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Zaunwicken erzeugen wie viele andere Leguminosen mithilfe von Knöllchenbakterien ihren eigenen Stickstoffdünger. Foto: Frank Vincentz / wikimedia
30.04.2020
Schule & Wissen

Leguminosen: Düngerfabrik in den Wurzeln

Bakterien machen Luftstickstoff für Pflanze verfügbar

Zu den ersten Ackerkulturen, die Landwirte im Frühjahr aussäen, zählen Ackerbohnen und Erbsen. Die beiden Leguminosen unterscheiden sich von anderen Kulturen. Sie erzeugen nämlich mithilfe von Knöllchenbakterien ihren eigenen Stickstoffdünger. Eine klassische Win-Win-Situation.

Pflanzen, die ihren eigenen Dünger produzieren – das verwundert im ersten Moment, ist aber Realität. Mitglieder der Familie der Leguminosen erzeugen den Hauptnährstoff Stickstoff in ihren Wurzeln und wachsen deshalb auch auf ungedüngten Böden ganz passabel. Denn ganz ohne Stickstoff ist kein Pflanzenwachstum möglich. Acker- und Sojabohnen, Erbsen, Linsen, Klee, Lupinen oder Luzerne gehen dazu eine Zusammenarbeit mit Bodenmikroben ein. Die Symbiose bringt beiden Seiten Vorteile.

Erkennung anhand von Proteinen

Wie fädeln die beiden Partner den Deal ein? In stickstoffarmen Böden sondern die Pflanzenwurzeln Botenstoffe in die Umgebung ab. Damit signalisieren sie, dass sie eine Symbiose anstreben. Die frei im Boden lebenden Knöllchenbakterien reagieren darauf und bewegen sich in Richtung Wurzeln. An speziellen Andockstellen, den sogenannten Wurzelhaaren, können die Bakterien in die Pflanzen eindringen. Die Pflanzenzellen lassen sie aber nur hinein, wenn sie sie anhand von bestimmten Proteinen erkannt haben.

Nach der Infektion finden die Rhizobien in den Pflanzenzellen hervorragende Vermehrungsbedingungen vor. Gut geschützt vor zu viel Sauerstoff und reichlich mit Energie aus der Photosynthese versorgt, explodiert ihre Zahl. An den Pflanzenwurzeln entstehen Verdickungen, die mit Bakterien gefüllt sind. Deswegen heißen sie auch Knöllchenbakterien. Je nach Pflanze entstehen so einige Dutzend bis einige hundert kleine Düngerfabriken.

Alleinstellungsmerkmal Nitrogenase

Als Gegenleistung für die Gastfreundschaft der Pflanze stellen die Bakterien nun Stickstoff in verfügbarer Form bereit. Der ist zwar mit 78 Prozent Hauptbestandteil der Luft. Aber das hilft der Pflanze wenig. Sie kann den gasförmigen Stickstoff nicht nutzen. Dafür fehlt ihr unter anderem das Enzym Nitrogenase, das die Knöllchenbakterien erzeugen. In mehreren energieaufwändigen Reaktionen wandeln die Bakterien den Luftstickstoff zu Ammoniak um. Das wird direkt in ungiftige Substanzen umgebaut, die dann von der Pflanze verwertet werden.

Die Knöllchenbakterien haben ein Alleinstellungsmerkmal. Es sind keine Pflanzen und nur einige wenige Bakterien bekannt, die das Enzym Nitrogenase selbst erzeugen können.

Produktion höher als Verbrauch

Landwirte nutzen diese Bakterienfähigkeit schon seit Jahrhunderten. Vor allem vor dem Beginn der großindustriellen Düngerproduktion Anfang des 20. Jahrhunderts waren Leguminosen sehr wichtige Fruchtfolgeglieder. Sie produzieren nämlich nicht nur für den Eigenbedarf. Ein Überschuss von 20 bis über 70 Kilogramm Stickstoff pro Hektar kommt der Folgekultur zugute, kann aber auch Probleme bei Auswaschung ins Grundwasser verursachen. Im Organischen Landbau sind Kleegras, Erbsen, Ackerbohnen und Co. für die meisten Betriebe unverzichtbar.

Auf Ackerflächen, auf denen schon seit vielen Jahren keine Leguminosen mehr angebaut worden sind, sind die Knöllchenbakterien nicht in ausreichender Menge im Boden vorhanden. Die Samen werden deshalb vor der Aussaat mit Bakterien geimpft, indem sie in flüssigen Produkten auf die Samenoberfläche aufgebracht werden.

Düngerfabriken für alle?

Ist es möglich, Knöllchenbakterien mit anderen Wirtspflanzen zusammenzubringen? Forschungsarbeiten dazu laufen seit geraumer Zeit. Es sind aber keine Bakterienarten bekannt, die eine Symbiose beispielsweise mit Getreidepflanzen eingehen. Auch mithilfe gentechnischer Verfahren ist es noch nicht gelungen, Pflanzen mit Stickstoff fixierenden Eigenschaften zu züchten.

Leguminosen-Anbau gering

Im konventionellen Anbau hat der Leguminosen-Anbau bis 2013 aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit abgenommen. So war unter anderem die Nachfrage von Futtermittel-Produzenten einfach zu gering und die Konkurrenz von preiswertem Soja zu groß. Seit 2016 fördert der Bund mit seiner Eiweißpflanzenstrategie den Anbau heimischer Proteinpflanzen. Der Anbau von Leguminosen stieg von 2013 bis 2018 von 74 700 auf 191 700 Hektar (Zahlen: Statistisches Bundesamt). Ihr Anteil an der gesamten Ackerfläche von 11,7 Millionen Hektar in 2019 (Zahl: Deutscher Bauernverband) ist damit nach wie vor gering.

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