Johanniskraut wird seit Menschengedenken bei nervösen Verstimmungen und Depressionen eingesetzt. Einem Team von Wissenschaftlern ist es gelungen, zwei Enzyme zu identifizieren, die eine biotechnologische Herstellung der arzneilich wichtigen Inhaltsstoffe zukünftig möglich machen.
Auf dem Weg zur biotechnologischen Herstellung
Hypericum perforatum - so lautet der lateinische Name des leuchtend gelb blühenden Johanniskrauts. Durch seine Öldrüsen sehen die Blätter wie perforiert, also löcherig aus. Das Kraut blüht in einem Zeitraum um den „Johannistag“ am 24. Juni, daher der Name Johanniskraut. In der Naturheilkunde wird Johanniskraut als Tee oder Tinktur dazu verwendet, leichte bis mittlere Depressionen zu behandeln. Es ist sozusagen ein pflanzlicher Stimmungsaufheller. Bei nervöser Unruhe, geistiger Erschöpfung und Problemen mit dem Ein- und Durchschlafen lindert Johanniskraut die Beschwerden durch seine beruhigende Wirkung. Allerdings sind die Inhaltsstoffe in den Johanniskrautpflanzen nicht immer gleich, sondern schwanken in Zusammensetzung und Menge. Zudem enthält jede Pflanze neben den „erwünschten“ Inhaltsstoffen wie das gegen Depressionen wirksame Hyperforin auch andere Stoffe, die Nebenwirkungen wie zum Beispiel Lichtempfindlichkeit verursachen können. Hochkonzentrierte Johanniskraut-Arzneimittel in der Apotheke sind dagegen standardisiert und werden zumeist als Trockenextrakt-Kapseln angeboten. Sie sind allerdings nicht frei verkäuflich, sondern müssen ärztlich zur Behandlung einer Depression verschrieben werden.
Langfristiges Ziel: Biotechnologische Herstellung von Hyperforin
Es wird schon länger intensiv daran geforscht, wie man wertvolle Inhaltsstoffe wie Hyperforin biotechnologisch herstellen und dies dann auch im industriellen Maßstab nutzen kann. Einem Forscher-Team der Universität Braunschweig ist es nun gelungen, zwei wichtige Enzyme zu identifizieren, die an einer Schlüsselstelle der Biosynthese sitzen. Dies könnte in Zukunft dabei helfen, den Herstellungsprozess mit Mikroorganismen oder durch isolierte Enzyme nachzubilden, um damit die Ausbeute zu erhöhen. Die Wissenschaftler haben im verwandten Johanniskraut Hypericum sampsonii zwei wichtige Enzyme identifiziert. Diese sind daran beteiligt, aus einer Vorstufe zwei zentrale Zwischenprodukte zu bilden, aus denen wiederum weitere komplexe, medizinisch relevante Inhaltsstoffe gebildet werden können. Bei den Zwischenprodukten handelt es sich um Bicyclo[3.3.1]nonane vom Typ A (7-epi-Nemoroson) sowie B (7-epi-Clusianon). Beide sind bis heute biochemisch schwer zu modifizieren.
Mit KI und Mutationsexperimenten dem Ziel näherkommen
Mittels Computerberechnungen und Mutationsstudien kamen die Forschenden dem Ziel näher, die beiden Enzymreaktionen abzubilden. Sie fanden heraus, dass die Enzyme dem Vorstufenmolekül fünf Kohlenstoffatome hinzufügen und zwei Ringüberbrückungen einführen. Außerdem fanden sie die jeweiligen Aminosäuren heraus, die dafür sorgen, dass die Substratbindung an die gemeinsame Vorstufe regiospezifisch erfolgt – bei Typ A aufrecht und bei Typ B genau andersherum. Durch Austauschen von einzelnen oder mehreren Aminosäuren des Enzyms untersuchten die Wissenschaftler den Prozess noch weiter. Im letzten Schritt schauten sie sich weitere Johanniskräuter an und suchten nach homologen Enzymen, also Enzymen mit entwicklungsgeschichtlich gleicher Herkunft, was für die weitere Forschung nach pharmakologisch interessanten Verbindungen wichtig ist.
Quelle: pflanzenforschung.de
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