Hundsrose hebelt Biologie-Lehrsätze aus
Die Hundsrose (Rosa canina) hat fünf Chromosomensätze und eine ganz besondere Art der Vererbung erfunden. Foto: Angelika Sontheimer
Hundsrose hebelt Biologie-Lehrsätze aus
Die Hundsrose (Rosa canina) hat fünf Chromosomensätze und eine ganz besondere Art der Vererbung erfunden. Foto: Angelika Sontheimer
„Canina-Meiose“ ermöglicht die Fortpflanzung der Hagebutte trotz ungeradem Chromosomensatz
Rosa canina, also Hundsrose, so heißt die Hagebutte mit ihrem lateinischen Namen. Das rührt aber nicht daher, weil Hunde sie so besonders mögen, sondern weil sie eben „hundsgewöhnlich ist“ und an vielen Feld- und Wegesrändern wächst. Eigentlich müsste sie schon ausgestorben sein, weil ihre ungerade Zahl von Chromosomensätzen zu Problemen bei der Vermehrung, genauer bei der Meiose führen müsste. Die Hundsrose hat aber einen ausgeklügelten Mechanismus entwickelt und vermehrt sich so munter weiter, ohne sich um die theoretische Biologie zu scheren. Diese „Canina-Meiose“ wurde von einem Forscherteam näher untersucht.
Hummeln können nach den Gesetzen der Flugmechanik eigentlich nicht fliegen und Pflanzen brauchen eine gerade Anzahl an Chromosomen, um sich fortzupflanzen, sonst sind sie unfruchtbar. Das dachte man zumindest lange Zeit. Doch da die Hummeln nicht lesen können und die Menschen entdeckten, dass man starre Flugzeugflügel nicht mit den Flügeln lebendiger Wesen vergleichen kann, fliegen die Hummeln einfach drauflos und die Hundsrose pflanzt sich fort, obwohl sie fünf Chromosomensätze hat.
Canina-Meiose kombiniert sexuelle mit klonaler Vermehrung
„Die Hundsrose hat eine besondere Form der Fortpflanzung entwickelt“, erklärt Professorin Dr. Christiane Ritz vom Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz. Während nämlich die Menschen einen diploiden, also zweifachen Chromosomensatz besitzen (ein Chromosom vom Vater, ein Chromosom von der Mutter), hat die Hundsrose einen pentaploiden, also fünffachen Chromosomensatz. Bei der Meiose teilen sich die Chromosomen gleichmäßig und hälftig auf die Tochterzellen auf. Die Zahl fünf lässt sich schwer teilen, doch die Natur weiß Rat: Bei der Canina-Meiose werden die sexuelle und die klonale Vermehrung kombiniert. Vor mehr als 100 Jahren wurde bereits postuliert, dass im gleichen Zellkern zwei unterschiedliche Mechanismen parallel ablaufen: Zwei Kopien eines Subgenoms ordnen sich paarweise in der Mittelebene an und werden auf die Tochterzellen aufgeteilt. Sie heißen Bivalente und finden sich später in Ei- und Pollenzellen. Die anderen drei Chromosomensätze, auch als Univalente bezeichnet, werden ausschließlich in die Eizelle übertragen. „Auf diese Weise kombiniert die Pflanze sexuelle mit klonaler Vermehrung“, erläutert Dr. André Marques vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln.
Weil dieser Mechanismus so einzigartig für die Hundsrosen ist, wird er auch als Canina-Meiose bezeichnet. Doch bisher war unklar, wie den Pflanzen diese besondere Aufteilung der Chromosomen gelingt. Eine neue Studie bringt jetzt Licht ins Dunkel. Neben den Arbeitsgruppen von Dr. Marques und Professorin Ritz war auch Dr. Aleš Kovařík vom Institut für Biophysik der Tschechischen Akademie der Wissenschaften beteiligt. Die Forschenden analysierten dafür die Genome von drei verschiedenen pentaploiden Hundsrosenarten. Sie fanden große Unterschiede in den Zentromeren - also den DNA-Abschnitten, an denen während der Zellteilung die Spindelfasern ansetzen. „Durch die Veränderung der Größe und Stärke ihrer Zentromere können diese Pflanzen buchstäblich beeinflussen, welche Chromosomen vererbt werden“, erklärt Marques. Die Ergebnisse dieser Forschung sind von praktischem Nutzen für die zukünftige Züchtung von polyploiden Kulturpflanzen und können diese robuster machen.
Quelle: pflanzenforschung.de