EU-Pflanzenschutznovelle: Fällt die Landwirtschaft zurück in die 70er Jahre?
N.U. Agrar GmbH, Schackenthal
Die Ernten in Deutschland und Europa könnten sich halbieren, wenn die vom Europaparlament verfochtene Pflanzenschutzpolitik Wirklichkeit würde. Das erklärte Frank Brunn, Pflanzenschutzexperte beim Beratungsunternehmen NU-Agrar in Schackenthal, bei einem Pressegespräch des Industrieverbands Agrar. Er prognostiziert einen „Rückfall der Landwirtschaft in die 70er Jahre“, wenn die Extremforderungen des Parlaments umgesetzt würden.
Brunn hat die Bewertungen einer Auswirkungsstudie aus dem Vereinigten Königreich auf die Pflanzenschutzpraxis in Deutschland übertragen. Den Landwirten bliebe nur noch ein Restbestand der heute verfügbaren Pflanzenschutzmittel. Mit dieser schmalen Palette würde die Weizenernte im Durchschnitt der Jahre um 45 Prozent zurückgehen – in guten Jahren weniger, in schlechten stärker. Bei Raps würde in Deutschland im Mittel sogar nur noch ein Drittel der heutigen Ernte eingefahren. EU-weit schätzt der Experte die Ertragsverluste nur geringfügig niedriger.
„Lebensmittel würden damit erheblich verknappt, und die Preise würden deutlich steigen“, erklärte Brunn. Auch die Qualität würde in Mitleidenschaft gezogen. Wenn Pilzkrankheiten nicht mehr sicher bekämpft werden können, steigt die Belastung des Getreides mit Mykotoxinen, gefährlichen Giften, die diese Pilze im Erntegut hinterlassen.
„Wir müssten außerdem auf viele Errungenschaften des modernen Pflanzenschutzes verzichten“, befürchtet Brunn. Betroffen wäre zum Beispiel die Pilzbekämpfung nach dem Schadschwellenprinzip. Dabei wird erst behandelt, wenn der Befall ein kritisches Ausmaß erreicht hat. „Die gezielte Pilzbekämpfung dürfte künftig kaum noch möglich sein – wir müssten wieder vorbeugend, auf Verdacht, spritzen.“
Die geringe Zahl der verbliebenen Wirkstoffe dürfte auch dazu führen, dass sich viel schneller als heute Resistenzen bei Unkräutern, Pilzkrankheiten und tierischen Schädlingen entwickeln. Durch einen geschickten Wechsel der Wirkstoffe können Resistenzen weitgehend vermieden werden. „Wenn es keine Möglichkeit des Wechselns mehr gibt, stehen wir bald vor unüberwindbaren Problemen“, so Brunn. Der Pflanzenschutzexperte schätzt zudem, dass bei einer sehr restriktiven Pflanzenschutzpolitik die tierischen Schädlinge auch in unseren Breiten bald die gleiche Bedeutung haben wie bisher die Pilzkrankheiten.
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