Der genetische Fingerabdruck sorgt für klare Verhältnisse
Der genetische Fingerabdruck
Bei diesem Werkzeug zur Identifikation von Rebsorten kommen sogenannte Mikrosatellitenmarker zum Einsatz. Sie erstellen von jeder Rebsorte ein unverwechselbares DNA-Profil, das sich für die Sortenunterscheidung eignet. „Um die Abstammung sichern zu können“, erklärt Erika Maul, „werden mindestens 25 Mikrosatellitenmarker benötigt“. So kamen bislang als sicher angenommene Herkünfte ins Wanken, andere frühere Zuordnungen bestätigten sich aber.
Dass Riesling und Elbling antiken Ursprungs sind und dass Kreuzritter die Sorte Syrah nach Frankreich brachten, wurde inzwischen widerlegt. Dagegen verweisen Blattmerkmale des Welteroberers Chardonnay auf die Zugehörigkeit zur großen Burgunder-Familie. Bei deutschen Rebenneuzüchtungen ist mancher Zuchtbucheintrag zu korrigieren. Müller-Thurgau entpuppte sich als Kreuzung von Riesling und Königlicher Magdalenentraube, Morio-Muskat ist aus einer Liaison von Grünem Silvaner und Gelbem Muskateller hervorgegangen, Ehrenfelser entstand als Kind von Weißem Riesling und Knipperlé.
Bestätigung und Zweifel bei der Elternschaft
Diese Entdeckungen ließen aufhorchen und gaben den Anstoß, die Kreuzungseltern von 67 deutschen Neuzüchtungen näher zu untersuchen, von denen 42 in die mit offiziellen Weihen ausgestattete Nationale Sortenliste eingetragen sind. Zu 60 Prozent entsprechen die Abstammungen den Zuchtbucheintragungen. Bei anderen liegen Verwechslungen der Kreuzungseltern oder Verpflanzungen im Züchtungsquartier vor. Eine bewusste Fehlinformation schließt Erika Maul aus. Nicht alle Abstammungen konnten im Geilweilerhof zweifelsfrei aufgeklärt werden. Dafür gibt die Wissenschaftlerin zwei Gründe an: Zum einen ist der zweite Elternteil in der Sammlung des Instituts für Rebenzüchtung Geilweilerhof nicht vorhanden oder selbst ein Zuchtstamm, also eine Kombination von zwei oder mehr Rebsorten.
Auffächerung des Weinsortiments oder Sortenwirrwarr?
„Eines ist sicher“, streicht Erika Maul heraus: „Die neuen Kreuzungen bereichern die deutsche Rebenlandschaft mit einer ganzen Reihe besser angepasster Sorten“. Praxistauglich sind etwa „zwei Handvoll“, die aus unserem Sortiment nicht mehr wegzudenken sind. Zu nennen sind Dornfelder, Kerner, Bacchus und Scheurebe. Ähnlich wird es zugegangen sein, spekuliert die Wissenschaftlerin, als vor etwa 2000 Jahren der Spätburgunder und in den vergangenen Jahrhunderten Weißer Riesling, Cabernet Sauvignon und Chardonnay ausgelesen wurden. Sie waren standortangepasst und übertrafen bei maßvollen Erträgen die Weinqualität ihrer Vorgänger.
Eine Bereicherung der deutschen Weinbaugebiete
Was in Anbau, Ertrag und Güte reüssierte und den Geschmack der Weinliebhaber traf, setzte sich nach und nach durch. In Zeiten der Klimaerwärmung haben sich die Züchtungsziele gewandelt. Frühreife und hohe Zuckereinlagerung stehen nicht mehr im Vordergrund. Stattdessen ist ein hohes Säurepotenzial gesucht. „Und glücklicherweise“, freut sich Erika Maul, „steht heute die Pilzfestigkeit der Rebsorten im Zentrum der Bemühungen.“ Angezüchtete Schädlingsresistenz und überhaupt Robustheit sind damit die ganz großen Themen.
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