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Das Projekt Plantisonics macht das Erbgut von Pflanzen zum Hörerlebnis. Bild: pflanzenforschung.de
15.03.2022
Forschung & Technik

Wie klingt Erbgut?

Das Projekt Plantisonics macht DNA hörbar

Wissenschaftler machen gemeinsam mit Künstlern Erbgut hörbar: Mithilfe einer Sonifikation wandeln sie Zahlen beziehungsweise Buchstaben in Klänge um. Das ist mehr als reine Unterhaltung, denn es kann helfen, Strukturen oder Gesetzmäßigkeiten in Datenmengen leichter zu erkennen.

Auf der Webseite des Portals Pflanzenforschung.de werden einige Beispiele dieser Forschung vorgestellt. Dort kann man sich zum Beispiel das Alphabet der Gene, in Töne übersetzt, der Modellpflanze Arabidopsis thaliana anhören. Ihre Erbinformation, wie die jedes anderen Lebewesens, besteht im Grunde aus unterschiedlichsten Kombinationen der vier Nukleinbasen Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und Thymin (T). Ein Gen enthält teilweise mehrere Tausend Basenpaaren.

Bei der Sonifikation wird nun jeder Base eine Tonhöhe zugeordnet. Doch damit nicht genug - schließlich soll ja der genetische Bauplan der Pflanze hörbar gemacht werden. Also werden im Folgenden die Aminosäuren „vertont“, von denen es 21 verschiedene gibt. Aminosäuren sind die Bausteine für Eiweiße, deren Bauanleitung in den Genen enthalten sind. Da jeweils drei Basenpaare für eine Aminosäure stehen, wird jede von ihnen als Dreier-Tonfolge hörbar. Hintereinander gespielt, klingt die Ackerschmalwand plötzlich wie eine Basslinie aus dem Song eines experimentierfreudigen Ambient- oder Elektro-DJ.

Mutationen lauschen

Noch spannender wird es, wenn mithilfe der Sonifikation Mutationen hörbar gemacht werden. In einem weiteren Klangbeispiel ist zu vernehmen, wie Punktmutationen in der Gensequenz die Tonfolge verändern, sodass sie jedes Mal ein klein wenig anders klingt. Doch Mutationen kommen in der Natur im Durchschnitt nur einmal pro 63 000 Basenpaaren vor. Züchterische Eingriffe mittels Mutagenese erzielen zwar 500-mal häufiger Mutationen. Doch auch dann würde man, wenn man dem gesamten vertonten Erbgut einer Arabidopsis-Pflanze lauscht, nur etwa zwei bis drei Mal am Tag eine Mutation – also eine veränderte Tonhöhe – hören.

Wie klingen frühreife Kartoffeln?

Doch nicht allein die Ackerschmalwand war Untersuchungsobjekt für die Plantisonics-Schöpfer. In einem weiteren Klangbeispiel werden Reifezeiten von Kartoffelsorten hörbar gemacht. Damit macht das Projekt die züchterische Arbeit erlebbar, die hinter den im 16. Jahrhundert aus Südamerika nach Europa eingeführten Kartoffeln steckt. 153 Speisekartoffelsorten – von sehr früh bis sehr spät – werden nach Reifezeit geordnet klanglich abgebildet: je früher, desto kürzer der Ton.

Noch faszinierender ist die Übersetzung des Züchtungsfortschritts im Weizen: 120 Sorten wurde nach Zuchtmerkmalen wie Ertrag, Pflanzenlänge oder Lagerneigung in Klänge übertragen. Züchterisch verbesserten Eigenschaften wurden dabei höhere Töne zugeordnet. Auf diese Weise wird die Leistung der Pflanzenzüchter musikalisch gewürdigt.

Wie all diese Klangbeispiele im Einzelnen klingen, kann man sich auf der Webseite von Pflanzenforschung.de anhören: 
https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/plantisonics/plantainment-11

Quelle: pflanzenforschung.de

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