Eine Studie unter Federführung der Universität Bonn widmete sich der Analyse von 9000 weltweit verbreiteten Maissorten. Die Suche galt der Ursache für Dürretoleranz.
Zahl der Seminalwurzeln bestimmt, wie dürretolerant ein Mais ist
Mais wächst in sehr vielen Regionen und kommt dafür mit sehr unterschiedlichen Standortbedingungen zurecht. Eine internationale Studie unter Leitung der Universität Bonn galt nun der Frage, welche Bedeutung dabei das Wurzelsystem hat. Bei der Analyse von über mehr als 9000 Sorten stellte sich heraus, dass sich die Wurzeln stark unterscheiden – je nachdem, wie trocken der Standort ist, für den die jeweilige Sorte gezüchtet wurde. Die Wissenschaftler konnten zudem ein wichtiges Gen identifizieren, das bei dieser Anpassung eine Rolle spielt. Möglicherweise ist es ein Schlüssel für die Entwicklung von Sorten, die mit dem Klimawandel besser zurechtkommen.
Teosinte als gemeinsamer Vorfahre
Das soll die Urform aller Maissorten sein? Eine buschige Pflanze, mit weit verzweigten Stängeln? Aus deren Blattachseln fingerlange Ähren mit einem Dutzend steinharter Körner entspringen? Obwohl man schon genauer hinschauen muss, um ihre Verwandtschaft mit einer der weltweit wichtigsten Kulturpflanzen zu erkennen, sind sich Experten einig, dass die Gattung Teosinte die Urform sämtlicher heutiger Maissorten ist. Vor über 9000 Jahren begannen Bauern im Südwesten Mexikos, gezielt Exemplare auszuwählen, die die schmackhaftesten und meisten Körner lieferten. Im Laufe vieler Zuchtgenerationen entstand so die moderne Maispflanze, die sich über alle Kontinente verbreitete.
Zwar wisse man, dass sich das Aussehen der Pflanzen stark veränderte, erklärt Professor Dr. Frank Hochholdinger vom Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn, aber: „wie sich das Wurzelsystem im Laufe der Domestikation und später wandelte, war bislang aber kaum bekannt.“
Wurzelwachstum in Papierrollen
Die neue Studie ändert das. Acht Jahre lang haben die beteiligten Arbeitsgruppen rund 9000 Mais- und 170 Teosinte-Sorten rund um den Globus untersucht. Dazu werden Samen auf braunes Spezialpapier gelegt, das dann zu zigarrenähnlichen Gebilden gerollt und aufrecht in schmale Bechergläser gestellt wird. Nach etwa zwei Wochen kann ohne störende Erdanhaftung das Wachstum der frühen Wurzeln beobachtet werden. Doch auch das Wurzelwachstum im Boden wurde untersucht, und zwar mittels der aus der Medizin bekannten Magnetresonanztomographie.
Die Ergebnisse zeigen, wie sehr sich der Wurzelaufbau im Laufe der Domestikation von Teosinte zu Kulturmais verändert hat. „Bei Mais finden wir kurz nach der Keimung oft sogenannte Seminalwurzeln – bei manchen Sorten zehn oder mehr“, erklärt Dr. Peng Yu, Erstautor der Studie und inzwischen Professor an der TU München. Teosinte habe diese Wurzelform nicht. Seminalwurzeln sind eigentlich etwas Gutes: Sie geben dem Keimling unter optimalen Bedingungen einen Startvorteil, indem sie ihm ermöglichen, sehr rasch viele Nährstoffen aus der Erde zu erschließen. „Allerdings haben wir festgestellt, dass darunter die Bildung eines anderen Wurzeltyps leidet – der Lateral- oder Seitenwurzeln“, sagt Yu.
Diese sind aber für die Wasseraufnahme besonders wichtig, weil sie die Wurzeloberfläche stark vergrößern. Das ist vermutlich auch der Grund dafür, warum die Zahl der Seminalwurzeln je nach Sorte so unterschiedlich ist: Sorten, die an trockene Gebiete angepasst sind, bilden deutlich weniger Seminal- und dafür mehr Seitenwurzeln. Bei der Weiterentwicklung dieser Sorten haben die Züchter in der Vergangenheit unbewusst auf diesen Wurzelaufbau hin selektiert.
160 Kandidatengene identifiziert
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daraufhin bei der Untersuchung der Erbanlagen mehr als 160 Kandidatengene identifiziert, die für das Wurzelwachstum verantwortlich sind. Eines davon, ZmHb77, löst in den Pflanzen offenbar aus, mehr Seminal- und zugleich weniger Lateralwurzeln zu bilden. Wurde dieses Gen per Genschere abgeschaltet, änderte sich der Wurzelaufbau, die Pflanzen überstanden Dürrezeiten erheblich besser. Daraus schließen die Wissenschaftler, dass das Gen für die Herstellung trockentoleranter Sorten wichtig ist. Ein wichtiger Hinweis für die Züchtung in Anbetracht des Klimawandels.
Gelungene internationale Kooperation
Die Studie ist auch ein Beispiel für eine gelungene internationale Kooperation: Insgesamt waren Forschende aus 20 Arbeitsgruppen beteiligt. Sie kamen von der Universität Bonn, der Chinese Academy of Agricultural Sciences, der Pennsylvania State University (USA), der Southwest University Chongqing (China), dem Instituto de Recursos Naturales y Agrobiología de Sevilla (Spanien), der Universidad Pablo de Olavide (Spanien), dem Forschungszentrum Jülich, dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung, der University of Florida (USA), der Universität Bologna (Italien), der Technischen Universität München, der Université catholique de Louvain (Belgien), der China Agricultural University und der Iowa State University (USA).
Quelle: Uni Bonn
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