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"Blutende" Wunden wie an dieser Walnuss sind in der Regel harmlos und kein Grund zur Sorge. Foto: Heinrich Beltz
16.03.2023
Haus & Garten

Können Bäume verbluten?

Flüssigkeit aus Schnittwunden von Bäumen kein Grund zur Sorge

Wenn an Ahorn, Birke und vielen anderen Gehölzen im Frühjahr Schnittmaßnahmen durchgeführt werden, kann aus den Wunden Flüssigkeit austreten. Das wird oft als "Bluten" bezeichnet, ist aber kein Grund zur Sorge.

"Bluten"

Wenn die Zweige von Gehölzen im Frühjahr abgesägt oder zurückgeschnitten werden, kann es passieren, dass aus den Wunden Flüssigkeit austritt. Das können kleine Mengen sein, die Flüssigkeit kann aber auch schnell herauslaufen und Rinnsale bilden oder aus Zweigen heraustropfen. Besonders stark tritt dieses Phänomen bei Birken, Ahorn, Robinien, Tulpenbäumen, Kletterrosen und Hainbuchen auf, aber auch an Obstgehölzen wie Walnuss, Kiwi und Weinreben.

Fällt Gartenbesitzern dieses Phänomen auf, das meist als "Bluten" bezeichnet wird, reagieren viele mit Besorgnis, da sie befürchten, dass die betroffene Pflanze "verblutet". Anders als beim Menschen, der nur eine begrenzte Menge Blut besitzt und wirklich stirbt, wenn er zu viel davon verliert, ist die austretende Flüssigkeit bei Pflanzen mineralstoffhaltiges Wasser aus den Leitungsbahnen (Xylem), das von den Wurzeln aus dem Boden aufgenommen und in den Stamm gepumpt wird. Dieses Wasser wird von den Wurzeln laufend wieder ergänzt, sodass es anders als beim Blutkreislauf des Menschen keine begrenzte Menge gibt, die sich erschöpfen könnte. Daher können Pflanzen nicht "verbluten".

Im Frühjahr vor dem Austrieb ist der Druck sehr hoch, sodass diese Flüssigkeit in auffällig großen Mengen austritt. Das "Bluten" sieht allerdings unschön aus, und es gehen Mineralstoffe verloren. Wer vermeiden will, dass Pflanzen nach dem Schnitt "bluten", sollte sie entweder sehr früh (je nach Pflanzengattung und Witterung bis Anfang Februar) schneiden, wenn sie noch in Winterruhe sind, oder im Sommer. Wundverschlussmittel werden durch die Flüssigkeit weggespült; ein Verstreichen der frischen Wunden wäre also sinnlos.

Meist ist die aus den Wunden austretende Flüssigkeit klar wie Wasser, sie kann aber auch von (harmlosen) Mikroorganismen besiedelt werden und wird dann weißlich bis gelblich oder rötlich und schleimig. Das kann bedrohlich aussehen, schadet aber nichts, sondern der schleimige Belag verschwindet nach dem Abtrocknen der Wunde mit der Zeit von selbst. Das "Bluten der Bäume wird zum Teil genutzt, um Birkenhaarwasser und Ahornsirup zu gewinnen.

Harzfluss

Bei vielen Nadelgehölzen, besonders Kiefern und Fichten, kann nach dem Schnitt Harz austreten, manchmal so viel, dass sich Tropfen bilden. Das ist ein ganz normaler Vorgang, durch den der Baum seine Wunden von innen schließt und vor Krankheitserregern sowie Schädlingen schützt. Er wird daher nicht geschwächt, sondern der Vorgang ist eine Schutzreaktion. Allerdings können Gegenstände, die unter dem Baum stehen, stark verschmutzt werden.

Wenn Harz aus dem Stamm austritt, ohne dass Schnittwunden oder andere Verletzungen sichtbar sind, kann das das Anzeichen eines Befalls durch Schädlinge (zum Beispiel Borkenkäfer) oder durch Krankheitserreger sein. Weymouths-Kiefern (Pinus strobus) und andere fünfnadelige Arten dieser Gattung reagieren mit Harzfluss oft auf Befall durch Blasenrost (Cronartium ribicola). Und am Stammfuß von Fichten ist starker Harzfluss oft eine Folge von Befall durch Hallimasch (Armillaria).

Gummifluss

Bei Gehölzen der Gattung Prunus (Pfirsich, Aprikose, Kirsche, Pflaume und deren Zierformen) kann ein auffälliger "Gummifluss" auftreten, bei dem aus Wunden oder aus der Rinde eine bernsteinfarbene Flüssigkeit austritt, die zunächst gummiartig zäh ist und dann hart wird. Dabei handelt es sich nicht wie beim "Bluten" um Wasser aus den Leitungsbahnen, sondern um Zellsaft. Dieser Gummifluss ist ein Zeichen für Stoffwechselstörungen, die die Gesundheit der Pflanzen ernsthaft gefährden können. Der "Gummifluss" selbst schädigt also die Pflanze nicht, ist aber ein Zeichen für eine Gesundheitsstörung. Gefördert wird er durch Staunässe, zu hohe Stickstoffdüngung, verschiedene Krankheitserreger sowie durch ungünstige Schnittzeitpunkte im Frühjahr. Diese Pflanzen sollten Sie daher im Sommer schneiden, wobei allerdings unbedingt Rücksicht auf Vogelnester und andere Lebewesen genommen werden muss. Und im Sommer ist natürlich nur ein leichter Pflegeschnitt sinnvoll, kein starker Rückschnitt.

Teerflecken

Seit einigen Jahren leiden Rosskastanien (Aesculus) unter auffälligen "Teerflecken" an den Stämmen, bei denen aus der Rinde dunkle, rostbraune Flüssigkeit in geringen Mengen austritt. Im weiteren Verlauf treten meist Risse und Absterbeerscheinungen auf. Die Ursache für diese ernstzunehmende Erkrankung ist vermutlich ein Befall durch Bakterien. Wirksame Gegenmaßnahmen sind nicht bekannt. Da die geschädigten Pflanzen unter Umständen in der Folge der Rindenschäden von holzzersetzenden Pilzen befallen werden, ist der Zustand der Pflanzen zu beobachten, und wenn die Standsicherheit gefährdet ist, kann eine Fällung nötig werden.

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