Reis ist für rund die Hälfte der Menschheit das wichtigste Grundnahrungsmittel. Leider ist sein gesundheitlicher Wert und seine Resilienz gegenüber Schaderregern sowie ungünstigen Umweltbedingungen begrenzt. Weltweit arbeiten Züchter mit Hochdruck an geeigneten Lösungen – mit Erfolg.
Mehr Protein und geringeres Diabetes-Risiko dank Genschere
Reis in vielen Ländern Nahrungsgrundlage
Im Jahr 2022 wurden weltweit 767 Millionen Tonnen Reis produziert, allen voran in China, Indien und den Ländern Südostasiens (Zahl: FAO). Reis ist für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung das wichtigste Nahrungsmittel, vor allem in asiatischen Ländern. In manchen Regionen kommt Reis morgens, mittags und abends auf den Tisch und deckt rund 80 Prozent der Nahrung ab.
Diese dominierende Bedeutung der Getreidepflanze birgt erhebliche Risiken für die Menschen, die ihn fast ausschließlich verzehren oder als einzige Kultur anbauen. Zum einen ist sein gesundheitlicher Wert suboptimal, wenn er nicht ausreichend mit Gemüse, Fleisch oder Fisch ergänzt wird. Zum anderen drohen immer wieder Missernten. So zum Beispiel durch Schaderreger, Trockenheit oder Bodenversalzung.
Züchtung zielt auf verbesserte Sorten ab
Züchter arbeiten seit Jahrzehnten daran, bessere Sorten bereitzustellen. Herkömmliche Züchtungsverfahren gelten als sehr aufwändig. Schnellere Fortschritte versprechen biotechnologische Verfahren, wie zum Beispiel Gentechnik. Ein Meilenstein dafür war der Golden Rice. 2005 ist es gelungen, den Gehalt an Beta-Carotin im Reiskorn deutlich zu steigern. Die Vorstufe zu Vitamin A ist bei einseitiger Reisernährung wichtig, um Krankheiten, wie zum Beispiel Erblindung, vorzubeugen.
Genschere eine Erfolgsgeschichte der neuen Gentechnik
In der klassischen Gentechnik werden fremde Gene über Artgrenzen hinweg in eine Zelle eingeführt. Ob und wo sich das Material in die Erbinformation eingliedert, ist rein zufällig. In der modernen Züchtung wird mittlerweile vor allem die sogenannte Genschere CRISPR/Cas genutzt. Damit ist es möglich, die DNA mit den Erbinformationen in der Pflanzenzelle ganz gezielt zu schneiden, Gene auszuschalten oder einzufügen.
Zwei Beispiele der jüngsten Vergangenheit zeigen, wie mit diesem Verfahren der neuen Gentechnik die Nahrungsgrundlage von Milliarden Menschen wesentlich verbessert werden kann.
Mehr Amylose, mehr Protein
So ist es in den letzten Jahren gelungen, die Stärkezusammensetzung zu verändern. Von Natur aus überwiegt in geschältem Reis schnell verdauliche Stärke. Nach seinem Verzehr steigt der Blutzuckerspiegel steil an, der sogenannte glykämische Index ist hoch. Das ist gut bei nachfolgender körperlicher Anstrengung. Ansonsten ist es aber ungünstig, weil es auf Dauer das Risiko für Typ 2-Diabetes und andere Stoffwechselkrankheiten erhöht. Mit der CRISPR/Cas-Methode konnte der Anteil von langsam verdaulicher Amylosestärke im Reiskorn erhöht und damit der glykämische Index von 70 auf 40 reduziert werden.
In anderen Sorten wurde der Protein-Gehalt deutlich verbessert. Liegt er im herkömmlichen Reis bei 2 bis 8 Prozent, so steigt er in Neuzüchtungen auf 16 Prozent. Das Korn enthält zudem viele wertvolle, essentielle Aminosäuren, die nicht von unserem Körper gebildet werden können. Die neuen Sorten sind wichtig für Menschen, die zu wenig Proteine zu sich nehmen.
Am Internationalen Reisforschungsinstitut wurden nun die Sorten mit hohem Amylose- und Protein-Gehalt gekreuzt. Der daraus resultierende HAHP-Reis (High Amylose High Protein) stellt einen großen Fortschritt dar. Er kann außerdem bei der Erntemenge mit den Hochertragssorten mithalten.
Auch gegen Schaderreger und ungünstige Umweltbedingungen
Mit der Genschere wurden viele weitere Erfolge in der Reiszüchtung erzielt. So gelang es chinesischen Wissenschaftlern, die Salztoleranz wesentlich zu verbessern. Reis reagiert nämlich sehr empfindlich auf Bodenversalzung, die besonders in trockenen Regionen zum Problem werden kann. Ein Team aus deutschen und französischen Züchtern hat eine Resistenz gegen das RYMV-Virus erzielt. Das Virus sorgt vor allem in Afrika für Schäden, die im Extremfall zu einem Totalausfall der Ernte führen. Auch gegen gefürchtete Krankheiten wie Reisbrand oder Weißblättrigkeit gab es große Fortschritte. Man sollte allerdings immer berücksichtigen, dass Resistenzen durch anpassungsfähige Schaderreger gebrochen werden können.
Maßgeschneiderte Sorten kommen schneller auf den Markt
Als nächstes wollen Züchter die Gene für einen hohen Amylose- und Protein-Gehalt in Zuchtprogramme für Reissorten integrieren, die in Asien und Afrika häufig angebaut werden. Ihr Ziel ist, Sorten zu entwickeln, die auf die jeweiligen Anforderungen der Anbauer und Konsumenten zugeschnitten sind. Sie beinhalten im Idealfall eine Mehrzahl an Eigenschaften, die sie von den herkömmlichen Sorten abhebt. Die CRISPR/Cas-Genschere ist dafür ein sehr wertvolles Werkzeug. Derart verbesserte Sorten dürfen aktuell nicht in der EU angebaut und gehandelt werden, weil sie unter das Gentechnikrecht fallen.
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