04.10.2012

Artenvielfalt im Oberrheingraben

Mit blühenden Ackerkräutern schaffen Landwirte neue Lebensräume für Insekten

Vor zwei Jahren wurde ein Projekt zur ökologischen Aufwertung intensiv bewirtschafteter Ackerflächen im Oberrheingraben aus der Taufe gehoben. Nach einer ersten Auswertung im Jahr 2011 wurde in diesem Jahr eine erste Zwischenbilanz gezogen.

Blühstreifen dienen vielen Insekten als Lebensraum. Vielfältige und blütenreiche Ansaatmischungen bieten nicht nur Nahrung und Rückzugsraum für Insekten, sondern auch für Spinnen, Feldvögel und Wildtiere. Diese Nützlingsförderung bringt positive Effekte für die Feldfrüchte mit sich. Insbesondere als Untergliederung großer Ackerflächen sind Blühstreifen nützlich. Blühstreifen verbessern die Nahrungsgrundlage von Bienen, Insekten und anderen Nützlingen. 

Auf zwei Standorten am Oberrhein (Dettenheim und Bühl) mit intensiver Maisnutzung wurden je zwei vergleichbare Versuchsgebiete mit je 50 Hektar ausgewiesen. Auf einer Fläche haben die Landwirte zehn Prozent, also fünf Hektar, mit einer Blühstreifenmischung bestellt. Zur Aussaat kamen verschiedene Blühmischungen: Tübinger Mischung, Visselhöveder Insektenparadies, die vorgegebenen Mischungen aus dem offiziellen Agarumweltprogramm sowie eine Sondervariante "Kultur-blüht-auf". Zusätzlich wurden „Bee Banks“ angelegt und Nisthilfen für Bienen auf der Fläche verteilt. Eine zweite Fläche ohne diese Maßnahmen diente als Kontrollfläche. 

Bereits 2010 hatte Arno Schanowski, Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz ILN in Bühl und Experte für Bienen und Tagfalter, eine Bestandsaufnahme auf den Ackerflächen der Betriebe gemacht. Die dabei ermittelten Insekten-Bestandszahlen dienten als Vergleichsbasis, um die Auswirkungen der Fördermaßnahmen auf die Artenvielfalt vergleichen zu können. "Die Anzahl der ausgezählten Individuen bei den Wildbienen hat sich in auf den Bühler Flächen von 234 auf 4 000, in Dettenheim von 244 auf 3 992 erhöht", erläuterte Dr. Rainer Oppermann, Leiter des Instituts für Agrarökologie und Biodiversität ifab in Mannheim. "Insbesondere die Zahl der Hummeln konnte deutlich gesteigert werden. Es hat sich auch gezeigt, dass die bee banks von den Wildbienen gut angenommen werden", ergänzte Schanowski. 

Die Anlage von Blühstreifen kann nur gelingen, wenn sie professionell und mit den Instrumenten guter fachlicher Praxis durchgeführt wird. Das betrifft vor allem die Bodenbearbeitung, die Sätechnik und die Wahl geeigneter Blühmischungen. Es gibt keine Patentrezepte, da jeder Standort andere Ansprüche stellt. Auch ist das Saatgut noch sehr teuer. Zudem gebe es bei der Zusammenstellung der Blühmischungen noch Verbesserungspotenzial, ergänzte Schanowski. "Verschiedene Insekten nutzen auch völlig verschiedene Lebensräume", so der Experte. "Unsere Aufgabe ist es, Mischungen zu finden, die sich durch ein ausgeglichenes Verhältnis niedrig wachsender Arten wie Klee und höher wachsender Pflanzen wie Phacelia auszeichnen. Auch sollten möglichst lange Blühintervalle in den Mischungen angestrebt werden, da die Insekten zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr unterwegs sind". 

Die Projektbeteiligten sind davon überzeugt, dass ökologische Aufwertung von Ackerflächen mittel- und langfristig zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen. Sie werden deshalb das Projekt im gleichen Umfang weiter begleiten. Dieses und weitere, andere Blühstreifenprojekte werden zunehmend von verschiedenen deutschen Pflanzenschutzmittelherstellern initiiert, unterstützt und fachlich begleitet. Am Oberrhein war Bayer CropScience mit an Bord. 

Mit einer speziellen Samenmischung, der „Schweizer Bienenweide“, unterstützt Syngenta Landwirte und andere Partner dabei, gezielt Blühstreifen für bestäubende Insekten anzulegen und nachhaltig zu bewirtschaften. Eine unabhängige wissenschaftliche Begleitung des Programms in Großbritannien hat gezeigt, dass Hummelpopulationen, von denen einige als bedroht galten, in nur drei Jahren um 600 Prozent gewachsen sind. Im gleichen Zeitraum hat sich die Anzahl der Schmetterlinge verzwölffacht und die weiterer Insekten verzehnfacht. 

Auch auf europäischer Ebene werden Nachhaltigkeitsprojekte, wie die Förderung der Biodiversität, vorangetrieben. BASF zum Beispiel setzt auf eine Partnerschaft mit Landwirten und erhebt wissenschaftlich faunistische Daten, auf deren Basis Maßnahmen zum Artenschutz entwickelt werden. Die Erkenntnisse aus diesen Studien sollen zu einem besseren Verständnis und zur Förderung der Artenvielfalt in Agrarlandschaften beitragen.

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