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In Befallsnestern, wie hier im Vordergrund zu sehen, ermittelte der Rheinische Rübenbauer-Verband (RRV) 2020 im Mittel 28 Prozent Ertragsrückgang und 34 Prozent weniger Zuckergehalt. Foto: RRV
22.07.2021
Umwelt & Verbraucher

Viröse Rübenvergilbung: Gelbe Befallsnester werden über den Sommer größer

Lange Zeit im Griff, jetzt Gefahr für den heimischen Zuckerrübenanbau

In den letzten beiden Jahren wechselten viele Zuckerrübenfelder im Sommer ihre Farbe von grün auf gelb. Das lag meist nicht an der Trockenheit oder an Nährstoffmangel, sondern an der Krankheit Viröse Rübenvergilbung. Eine Notfallzulassung gegen virusübertragende Blattläuse soll Ertragsverluste bis zu 50 Prozent verhindern.

2019 und 2020 massive Schäden

Mit zerbröselnden gelben statt frischen grünen Blättern boten viele Zuckerrübenäcker in den beiden letzten Sommern einen traurigen Anblick. Die Pflanzen waren von der Virösen Rübenvergilbung befallen. Dabei setzt die Vergilbung an mittleren und älteren Blättern von der Spitze her an und breitet sich schnell über das ganze Blatt aus. Die Blattadern blieben zum Teil noch grün. Zunächst werden Nester mit einigen wenigen befallenen Pflanzen sichtbar. Im Verlauf der Sommer 2019 und 2020 dehnten sich die kranken Zuckerrüben zum Teil flächendeckend über ganze Felder aus.

Der Virusbefall hat weitreichende Folgen: Die Photosyntheseleistung der Zuckerrüben sinkt rapide, was sich auf Ertrag und Zuckergehalt auswirkt. Einbußen von 30 bis 50 Prozent sind laut Wissenschaft möglich. In Befallsnestern wurden 2020 im Rheinland im Mittel 28 Prozent Ertragsrückgang und 34 Prozent weniger Zuckergehalt ermittelt (Quelle: Rheinischer Rübenbauer-Verband). Bei solchen Verlusten ist der Rübenanbau nicht mehr wirtschaftlich. Die sichere Bekämpfung von virusbeladenen Läusen wird damit zu einer Schlüsselfrage für den heimischen Rübenanbau und die nachgelagerte Zuckerindustrie.

Saugende Blattläuse übertragen Virus

Das Virus wird vor allem von der Grünen Pfirsichblattlaus und in geringerem Umfang von der Schwarzen Bohnenblattlaus übertragen. Diese saugen nicht nur an Zuckerrüben, sondern auch an Vogelmiere und anderen Unkräutern, in denen die Viren überwintern. Der Zuflug von virusbeladenen Blattläusen schwankt von Jahr zu Jahr. Frühe Infektionen im Mai sind besonders schädlich. Die Symptome werden erst nach rund drei Wochen sichtbar.

Die Zuckerrübenanbauer hatten 2019 und 2020 lediglich über die Bekämpfung der virusübertragenden Blattläuse die Möglichkeit, den Befall einzugrenzen. Dazu brachten sie ab dem Überschreiten einer Schadschwelle ganzflächig Insektizide aus. Diese Behandlung musste je nach Zuflugintensität der Blattläuse mehrfach wiederholt werden. Doch trotz teilweise dreimaliger Maßnahmen kam es in der Praxis zu starken Schäden.

Punktuelle Beize oder großflächiger Insektizideinsatz?

Dabei hatte die Landwirtschaft die Krankheit bis 2019 im Griff. Bis dahin war eine Saatgutbeize zugelassen, die mit vergleichsweise geringen insektiziden Wirkstoffmengen aus der Gruppe der Neonikotinoide die heranwachsenden Zuckerrüben ganz ohne Flächenspritzung zuverlässig gegen Blattläuse geschützt hat. Das Wirkstoffverbot wurde mit der Bienengefährlichkeit begründet. Man muss allerdings wissen, dass die Zuckerrübe im Anbaujahr nicht blüht und daher keine Bienen anzieht. Zudem ist die Gefahr, dass Bienen mit den Wirkstoffen in Berührung kommen, bei sachgemäßem Umgang mit dem Saatgut sehr gering.

Um weitere massive Schäden und ein mögliches Aus der Zuckerproduktion in Deutschland abzuwenden, hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) für 2021 eine befristete Notfallzulassung für die alte Beize in den Hauptanbaugebieten ausgesprochen. Unter bestimmten Auflagen, die die Folgekulturen und Abstände zu Feldrändern betreffen, kann sie angewendet werden. Rund zwei Drittel der Zuckerrübenflächen erfüllen diese Voraussetzungen. Daher werden die gelben Blätter zumindest in 2021 nicht so häufig zu sehen sein wie in den beiden Vorjahren.

Virusschutz gibt Branche eine Perspektive

Mit der Notfallzulassung befinden sich die Zuckerrübenanbauer und mit Ihnen die Zuckerbranche dennoch auf einem dünnen Eis. Die zunehmend politisch statt fachlich begründete Zulassungspraxis entzieht den Anbauern und der Zuckerwirtschaft die erforderliche Planungssicherheit. Damit die Zuckerproduktion nicht ins Ausland abwandert, sucht die Branche nach Alternativen in der Krankheitsbekämpfung. So arbeiten Züchter an einer virusresistenten Zuckerrübe. Sie soll in etwa fünf bis zehn Jahren marktreif sein. In Frankreich, dem größten europäischen Zuckererzeuger, wird an alternativen Wirkstoffen gearbeitet, sodass in Zukunft auch weiterhin eine chemische Bekämpfung der Blattläuse möglich sein wird.

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