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Christian und Maren Güldenpfennig vom Landwirtschaftsbetrieb Güldenpfennig & Wollert GbR aus Gohre in Sachsen-Anhalt betreiben zehn Milchautomaten in Supermärkten im Umkreis von 80 Kilometern. Foto: Catrin Hahn
04.04.2019
Umwelt & Verbraucher

"Wir geben der Milch ein Gesicht"

Mit Milchautomaten in Supermärkten zum "Aushängeschild" der Branche

Christian und Maren Güldenpfennig betreiben neben ihrem landwirtschaftlichen Betrieb im zur Stadt Stendal gehörenden Dorf Gohre in Sachsen-Anhalt auch zehn „Milchtankstellen“ in Supermärkten. In dem auf Ackerbau und Milcherzeugung spezialisierten Familienbetrieb spielt Tierwohl eine große Rolle. Der 1993 errichtete Boxenlaufstall bietet Platz für 140 Kühe. Und jede Menge Komfort: Massagebürsten, große Ventilatoren, Wasserbetten und zwei Melkroboter. Eine Plakette vom Landeskontrollverband für Leistungs- und Qualitätsprüfung bescheinigt den Güldenpfennigs seit vielen Jahren, zu den besten Milchviehbetrieben Sachsen-Anhalts zu gehören.

Aber trotz bester Qualität kommt der Erfolg nicht von allein. „Schon in den Neunzigern haben wir das erste Mal über Direktvermarktung nachgedacht, aber damals waren die zuständigen Behörden zu unbeweglich“, erinnert sich die Landwirtin, die wie ihr Mann ein Diplom-Studium in Meißen absolviert hat. „Beim nächsten Versuch, zwei Milchkrisen später, im Herbst 2016, ging es dann ganz schnell. Da fanden wir sofort einen Partner, die Milch Concept GmbH, und bei den Supermärkten standen fast überall die Türen weit auf“.

Gemeinsam mit Milch Concept machten sich die Güldenpfennigs daran, das neue Vermarktungsstandbein „Direktvermarktung von Milch über Milchautomaten“ aufzubauen. Im Rekordtempo wurden die nötigen Umbauten auf dem Hof erledigt, und schon am 21. Dezember 2016 wurde der erste Milchautomat in einem Supermarkt in Stendal eingeweiht. Zunächst hatten sich die Betriebsleiter wenig Gedanken darüber gemacht, welche Größenordnung ihr Projekt annehmen sollte. Doch nach und nach kamen neue Routen und Automaten hinzu, bis schließlich im Januar 2018 der inzwischen 10. Automat aufgestellt wurde. Damit war so etwas wie eine perfekte Größenordnung sowohl für die Personalausstattung als auch für Technik und Logistik erreicht: 1,5 Arbeitskräfte kümmern sich um die Automaten und fahren die 200-Liter-Transporttanks mit einem Kühl-LKW zu den Standorten. Die liegen in der dünn besiedelten Gegend recht weit auseinander: Neben Stendal sind Supermärkte in Tangermünde, Gardelegen, Salzwedel und fünf im 80 Kilometer entfernten Magdeburg dabei.

Imagegewinn

Die Landwirte, die vorher mit Ackerbau und Milchproduktion befasst und dafür hauptsächlich auf guten Kontakt im Dorf angewiesen waren, wurden auf einmal zum Aushängeschild. Wann immer sie an einem der Automaten auftauchen, sind sie schnell umringt. Die Kunden äußern Freude, fragen nach, sind interessiert. Mit ihrer freundlichen, aufgeschlossenen Art geben Güldenpfennigs der Branche ein positives, nahbares Image – und können ganz nebenbei auch die eine oder andere neugierige Frage zum Alltag eines Landwirts beantworten.

Nicht zuletzt ist Maren Güldenpfennig auch „Bauernpatin“ für Schulkinder, die auf den Hof kommen und die praktische Landwirtschaft bei ihr kennen lernen. Die geduldige, liebevolle Landwirtin genießt diese Rolle, legt aber Wert darauf, dass die Kinder so jung wie möglich mit dem Betriebsalltag vertraut gemacht werden: „Wenn die erstmal in die Pubertät kommen und immer cool sein müssen, dann tun sie entweder desinteressiert oder angeekelt. Da traut sich niemand mehr, offen sein Interesse zu zeigen. Kleine Kinder sind da ganz anders“.

Ausgeklügelte Logistik

Mit der Anschaffung der Milchautomaten für die Supermärkte ist der Vermarktungsweg allerdings noch lange nicht erledigt; auch auf dem Hof waren Umbauten nötig. Die für die Tankstellen vorgesehene Milch wird dort in zwei Pasteurisierern für 20 Sekunden auf 72 Grad Celsius erhitzt. Die Milch wird immer mit dem Original-Fettgehalt ausgeliefert – laut Angabe auf dem Automaten sind das mindestens 3,8 Prozent. In Edelstahltanks abgefüllt, wird sie gekühlt und ausgefahren. Wichtig ist, die Kühlkette ununterbrochen einzuhalten, auch in Sommern wie 2018, betont Maren Güldenpfennig. Der Automat im Supermarkt füllt die Milch dann in Glas- oder PET-Flaschen, die der Kunde mitbringen oder im nebenstehenden Flaschenregal kaufen und wiederverwenden kann.

Ein Liter Milch kostet je nach Transportentfernung zwischen 1,30 Euro und 1,50 Euro. An den zehn Automaten der Güldenpfennigs werden pro Tag zwischen 30 und 200 Liter verkauft. Übriggebliebene Mengen werden in den Tanks zurück zum Hof gefahren, wo sie an die Kälber verfüttert werden. Die Tanks werden gespült und wieder gefüllt. Für Automaten und Umbauten, schätzt die Landwirtin, haben sie etwa 500.000 Euro investiert.

Die restliche, im Betrieb produzierte Milch geht weiterhin ins Milchwerk Stendal. Die guten Haltungsbedingungen machen sich offensichtlich bezahlt: 11 000 Liter gibt jede Kuh im Durchschnitt – und das trotz der Orientierung auf eine hohe Lebensleistung, die bei 44 000 Litern liegt. Seit 2002 stehen den Tieren Melkroboter zur Verfügung, drei- bis viermal gehen die Kühe selbstständig zum Melken.

Güldenpfennigs haben die Investition in die Milchtankstellen nicht bereut: „Nach zwei Milchkrisen ist es ein gutes Gefühl, so einen sicheren Vermarktungsweg zu haben. Und die Verbraucher danken es mit Neugier und Sympathie".

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