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Die Mehrzahl der Landwirte setzt aus Zeitgründen auf die chemische Unkrautbekämpfung. Foto: agrar press
12.05.2016
Umwelt & Verbraucher

Zuckerrüben hacken oder spritzen?

Zeitaufwand, Boden und Wetter entscheiden über die Form der Unkrautbekämpfung

Auf dem Zuckerrübenacker ist es wie im Hausgarten: Unkraut muss mehrfach beseitigt werden, sonst überwuchert es alles andere. Landwirte nutzen dafür überwiegend Pflanzenschutzmittel statt Hackmaschinen und Handhacken. Hauptargument ist der wesentlich geringere Arbeitszeitbedarf. Sieht man davon einmal ab, haben beide Verfahren ihre Stärken.

Zuckerrüben entwickeln sich nach der Saat sehr zögerlich. Erst ungefähr zwei Monate nach dem Auflaufen schließen sie mit ihren Blättern die Räume zwischen den Reihen und unterdrücken damit die Unkrautkonkurrenz. Wird aber vorher nichts gegen Bingelkraut, Weißer Gänsefuß, Knöteriche oder Gräser unternommen, würden sie die Kulturpflanzen überwuchern. Daher haben die Anbauer ihre Rüben noch bis in die 1970er Jahre regelmäßig mit der Maschine zwischen den Reihen und von Hand in den Reihen gehackt. Die Zuckerrübe galt wie die Kartoffel oder der Mais als sogenannte Hackfrucht.

Zeit ist Geld

Heute ist die Situation eine andere. Statt mechanisch geht es den Unkräutern überwiegend chemisch an den Kragen. Im Süden Deutschlands ist die Maschinenhacke allerdings noch häufiger im Einsatz. Meistens in Kombination mit einer Bandspritze. Diese besprüht nur die Rübenreihe und einige Zentimeter links und rechts davon. Herkömmliche Hackmaschinen können nämlich nur zwischen den Reihen und nicht in den Reihen hacken. So sinkt der Aufwand für Pflanzenschutzmittel gegenüber der breitflächigen Anwendung um etwa 60 Prozent. Demgegenüber stehen höhere Maschinenkosten, die fast wieder für einen Gleichstand bei den Kosten zwischen den beiden Verfahren sorgen. Allerdings darf man die Rechnung nicht ohne den Faktor Zeit machen. Während eine übliche dreimalige Flächenspritzung mit 11 Minuten pro Hektar zu Buche schlägt, steigt der Zeitbedarf bei einer dreimaligen Kombination von Bandspritze und Hacke auf etwa viereinhalb bis fünf Stunden pro Hektar (Quelle: Christoph Ott, Bachelorarbeit am Landtechnik-Lehrstuhl der Technischen Universität München) bzw. rund zweieinhalb bis vier Stunden (Quelle: Institut für Zuckerrübenforschung in Göttingen). Das ist für die meisten Betriebsleiter das K.-o.-Kriterium. Würde darüber hinaus die Bandspritze durch eine Handhacke in der Reihe ersetzt, kämen nochmals mehrere Stunden pro Hektar hinzu.

Wetter immer im Auge behalten

Die Kombination aus mechanischen Verfahren und Bandspritze macht dennoch unter bestimmten Bedingungen Sinn. Grundvoraussetzung sind freie Arbeitskapazitäten oder sehr preiswerte Arbeitskräfte. Das Wetter muss außerdem passen. Hacken funktioniert nur, wenn es nachher einige Zeit trocken bleibt und die ausgerissenen Unkräuter vertrocknen. Baldiger Regen führt jedoch dazu, dass sie wieder anwachsen. Der Blick auf die Wetter-App lohnt sich also – bei wechselhaftem Wetter ist das chemische Verfahren im Vorteil. Ebenso auf steinigen Böden, in denen eine Hacke nicht sauber arbeiten kann. Ist der Boden durch starken Regen und anschließende Trockenheit verkrustet, hat die Hacke wieder die Nase vorn. Sie bricht die Oberfläche auf, sodass Luft in den Boden kommt. Er erwärmt sich schneller, die Mikroorganismen sind aktiver und sorgen für mehr pflanzenverfügbaren Stickstoff. Die Rübenpflanzen erleben einen regelrechten Wachstumsschub.

Vorsicht bei kleinen Rüben

Die Größe der Rüben spielt auch eine Rolle. Kleine Rüben können versehentlich schneller ausgehackt oder verschüttet werden als große Rüben. Deswegen ist als erste Maßnahme nach dem Auflaufen eine chemische Bekämpfung sinnvoll. Bei der Abschlussmaßnahme wird das mechanische Verfahren interessanter, weil dann schneller gefahren werden kann und zusätzlich noch Unkrautrüben erwischt werden. Unkrautrüben bilden Samen, stehen als Unkraut in den Folgekulturen und können mit Pflanzenschutzmitteln in der Zuckerrübenkultur nicht bekämpft werden. Bei der Wahl der Verfahren heißt es also nicht immer „Entweder–oder“, sondern manchmal ebenso „Sowohl–als auch“.

Zukunft noch unklar

Landwirte sind Unternehmer. Weder chemische noch mechanische Verfahren sind für sie in Stein gemeißelt. Alles hängt von den zukünftigen Rahmenbedingungen ab. Bei vergleichbaren Erträgen sind die Kosten für Maschinen, Arbeitszeit und Pflanzenschutzmittel sowie die Innovationen in der Landtechnik entscheidend. Exakte GPS-gesteuerte Saat und Pflege könnte den mechanischen Verfahren Auftrieb geben. Denn damit ließen sich die Hackgeschwindigkeit erhöhen und der Zeitbedarf senken. Mechanische Verfahren wie Fingerhacke, Zinkenstriegel und Rollstriegel sind ebenso in der Erprobung wie kamerabasierte Verfahren. Fortschritte sind ebenfalls bei chemischen Verfahren zu erwarten. Diese zielen darauf ab, Pflanzenschutzmittel noch sparsamer und genauer einzusetzen.

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