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Wer wildwachsende Pflanzen erkennt, kann auf die Standorteigenschaften zurückschließen. Foto: iStock
25.03.2021
Haus & Garten

Zeigerpflanzen lügen nicht

Natürliche Vegetation zeigt Standorteigenschaften

Stellen Sie sich vor: Sie sind an einem Grundstück interessiert und treffen auf eine total verunkrautete Fläche. „Schrecklich“ sagt Ihr Gefühl, „herrlich“ Ihre Neugier. Denn die wildwachsenden Pflanzen geben Hinweise auf Boden und Klima. Ganz ohne aufwändige Analysen oder Recherchen.

Enges ökologisches Optimum

Die vielen tausend Pflanzenarten, die bei uns vorkommen, lassen sich unter anderem nach ihrem ökologischen Optimum gruppieren. So gibt es zum Beispiel Pflanzen, die viel Wärme und reichlich Nährstoffe benötigen oder Pflanzen, die Trockenheit und Schatten tolerieren. Manche Pflanzen haben ein recht weites Optimum, sie wachsen fast überall. Andere hingegen haben ein enges Optimum, weil sie ganz spezielle Bedingungen benötigen. Diese Arten sind besonders aufschlussreich. Man nennt sie Zeiger- oder Indikatorpflanzen. Ihr Vorkommen zeigt zuverlässig Standorteigenschaften wie Bodenqualität, Lichtverhältnisse oder Wasserversorgung an.

Wer also mehr über seinen Boden und die am Standort vorherrschenden klimatischen Bedingungen wissen möchte, muss sich anschauen, was ohne sein Zutun darauf wächst. Das ist nicht nur für den Gärtner wichtig, sondern auch für Land- und Forstwirte. Es ist also durchaus sinnvoll, vor den ersten Bewirtschaftungsmaßnahmen im Frühjahr die auf der Fläche wachsenden Arten zu sichten, Zeigerpflanzen zu identifizieren und daraus Rückschlüsse zu ziehen.

Genau hinsehen lohnt sich

Ein Klassiker ist die Große Brennnessel. Sie deutet auf Stickstoff im Boden hin. Aber auch Kletten-Labkraut, Melde und Vogelmiere sind Zeigerpflanzen für den Nährstoff. Wenn statt einzelner, über die Fläche verteilte Exemplare mehrerer Zeigerpflanzen gleich büschelweise auftreten, so ist das ein sehr sicheres Zeichen für viel Stickstoff. Scharfer Mauerpfeffer, Wilde Möhre und Hundskamille wachsen hingegen auf stickstoffarmen Böden.

Wer die Eigenschaften seiner Fläche kennt, kann zielgerichtet handeln. Entweder man orientiert sich bei der Kulturartenwahl an den Standorteigenschaften. Oder man ergreift Gegenmaßnahmen, um Mangel oder Überfluss zu beseitigen. Werden diese grundlegenden Regeln beachtet, ist das eine Voraussetzung für erfolgreichen Anbau. Kürbisse und andere Starkzehrer passen dahin, wo Brennnesseln wachsen oder wo man mit reichlich Kompost oder Dünger günstige Bedingungen schafft. Linsen passen eher zur Zeigerpflanze Wilde Möhre beziehungsweise auf langjährig ungedüngten Böden. Auf Flächen mit wechselnden Bodeneigenschaften sollte man variieren. Auf gutem Boden ist das Gemüsebeet besser aufgehoben als auf ärmerem Boden, wo das Staudenbeet sinnvoller ist.

Dauerthema Rasen

Der Rasen ist eine wahre Spielwiese für Gartendetektive. Das gefürchtete Moos zeigt Nährstoffmangel, sauren und verdichteten Boden sowie Schatten an. Der Weißklee im Rasen ist ebenso eine Zeigerpflanze für Nährstoffmangel, aber er steht auch für alkalischen Boden. Ist er dominierend, kann man sich das Kalken sparen und belässt es beim Düngen und Vertikutieren.

Zur Not helfen Apps

Grundvoraussetzung für das bislang Beschriebene ist eine erfolgreiche Pflanzenbestimmung. Im Zweifelsfall helfen Bestimmungsbücher und deren Online-Versionen weiter. Alternativ bieten sich zahlreiche Apps für das Smartphone, wie zum Beispiel Flora Incognita von der Technischen Universität Ilmenau, an. Die Apps funktionieren besonders gut bei blühenden Pflanzen, haben aber Schwächen bei oft ähnlich aussehenden Gräsern ohne Blütenstand.

Zeigerpflanzen für Jahreszeiten

Zeigerpflanzen wurden erstmalig 1812 von Agrarwissenschaftler Georg Ernst Wilhelm Crome wissenschaftlich beschrieben. Doch schon in früheren Jahrhunderten nutzten Gärtner und Bauern das Wissen, um ihre Kulturen erfolgreich anzubauen.

Neben den Zeigerpflanzen für Standorteigenschaften gibt es auch phänologische Zeigerpflanzen. Die Blütenphasen bestimmter Arten stehen für die zehn Jahreszeiten der Natur. Die Blüte von Schneeglöckchen und Haselnuss markiert zum Beispiel den Vorfrühling. Viele Gärtner orientieren sich an diesem variablen Kalender. Sie erledigen zur Schneeglöckchenblüte Arbeiten wie Hecken stutzen, Obstbäume schneiden und Sommerblumen aussäen.

Zeigerpflanzen ersetzen keine Bodenanalyse

Wer es genau wissen will und die Düngung seiner Kulturen optimieren möchte, sollte Bodenproben von der betreffenden Fläche entnehmen und bei der nächstgelegenen Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LUFA) untersuchen lassen. Die Analysen liefern Ergebnisse zu Bodenart, Nährstoffgehalt und pH-Wert. Sie geben außerdem konkrete Empfehlungen zur Düngung in Abhängigkeit von der beabsichtigten Nutzung.

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