Robustes und vielseitiges Getreide ist backtechnisch eine Herausforderung
Wissenswert
Dinkelbrote und -brötchen, Schwäbische Seelen (ein baguetteartiges Weißbrotgebäck), Nudeln, Müslimischungen, Babynahrung und Snacks sowie Bier und Schnaps – Dinkel ist im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde. Aber das erst wieder seit einigen Jahren. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der nahe Verwandte des Weizens noch eine Hauptgetreideart, doch dann verschwand er zwischenzeitlich fast von den Äckern. Als Gründe für die Renaissance werden immer wieder ernähungsphysiologische Vorteile wie hohe Mineralstoff-, Vitamin- und Eiweißgehalte sowie gute Bekömmlichkeit genannt. Allerdings konnten diese nach Angaben des Wissensforums Backwaren wissenschaftlich noch nicht hinreichend bestätigt werden.
Dinkelprodukte zeichnen sich durch ihren vollmundigen und leicht nussigen Geschmack sowie ihre angenehme Krumenstruktur aus. Bäcker müssen dafür jedoch die im Vergleich zum Weizen unterschiedlichen Backeigenschaften berücksichtigen. So durch Vorteigen, ausreichenden Wasserzusatz und schonendes Kneten des Teigs. Nur dann gelingen Brote, die nicht schon nach kurzer Zeit hart werden und altbacken schmecken.
Die zeitweise knappe Versorgungslage hat dazu geführt, dass Dinkelpartien vereinzelt mit Weizen gestreckt, aber nicht entsprechend deklariert wurden. Diese Verbrauchertäuschung kann aber durch eine sogenannte PCR-Methode aufgedeckt werden, die DNA-Sequenzen vergleicht und die Anteile der verschiedenen Getreidearten ermittelt.
Eine Nutzungsvariante des Dinkels, der regional auch Spelz oder Schwabenkorn genannt wird, ist der Grünkern. Hierbei ernten die Bauern die Körner bereits vor der eigentlichen Reife. Nach der Trocknung entwickelt die olivgrüne Ware ein würziges Aroma. Sie ist unter anderem die Basis für Suppen, Eintöpfe und Klöße. Grünkern hat seinen Ursprung bereits vor mehreren hundert Jahren. Bei ungünstigem Erntewetter und drohendem Verderb konnte so einer Missernte vorgebeugt werden.
Herkunft und Ansprüche
Dinkel ist vermutlich durch Mutation aus alten Weizensorten entstanden. Das Getreide wurde bereits vor rund 5 000 Jahren im südwestlichen Asien angebaut und danach auch in Mittel- und Nordeuropa. Später haben christliche Pilger das Getreide über die Grenzen Europas hinaus verbreitet. Ideal für die Kultur sind tiefgründige Böden mit einer guten Wasser- und Nährstoffspeicherkapazität. Die Kultur gedeiht auch auf kühleren und regenreichen Mittelgebirgsstandorten. Dinkel ist ein Wintergetreide. Es wird im Herbst ausgesät und braucht im Winter über einen längeren Zeitraum Temperaturen unter fünf Grad Celsius, um im Frühsommer Körner ausbilden zu können.
Pflanzenschutz und Düngung
Dinkel gilt als robustes Getreide. Es unterdrückt Unkraut besser, ist weniger empfindlich gegenüber pilzlichen Schaderregern und kann den Hauptnährstoff Stickstoff besser verwerten als Weizen. Deswegen ist Dinkel eine beliebte Kultur im ökologischen Landbau. Für hohe Erträge benötigt er dennoch gezielte Pflanzenschutz- und Düngemaßnahmen. Hierbei müssen Anbauer besonders auf stabile Halme achten sowie Mehltau- und Braunrostpilze im Blick behalten.
Ernte und Lagerung
Ähnlich wie bei anderen Getreidearten ist der Erntezeitpunkt erreicht, wenn die Körner möglichst weniger als 15 Prozent Wasser enthalten. Dann sind sie lagerfähig. Beim Dinkel sind jeweils zwei bis drei Körner fest mit einer umhüllenden Spelze zu einer sogenannten Vese verwachsen. Damit die Körner verarbeitet werden können, müssen die Spelzen nach der Ernte mit dem Mähdrescher in einem gesonderten Arbeitsschritt („Rellen“ oder „Gerbgang“) entfernt werden.
Zahlen
Dinkel zählt in der offiziellen Statistik zum Weizen, deswegen können keine Anbauumfänge für das Bundesgebiet genannt werden. Allein in Süddeutschland sollen es im Jahr 2014 aber rund 36 000 Hektar gewesen sein (Quelle top agrar). Zum Vergleich: Bundesweit wuchs 2014 auf rund 3,2 Millionen Hektar Weizen (Quelle Statistisches Bundesamt). Die Erträge der neueren und gezielt gedüngten und geschützten Sorten liegen rund zwölf bis 25 Prozent (Quellen Saaten Union und Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft) unter dem Weizenniveau, der im Mittel der Jahre 2012 bis 2015 acht Tonnen pro Hektar betrug (Quelle Statistisches Bundesamt).
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