Ein nussig-würziges Aroma, hohe Mineralstoffgehalte oder das gelbe Mehl – dies sind einige Eigenschaften, die Einkorn gegenüber anderen Getreidearten so besonders macht. Während es in der Jungsteinzeit in Mitteleuropa Grundnahrungsmittel war, wurde es in der Folge fast komplett durch Weizen verdrängt. Züchtungsfortschritte könnten ihm aber wieder Aufschwung verleihen.
Älteste kultivierte Getreideart
Wissenswert
1991 fanden Bergwanderer am Tisenjoch im österreichisch-italienischen Grenzgebiet die Gletschermumie Ötzi. Forscher rekonstruierten mit detektivischem Spürsinn die letzten Tage des dort vor rund 5300 Jahren ermordeten Mannes. Aufschlussreich war die Analyse seines Mageninhalts. Demnach bestand die letzte Mahlzeit aus Trockenfleisch und Einkorn. Das sogenannte Urgetreide war über Jahrtausende eine wichtige Kohlenhydratquelle der sesshaft gewordenen ersten Bauern in Mitteleuropa. Während der Bronzezeit ab etwa 1000 v. Chr. wurde es zunehmend durch ertragreichere Getreidearten wie Gerste, Dinkel und Weizen abgelöst und geriet immer mehr in Vergessenheit.
Nachdem Einkorn im 20. Jahrhundert fast nur noch in botanischen Gärten oder Genbanken zu finden war, wächst es seit einigen Jahren ebenso wie Emmer und Dinkel wieder auf deutschen Äckern. Aus gutem Grund: Geschmacklich überzeugt es mit seinem nussig-würzigem Aroma in Brot, Waffeln und süßem Gebäck, Müsli, Gries, Suppen, Nudeln oder Bier. Der hohe Carotinoidgehalt gibt dem Mehl die typische gelbe Farbe. Dieser Inhaltsstoff wirkt zudem antioxidativ – er schützt vor freien Radikalen, die zu Herz-Kreislauferkrankungen, Arteriosklerose oder Krebserkrankungen beitragen können. Ungewöhnlich hoch sind die Gehalte an Mineralstoffen wie Mangan, Zink, Magnesium, Eisen oder Selen. Sie liegen etwa doppelt so hoch wie im Weizen.
Ebenso reichlich vorhanden sind Proteine. Aber das Kleberprotein, das maßgeblich für die Backqualität ist, ist leider nur von geringer Qualität. Der Teig ist instabil, er kann nur wenig Gas halten. Dessen Verarbeitung gelingt nur fortgeschrittenen Bäckerinnen und Bäckern. Um das Backen zu vereinfachen, bietet sich die Beimischung von Weizenmehl mit besserer Kleberqualität an.
Der Name Einkorn liegt darin begründet, dass der für die Ernährung wertlose Spelz genau ein Korn umschließen. Die Einheit aus Korn und Spelz wird Vese genannt. Im Gegensatz dazu weist Emmer mindestens zwei Körner je Vese auf und wird daher auch Zweikorn genannt. Der Spelz bleibt beim Dreschen am Korn und muss in einem zweiten Arbeitsschritt in einer Rollmühle entfernt werden.
Weil sich Einkorn über viele Jahre im Dornröschenschlaf befand und keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hatte, ist es auch züchterisch nicht mehr bearbeitet worden. Mit dem neuen Appetit auf die alte Getreideart haben Züchterinnen und Züchter die Arbeit wieder aufgenommen. Erste Fortschritte wurden zum Beispiel bei der Backqualität und der Standfestigkeit der Halme erzielt. Auch deswegen ist zukünftig ein größerer Anbauumfang zu erwarten.
Herkunft und Ansprüche
Einkorn (Triticum monococcum) zählte vor rund 12 000 Jahren im Mittleren Osten noch vor Emmer und Gerste zu den ersten Nutzpflanzen, die von Bauern selektiert und angebaut wurden. Die Ausdehnung des Ackerbaus brachte das Getreide über den Balkan nach Mitteleuropa. Das Getreide zeichnet sich ähnlich wie Emmer dadurch aus, dass es auch auf kargen, nährstoffarmen Böden und bei Trockenheit stabile Erträge liefert. Einkorn ist winterhart.
Anbau
Beim Einkorn überwiegt die ertragreichere Winterform, die je nach Anbauregion von September bis November ausgesät wird. Die Vesen werden mit 3 bis 5 Zentimetern etwas tiefer abgelegt als Weizenkörner. In dieser Bodenschicht ist im Normalfall mehr Feuchte vorhanden als unmittelbar unter der Oberfläche. Diese wird benötigt, um das vom Spelz abgeschirmte Korn dennoch zur Keimung zu bringen.
Pflanzenschutz und Düngung
Der Spelz schützt die Saat vor Schädlingen und Auflaufkrankheiten. Im weiteren Wachstumsverlauf erweist sich das Getreide als robust gegenüber Pilzkrankheiten wie Mehltau oder Rost. Unkraut muss aber rechtzeitig bekämpft werden, weil Einkorn wegen seiner langsamen Jugendentwicklung zunächst kaum konkurrenzfähig ist. Die Pflanzen dürfen nur sehr dosiert gedüngt werden, weil die Halme sonst instabil werden und bei Regen und Wind ins Lager gehen.
Ernte
Während beim Weizen die Kornfeuchte den Erntezeitpunkt bestimmt, muss bei Einkorn zusätzlich die Brüchigkeit von Ährenspindeln und Grannen berücksichtigt und die Mähdreschereinstellungen angepasst werden. Ansonsten kann es zu Verstopfungen in der Maschine kommen. Das Erntegut ist lagerfähig, wenn die Körner weniger als 14,5 Prozent Feuchte aufweisen. Der Gewichtsanteil des Korns an der Vese macht 50 bis 60 Prozent aus.
Zahlen
Die Erträge von Korn plus Spelz schwanken zwischen 3 und 6 Tonnen pro Hektar. Bei einer Kornausbeute von 50 Prozent beträgt der Kornertrag 1,5 bis 3 Tonnen pro Hektar. Der Einkornanbau umfasst in Europa aktuell circa 1000 Hektar (Zahlen: Thüringische Landesanstalt für Landwirtschaft). Zum Vergleich: In Deutschland erzielte Weizen 2020 bis 2022 einen Durchschnittsertrag von 7,58 Tonnen und wurde 2022 auf 2,99 Millionen Hektar angebaut (Zahlen: destatis). Die Anbauschwerpunkte liegen in Österreich, Italien, Ungarn und Frankreich. Der Preis für Kleinpackungen ist etwa viermal so hoch wie der vom Weizen.
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