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Mit der Genschere können neue Eigenschaften in Pflanzen eingebracht werden. Mittels Pfropfung kann überzählige DNA dann ohne aufwändige Rückkreuzung aus der Pflanze entfernt werden. Foto: LJNovaScotia, Pixabay
14.03.2023
Forschung & Technik

High-Tech und altes Wissen

Mit einer Kombination aus alter Methode und moderner Technologie zu neuen Pflanzensorten

Wissenschaftler des Potsdamer Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie haben eine Kombination aus klassischer Pflanzenveredelung mit hochmoderner Molekularbiologie entwickelt. Sie kann bei Pflanzen genutzt werden, bei denen bisher die Gen-Editierung nicht eingesetzt werden konnte.

Moderne gentechnische Methoden können Prozesse der klassischen Pflanzenzüchtung enorm beschleunigen. Mit der Genschere CRISPR/Cas können schnell und gezielt Gene in Pflanzen verändert werden, um Pflanzen mit erwünschten Eigenschaften zu erzeugen. Dennoch dauert es meist noch einige Zeit, bis die Pflanzen Marktreife erlangen, da die DNA-Sequenz der Genschere durch aufwändige Rückkreuzungen aus den Zellkernen der Pflanze entfernt werden muss.

Wissenschaftler aus der Arbeitsgruppe von Dr. Friedrich Kragler am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam haben nun im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMF) und dem European Research Council (ERC) geförderten Projekts eine neuartige Methode entwickelt, die dieses langwierige Rückkreuzen überflüssig macht. Bereits in der ersten Generation können mithilfe dieser Methode genveränderte Samen produziert werden, die keinerlei fremde DNA mehr enthalten und von traditionell gezüchteten oder natürlich entstandenen Pflanzen nicht zu unterscheiden sind.

Nutzung neuer Technik mithilfe alter Methode

Das Forscherteam nutzte dafür eine mehr als 2000 Jahre alte Kulturtechnik, das Pfropfen – das normalerweise zur Veredelung von Obstbäumen und Reben eingesetzt wird. Das Ziel: sofort Pflanzen zu erhalten, deren Samen zwar die neuen Eigenschaften besitzen, aber keine Fremd-DNA enthalten.

Dafür wurde der Stängel einer Pflanze, deren Zellkerne DNA der Genschere enthalten, über dem Wurzelstock abgeschnitten und der Spross einer genetisch unveränderten Empfängerpflanze daraufgepfropft. Wie die Arbeitsgruppe bereits früher herausgefunden hatte, können Wurzelstock-mRNAs mit bestimmten Eigenschaften bis zum Blütengewebe transportiert werden. Also wurde die DNA-Sequenz der Genschere so angepasst, dass die mRNA-Kopien aus dem Wurzelstock in die genetisch unveränderten, oberirdischen Teile verschickt werden. Dort wird dann in den Blüten aus der mRNA das Genscheren-Protein hergestellt, was die Veränderungen in den Pflanzenzellen hervorruft. Ein Teil der entstehenden Samen trägt dann bereits in der nächsten Generation die gewünschte Genveränderung. Sie sind aber frei von jeglicher Fremd-DNA und von natürlich entstandenen Varianten nicht zu unterscheiden.

Warum ist das sinnvoll?

Viele Kulturpflanzen können schwer oder nicht gekreuzt werden, oder haben, wie zum Beispiel Obstbäume, sehr lange Generationszeiten. Wenn man hier die Fremd-DNA durch Kreuzung wieder herausbekommen wollte, würde dies viele Jahre dauern. Hier könnte der gentechnische Veredelungsansatz der Züchtung neue Möglichkeiten eröffnen, die diesem Bereich bisher verwehrt waren. Nach Überzeugung der Wissenschaftler gibt es aber auch noch andere Einsatzmöglichkeiten für diese Technik, denn bisher sind gezielte gentechnische Methoden nur für wenige, sehr gut erforschte Pflanzen wie Tabak oder Ackerschmalwand etabliert.

Da aber das Veredeln durch Pfropfung häufig auch zwischen vielen gar nicht so nah verwandten Arten funktioniert und man die Wurzelstöcke leicht vermehren kann, ist es denkbar, dass ein Wurzelstock gleich mehrfach benutzt werden kann, um Pflanzen verschiedener Arten oder Zuchtsorten mit erwünschten neuen Eigenschaften zu versehen. Mit dieser Kombination aus alter Methode und moderner Molekularbiologie könnten also zukünftig schnell und kostengünstig neue Sorten gezüchtet werden.

Quelle: idw-online.de

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