17.10.2025

Zwischen Hype und Halbwissen

Irrtümer rund um Nahrungsergänzungsmittel

Das Wissenschaftsmagazin des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) BfR2GO widmet sich Mythen und Wahrheiten rund um das Thema Nahrungsergänzungsmittel.

Sie sind förmlich in aller Munde: Nahrungsergänzungsmittel (NEM) liegen im Trend, Verbraucher konsumieren sie mit ganz unterschiedlichen Zielen. Manche möchten ihren Bedarf an Vitamin C oder D decken, andere ihre Versorgung mit Eisen sicherstellen, wieder andere supplementieren Vitamin B12 oder Omega 3-Fettsäuren. In einer Befragung im Auftrag des BfR unter 1071 Menschen ab 16 Jahren geben mehr als Dreiviertel der Befragten an, in den vergangenen zwölf Monaten ein NEM eingenommen zu haben. Immerhin fast die Hälfte dieser Nutzer erklärt, damit Krankheiten oder gesundheitliche Beschwerden behandeln zu wollen.

Doch so oft die Pillen und Pulver in den Medien auftauchen, so hoch ist auch die Zahl der Missverständnisse rund um NEM. Fünf dieser Missverständnisse beleuchtet eine Ausgabe des BfR2GO-Wissenschaftsmagazins. Im Folgenden fassen wir sie kurz zusammen.

Top 5 der Missverständnisse

1. Nahrungsergänzungsmittel sind freiverkäufliche Medikamente

Dass diese Aussage stimmt, glaubt der BfR-Studie zufolge ein Viertel aller Befragten, weitere 33 Prozent halten das für wahrscheinlich. Doch diese Annahme ist falsch. Rechtlich gesehen sind NEM Lebensmittel. Diese Aussage wiederum halten mehr als zwei Drittel der Befragten für falsch oder für eher falsch.

2. Nahrungsergänzungsmittel werden behördlich geprüft, bevor sie auf den Markt kommen

Im Gegensatz zu Arzneimitteln, die ein behördliches Zulassungsverfahren durchlaufen, unterliegen NEM als Lebensmittel keiner Zulassungspflicht. Für die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen und für die Sicherheit ist allein der Lebensmittelunternehmer (Hersteller, Importeur, Anbieter beziehungsweise Vertreiber) verantwortlich. In der Befragung des BfR zeigten sich 47 Prozent jedoch völlig überzeugt oder zumindest eher überzeugt davon, dass NEM auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft werden, bevor sie in Deutschland auf den Markt gebracht werden.

3. Mit NEM lassen sich Krankheiten oder Beschwerden behandeln

Gefragt nach den Gründen für die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln gibt immerhin fast die Hälfte der Befragten an, damit Krankheiten oder gesundheitliche Beschwerden behandeln zu wollen. Allerdings sind sie gerade NICHT dazu gedacht, wie ein Medikament zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt zu werden. Sie dürfen auch nicht mit „krankheitsbezogenen“ Aussagen beworben werden; das heißt, es dürfen ihnen keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer Krankheit zugeschrieben werden. Sogenannte „gesundheitsbezogene Angaben“ sind nur dann erlaubt, wenn sie von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA wissenschaftlich geprüft und von der EU-Kommission ausdrücklich zugelassen wurden (sogenannte „Health Claims“). Ein Beispiel für eine sinnvolle Nahrungsergänzung ist Folsäure für Frauen, die eine Schwangerschaft planen. Denn Untersuchungen zeigen, dass die meisten Frauen im gebärfähigen Alter die von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene Folat-Konzentration bei Weitem nicht erreichen. Ein anderes Beispiel: vegan lebenden Menschen wird empfohlen, Vitamin B12 zu supplementieren.

4. Auch gesunde Menschen mit ausgewogener Ernährung profitieren von NEM

Dafür gibt es momentan keine wissenschaftlichen Belege. 37 Prozent der Befragten halten die These dennoch für richtig oder eher richtig. Fachleuten zufolge ist eine zusätzliche, über den Bedarf hinausgehende Einnahme von Vitaminen oder Mineralstoffen bei ausreichend versorgten Personen im besten Fall Geldverschwendung.

5. Nahrungsergänzungsmittel sind harmlos, weil eine Überversorgung mit Mikronährstoffen nicht möglich ist

Die unnötige Einnahme von Vitaminen oder Mineralstoffen kann zu unerwünschten gesundheitlichen Wirkungen führen, vor allem bei Präparaten mit hohen Dosierungen. Gesetzlich festgelegte Höchstmengen gibt es aber momentan weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene. Auch NEM, die „sonstige Stoffe“ mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung enthalten, wie etwa Aminosäuren, essenzielle Fettsäuren oder Pflanzeninhaltsstoffe, können unerwünschte Wirkungen haben, zumal deren Verwendung bis auf wenige Einzelfälle nicht geregelt ist. Mehrmals wurden in der Vergangenheit auch pharmakologisch wirksame Substanzen in Produkten nachgewiesen, die als NEM bezeichnet und zum Beispiel zur Gewichtsreduktion oder zur Potenzsteigerung angeboten werden. Zu vielen der „sonstigen Stoffe“ ist zudem die Datenlage zur Toxizität nicht ausreichend.

Das eindeutige Fazit der BfR-Wissenschaftler lautet also: Wer sich ausgewogen ernährt, kann in der Regel auf solche Zugaben verzichten.

Das Magazin wird auf der BfR-Webseite www.bfr.bund.de veröffentlicht und kann kostenlos heruntergeladen werden: www.bfr.bund.de/veroeffentlichungen/bfr2go/

Quelle: BfR

Weitere Beiträge