Die Fähigkeit Deutschlands, sich mit Nahrungsmitteln aus heimischem Anbau zu versorgen, steht zunehmend unter Druck. Eine aktuelle Studie der HFFA Research GmbH im Auftrag des Industrieverbandes Agrar e. V. (IVA) zeigt: Klimawandel und der Verlust wichtiger Pflanzenschutzmittel bedrohen die Selbstversorgung und erhöhen die Abhängigkeit von Importen.
Zentrale Ergebnisse
Deutschland ist bereits heute nicht in der Lage, sich vollständig selbst zu versorgen. Der durchschnittliche Selbstversorgungsgrad liegt bei rund 83 Prozent – das bedeutet, dass etwa jedes sechste Lebensmittel importiert werden muss. Besonders groß ist die Abhängigkeit bei Obst, Gemüse und Ölsaaten: So kann die heimische Produktion nur zwischen 20 und 37 Prozent des Bedarfs abdecken.
Die Studie zeigt außerdem, dass klimatische Einflüsse wie Dürreperioden, Extremwetterereignisse oder ein erhöhter Schädlingsdruck erhebliche Ertragseinbußen nach sich ziehen könnten. In einzelnen Jahren wären Produktionsrückgänge von durchschnittlich 20 Prozent zu erwarten, bei Obst sogar fast die Hälfte der Ernte. Damit stünde selbst die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln wie Weizen infrage.
Hinzu kommen regulatorische Risiken. Strengere europäische Vorgaben oder das Ende von Notfallzulassungen könnten dazu führen, dass bestimmte Pflanzenschutzmittel nicht mehr zur Verfügung stehen. Modellrechnungen zeigen, dass die Erträge von Kulturen wie Weizen, Kartoffeln oder Zwiebeln dadurch um 10 bis 20 Prozent zurückgehen könnten. Selbst Weizen, bislang eine Überschusskultur, könnte so in die Importabhängigkeit geraten.
Besonders kritisch ist die Kombination beider Faktoren: Klimawandel und regulatorische Eingriffe zusammen würden die Selbstversorgung Deutschlands erheblich schwächen.
Handlungsempfehlungen
Die Studie macht deutlich: Die Selbstversorgung Deutschlands hängt eng mit der Verfügbarkeit einer breiten Palette wirksamer Pflanzenschutzmittel zusammen. Ein signifikanter Verlust an Wirkstoffen würde die Importabhängigkeit verschärfen und die Versorgungssicherheit gefährden.
Um diesen Risiken zu begegnen, empfiehlt die Studie:
- Innovationen im Pflanzenbau gezielt zu fördern, um die Widerstandsfähigkeit der Landwirtschaft gegenüber klimatischen Veränderungen zu stärken.
- Regulatorische Entscheidungen künftig stärker im Spannungsfeld von Ökologie und Versorgungssicherheit zu bewerten.
- Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft langfristig abzusichern, damit die Versorgung der Bevölkerung auch in Krisenzeiten gewährleistet bleibt.
„Wir werden auch morgen noch genug zu essen haben, weil wir wohlhabend genug sind, Lebensmittel zu importieren. Es gibt aber viele gute Gründe, mit Innovationen die Produktion von Nahrungsmitteln im eigenen Land zu stärken.“
Frank Gemmer, Hauptgeschäftsführer des IVA
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