mit einem hohlen Mundstachel ausgerüstet ist. Mit dieser Spitze dringt das Älchen über die Wurzelhälse in das Pflanzengewebe ein und saugt den Pflanzensaft aus.

In den letzten Jahren hat sich das Rübenkopfälchen in den Zuckerrübenanbaugebieten der Zülpicher- und Jülicher Börde in der Köln-Aachener Bucht stark ausgebreitet. 132 landwirtschaftliche Betriebe meldeten hier im Jahr 2004 den Erstbefall mit der Rübenkopffäule, 2005 waren es weitere 23 Betriebe.

Wenn die Rübenköpfe faulen

Kühles und nasses Wetter im Frühjahr fördert ihre Entwicklung. Deshalb werden die Schäden insbesondere in dieser Zeit und im Herbst sichtbar. Im Frühjahr reagieren die kleinen Rübenpflanzen auf die Eindringlinge mit verdrehten Blättern. Im Sommer können Nester mit welken Pflanzen inmitten normaler Rübenpflanzen auf dem Feld das Indiz für einen Befall sein. Die geschädigten Pflanzen reagieren empfindlicher auf Wassermangel und lassen die Blätter früher hängen. Im Herbst setzen die Älchen ihr zerstörerisches Werk fort. Jetzt sind 3 bis 4 Millimeter große Pusteln aus aufgelockertem Pflanzengewebe am Rübenkopf erkennbar. In einem Gramm dieser Pusteln können mehrere Tausend Älchen nachgewiesen werden. In der Regel sind die Rübenköpfe 4 bis 5 Wochen später verfault.

Eintrittspforte für Pilze und Fäulniserreger

Das befallene Rübengewebe bereitet anderen Schaderregern – insbesondere Bodenpilzen – den Weg in die Rübe. Sie beteiligen sich an der Fäulnis, die vom Kopf der Rübe nach unten fortschreitet. Um den Schaden zu begrenzen, bleibt den Rübenbauern oft nur noch das frühzeitige Roden des gesamten Feldes. Die Rüben müssen auch sogleich verarbeitet werden, weil sich der Fäulnisprozess, hat er einmal begonnen, auch bei geernteten Rüben fortsetzt.

Bis zu 5 Generationen pro Jahr

Die zerstörerischen Älchen vermehren sich rasant. Schon 10 bis 15 Würmer pro 100 ml Boden zum Zeitpunkt der Rübenaussaat reichen, um große Schäden zu verursachen. Die befruchteten Weibchen legen 200 bis 500 Eier. Bei günstigen Bedingungen können sich in einem Jahr fünf Generationen entwickeln. Die jungen Nematoden verlassen ihre Wirtspflanze und befallen neue Pflanzen. Dadurch entstehen Befallsnester, die sich über das ganze Rübenfeld ausdehnen können.

Mehr als 500 Pflanzen dienen als Nahrung

Das Rübenkopfälchen ist bei der Wahl seiner Wirtpflanzen nicht wählerisch. Weit über 500 verschiedene Pflanzen können befallen werden, darunter auch Ackerbohnen, Erbsen, Sonnenblumen, Getreide, wie insbesondere Hafer und Roggen, Mais, Kohlgemüse und Zwiebeln. Die Möglichkeiten, dem Schädling über eine vielseitige Fruchtfolge Einhalt zu gebieten, sind daher begrenzt.

Unkraut bekämpfen hilft

Unkräuter wie vor allem Klettenlabkraut, Kreuzblütler, Vogelmiere, Kreuzkraut und Flughafer gehören zu den bevorzugten Wirtspflanzen der Rübenkopfälchen. Deshalb ist der Schutz vor Verunkrautung eine wichtige vorbeugende Maßnahme. Erste Versuche haben auch gezeigt, dass bestimmte Bodeninsektizide eine Wirkung auf Rübenkopfälchen haben können. Der Befall wird dadurch zwar nicht verhindert, aber die Schäden lassen sich verringern.

Eine weitere Maßnahme zur Eindämmung der Rübenkopffäule ist die Wahl resistenter Sorten. So gibt es gegen Nematoden resistente Rübensorten, die auch weniger empfindlich gegen das Rübenkopfälchen sind. Andererseits bedeutet der große Wirtspflanzenkreis des Älchens für den Zwischenfruchtanbau, dass z. B. viele Senfsorten, auch solche die gegen Rübenzysten-Nematoden resistent sind, für die Rübenkopfälchen eine ideale Nahrungsquelle darstellen. Deshalb sind sie nicht für einen Anbau auf Problemfeldern geeignet. Je nach Standort kann auch eine um 14 Tage spätere Saat die Fäulnis am Rübenkörper halbieren.