bild_7_ueppiger_fruchtansatz_bei_misteln.jpg
Üppiger Fruchtansatz bei Misteln. Foto: Klaus Margraf
23.02.2012
Haus & Garten

Die Mistel – göttlich und geheimnisvoll

Misteln wachsen zwischen Himmel und Erde

Schon Miraculix, der Druide in Asterix` kleinem keltischen Dorf, wusste um die Kraft der Mistel. Um den langsam wachsenden Halbschmarotzer ranken sich Mythen und Legenden in vielen Ländern. Die aktuelle Ausbreitung in Mitteleuropa könnte mit dem Klimawandel zusammenhängen. Wer Misteln loswerden will, muss die ganzen Tragäste abschneiden.

Um kaum eine andere Pflanze ranken sich so viele Mythen und Legenden. Griechen, Kelten und Germanen galt die Mistel als Zeichen der Götter, denn sie wächst zwischen Himmel und Erde. Druiden ernteten Misteln für kultische Zwecke mit einer goldenen Sichel. Dabei durften sie nicht den Boden berühren. Um ihre magische Wirkung zu bewahren wurden sie mit weißen Tüchern aufgefangen. Die germanische Mythologie beschreibt, dass Odins Sohn Balder, der Sonnengott, durch einen Pfeil aus Mistelholz getötet wurde. Zu seiner Wiedergeburt, der Wintersonnenwende, soll ein Mistelzweig am Haus böse Geister abwehren. Die Mistel ist aber auch ein Fruchtbarkeitssymbol. Küsst sich ein Pärchen zu Weihnachten unter dem Mistelzweig, so bleibt es zusammen, weiß ein Brauch aus England und Skandinavien.In Frankreich werden zu Neujahr Verwandte und Freunde unter dem glückverheißenden Mistelzweig geküsst. Die Kelten benutzten Misteln auch zu medizinischen Zwecken. Auch heute werden Misteln heilende Wirkungen gegen verschiedene Krankheiten zugeschrieben. 

Zwischen Himmel und Erde – die Weiße Mistel

Bei den Misteln handelt es sich um Halbschmarotzer. „Halb“, weil sie dank ihrer immergrünen Blätter zu einer eigenen Photosynthese fähig sind. Sie wachsen überwiegend auf oberirdischen Teilen von Bäumen und Sträuchern und entnehmen den Wirtspflanzen mit wurzelähnlichen Saugorganen Wasser und Nährstoffe. Die meisten der bis zu 1 400 bekannten Mistel-Arten sind in tropischen und subtropischen Klimaten zu finden. Die Weiße Mistel (Viscum album) aus der Familie der Sandelholzgewächse (Santalaceae) und die Eichenmistel (Loranthus europaeus) aus der Familie der Riemenblumengewächse (Loranthaceae) sind die wichtigsten Vertreter in Europa.

Die Weiße Mistel kommt in drei Unterarten vor, die sich hauptsächlich durch ihre Wirtspflanzen unterscheiden:

  • Die Laubholz-Mistel (Viscum album, Unterart album), ist bei uns die häufigste Art. Sie wächst nur auf Laubgehölzen, wie Apfel, Pappel, Weide, Birke, Weißdorn, Robinie, Linde und Ahorn.
  • Die Tannen-Mistel (Viscum album, Unterart abietis), deren Wirtspflanze vorzugsweise die Weißtanne ist, kann auch fremdländische Tannenarten besiedeln.
  • Die Kiefern-Mistel (Viscum album Unterart austriacum) ist vor allem auf Kiefern zu finden. Vereinzelt wird auch über eine Besiedlung von Lärchen berichtet. 

Vögel unterstützen die Mistelvermehrung

Sehr auffällig sind die Misteln in Laubbäumen während des Winters. Hier dominieren sie mit ihren gelbgrünen Blättern und kugeligen Büschen die Struktur der Bäume. Die ab September gebildeten beerenartigen und bis erbsengroßen Früchte sind im Winter eine willkommene Nahrungsquelle für Vögel, vor allem für Misteldrossel, Seidenschwanz und Amsel. Die Samen sind von einem weißlichen klebrigen Fruchtfleisch umgeben, das Viscin enthält. Daraus abgeleitet ist auch der Begriff der Viskosität. Die Vögel verbreiten die Samen auf zwei Wegen. Entweder sie streifen die klebrigen Samen beim Putzen des Schnabels an der Baumrinde ab, oder sie verteilen die unverdaulichen Samen mit dem Kot auf weitere Wirtsbäume.

Mit der Keimung bildet sich eine Haftscheibe, und ein Saugfortsatz (Haustorium) wächst in den Ast ein. Daraus entwickelt sich die Primärwurzel, die immer tiefer in den Wirt eindringt. Sie bildet seitliche Rindenwurzeln, von denen später wieder so genannte Senkerwurzeln zapfenförmig weiter ins Holz bis zu den Leitungsbahnen des Wirtes vordringen. 

Die Mistel wächst sehr langsam, aber unaufhaltsam.

Erst im zweiten Jahr nach der Infektion zeigt sich der erste oberirdische Spross und an seinem Ende zwei gegenständige, längliche, ledrige Blätter. Die Sprosse mit den endständigen Blättern verzweigt sich gabelförmig. Durch diese Wuchsform entsteht dann die kugelförmige Gestalt der Mistelbüsche, die bis zu einem Meter Durchmesser erreichen können. Büsche mit einem halben Meter Durchmesser sind zwischen 20 und 30 Jahre alt.

In den letzten Jahrzehnten ist vielerorts eine deutliche Ausbreitung von Misteln zu beobachten. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft berichtet von einer Zunahme der Misteln an Kiefern nach Trockenperioden in der Mitte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Als sich die Vitalität der Kiefern wieder verbesserte, nahm die Besiedlungsrate wieder ab. Viele Autoren halten die gegenwärtige Ausbreitung der Misteln für eine Folge des Klimawandels.

Zu beseitigen sind Misteln nur durch völliges Entfernen der Tragäste. Schneidet man nur die Mistelbüsche ab, wachsen sie wieder nach.

Weitere Beiträge: