„Weiße“ oder „grüne“ Weihnachten?
Von neblig grau bis sonnig schön, aber auf jeden Fall immer viel zu warm für die Jahreszeit - das Weihnachtstauwetter. Es gehört zu den Wettersingularitäten in der zweiten Dezember-Hälfte. Foto: Angelika Sontheimer
„Weiße“ oder „grüne“ Weihnachten?
Von neblig grau bis sonnig schön, aber auf jeden Fall immer viel zu warm für die Jahreszeit - das Weihnachtstauwetter. Es gehört zu den Wettersingularitäten in der zweiten Dezember-Hälfte. Foto: Angelika Sontheimer
Wenn das Weihnachtstauwetter einen Strich durch die Rechnung macht
Weiße Weihnachten mit leuchtenden Kinderaugen beim gemeinsamen Schlittenfahren im Schnee und später ein leckeres Weihnachtsessen neben dem festlich geschmückten Tannenbaum – so oder ähnlich sieht der Traum vom Weihnachtsmärchen für viele aus. Was aber, wenn die Wettervorhersage eher „grüne Weihnachten“ oder noch schlimmer grau-trübes Weihnachtswetter vorhersagt? Das Wetterphänomen des „Weihnachtstauwetters“ ist relativ häufig bei uns. Warum, versuchen wir aufzuklären. An der Weihnachts(vor)freude sollte das Wetter aber nichts ändern, und wer ein echter Weihnachtsfan ist, der feiert das Fest auch bei milderen Temperaturen.
Weiße Weihnachten gibt es in Deutschland eher selten. Die Chancen stehen gut, wenn man in höheren Mittelgebirgslagen oder im Allgäu und in den Bayerischen Alpen wohnt. Im Flachland und in der Norddeutschen Tiefebene fällt an Weihnachten meist eher Regen als Schnee vom Himmel. Auch wenn der erste Schnee im Tiefland schon Ende November kommen kann, bleibt er oft nicht lange liegen und taut wieder dahin. Wenn es dann Mitte Dezember zu einer Kaltluftfront kommt und wieder Schnee fällt, freuen sich viele Menschen über die weiße Pracht und hoffen auf weiße Weihnachten. Sie sind dann enttäuscht, wenn kurz vor den Feiertagen das Weihnachtstauwetter einsetzt. Doch was ist das Weihnachtstauwetter eigentlich und wie entsteht es?
Milde warme Luft und Regen bringen den Schnee zum Tauen
Nicht selten fällt der Schnee bis kurz vor Weihnachten, um dann in Windeseile zu schmelzen und einem schmuddelig-nassen November-Wetter Platz zu machen, dem Weihnachtstauwetter. Das Weihnachtstauwetter zählt, wie zum Beispiel die Eisheiligen oder die Hundstage im Sommer, zu den Wettersingularitäten. Es entsteht, wenn milde atlantische Luft aus dem Mittelmeerraum von Westen heranströmt und gleichzeitig Regen fällt und den eventuell liegenden Schnee schmelzen lässt. Dabei ist der Begriff Singularität eigentlich irreführend, denn die Wettersingularitäten können in manchen Regionen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent bis sogar 70 Prozent auftreten, so der Deutsche Wetterdienst (DWD).
Der Begriff Singularität lässt sich vielleicht eher damit erklären, dass die Witterungslage außerhalb der Norm für die umgebende Jahreszeit liegt und damit aus der Reihe fällt. Da diese Witterungslage aber regelmäßig auftritt, wird das Phänomen auch „Witterungsregelfall“ genannt. Beispiele sind die frostigen Eisheiligen im sonst warmen Mai oder eben das milde Weihnachtstauwetter in der kalten Jahreszeit zur Wintersonnenwende. 60 bis 70 Prozent Wahrscheinlichkeit für milde Witterung an Weihnachten bedeuten im Umkehrschluss aber auch, dass die Chance auf weiße Weihnachten mit kalten Temperaturen und Niederschlag in Form von Schnee bei 30 bis 40 Prozent liegt. Oder noch anders formuliert: In sieben von zehn Jahren haben wir zwischen dem 24. und dem 29. Dezember eine wärmere Periode als davor und danach.
Eisiges Hoch gegen warmes Tief
Um den Ursprung des Weihnachtstauwetters in Deutschland zu erklären, muss man etwas weiter ausholen und nach Skandinavien gehen: Dort setzt Ende November die Polarnacht ein, die Zeit, in der die Sonne mehrere Wochen bis Monate nicht direkt zu sehen ist. Durch die Polarnacht entsteht ein Kältehoch. Bei einer Ostströmung wird die kalte Festlandluft am Südrand des Hochs zum Atlantik geführt und es ist kalt und schneit. Der Atlantik ist zu der Zeit aber noch relativ mild, weswegen sich ab Mitte Dezember Tiefdruckgebiete bilden können, die dann wieder wärmere Luft zum Festland bringen - das Weihnachtstauwetter. Wegen des ausgeprägten Tiefdruckgebiets wird diese Wetterlage manchmal auch Weihnachtsdepression genannt.
Auch Eisregen möglich
Die feuchtwarme Meeresluft von West bis Südwest bringt oft ausgiebigen Regen mit sich, und wenn die Schneedecke in den Mittelgebirgen schmilzt und das Wasser nicht im noch gefrorenen Boden versickern kann, kann es zu Hochwasser um Weihnachten herum kommen. Doch der „Kampf der Luftmassen“ endet nicht immer zugunsten der milden, feuchtwarmen Luft. Manchmal gibt es auch eine Grenzlinie, die die warme Luft im südwestlichen Europa von der kalten Luft im Norden und Osten Europas trennt. Es entsteht eine Luftmassegrenze: Beide Luftmassen treffen aufeinander, aber keine kann die andere verdrängen. Dann kann es an dieser Grenzlinie zum gefürchteten Eisregen kommen.
Da das Weihnachtstauwetter regelmäßig zwischen Weihnachten und Neujahr auftritt, gehört es zu den auffallenden und bekannten Wettersingularitäten. Dagegen treten etwa die Eisheiligen mit ihren Nachtfrösten immer seltener auf. Inwieweit das mit dem Klimawandel zu tun hat, gilt es durch weitere wissenschaftliche Untersuchungen und Forschungsarbeiten abzuklären.