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Dr. Martin Ganal ist Sprecher der Initiative "Green Gate Gatersleben". Foto: GGG
21.11.2013
Forschung & Technik

Gatersleben: größtes deutsches Zentrum für Pflanzenbiotechnologie

Verschiedene Institutionen und Firmen schaffen Infrastruktur, bilden Netzwerk, bündeln Interessen und bieten Service

Gatersleben, ein Ortsteil der knapp 9 000 Einwohner-Stadt Seeland im südlichen Sachsen-Anhalt, macht zunächst einen eher unscheinbaren Eindruck. Doch Kenner wissen: Hier befindet sich das größte Zentrum für Pflanzenbiotechnologie in Deutschland. Die ansässigen Institutionen und Firmen haben sich zur Initiative „Green Gate Gatersleben“ (GGG) zusammengeschlossen. Dr. Martin Ganal ist Sprecher der GGG und gibt im Folgenden einen Einblick in ein Thema, das in der  Öffentlichkeit nach wie vor polarisiert.

Dr. Ganal, wieso ist Gatersleben eine Reise wert?

Je nach persönlichen Interessen gibt es unterschiedliche Gründe. Für Wissenschaftler aber ist es das größte Forschungszentrum für Pflanzenbiotechnologie und -genetik in Deutschland. Bereits seit 1944 gibt es hier das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK). 1999 erfolgten erste Ausgründungen aus dem IPK. Im Jahr 2000 wurde dann das Biotech-Zentrum und 2006 der Biotechpark Gatersleben gegründet. Seit 2012 beherbergen wir auch das Europäische Weizenzuchtzentrum der Bayer CropScience AG.

Was zeichnet den Standort Gatersleben aus?

Hier befindet sich auf circa 300 000 Quadratmeter Fläche das größte Pflanzenbiotechnologiezentrum Deutschlands. Mehr als 600 Beschäftige, darunter 230 Wissenschaftler aus dem In- und Ausland, forschen in Firmen und im IPK an mehr als 100 Projekten. Insgesamt stehen 70 Hektar Freiflächen, 10 000 Quadratmeter Laborfläche, unter anderem Labore mit der Sicherheitsstufe 1* und 4 500 Quadratmeter Gewächshäuser zur Verfügung. Die internationale Atmosphäre, der innovative und unternehmerische Charakter, die Vernetzung untereinander und die günstigen Rahmenbedingungen bieten viel Platz für neue Ideen. Heute profitieren wir von einem engen Netzwerk zwischen Industrie, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik

Welche Funktion kommt dem GGG zu?

Wir sind der Zusammenschluss der hier vertretenen Firmen und Einrichtungen. Unser Ziel ist es, den Standort Gatersleben sowie die Kompetenzen und Dienstleistungen der Partner gemeinsam zu vermarkten und nach außen zu präsentieren. Wir stellen die erforderliche Infrastruktur, begleiten Start-Up-Unternehmen auf dem Weg in die Selbstständigkeit und bieten wichtige Kontakte. Zusätzlich sind wir ein wichtiges Glied zwischen Grundlagenforschung und Anwendung.

Wie definieren Sie Biotechnologie?

Biotechnologie verstehen wir sehr weit und nicht nur auf Gentechnik beschränkt. Heutzutage sind die Übergänge fließend und umfassen moderne Züchtungsmethoden. So zum Beispiel Züchtung mit molekularen Markern, Gewebekulturtechniken und Kreuzungen zwischen Arten, aber auch gentechnische Methoden oder Bioinformatik.

Wieso engagieren Sie sich so intensiv in der Biotechnologie?

Pflanzenbiotechnologie ist für mich eine wichtige Zukunftstechnologie zur Sicherung unserer Versorgung. Nach UN-Schätzungen leben im Jahr 2050 mehr als neun Milliarden Menschen auf unserem Planeten. Die Nachfrage nach pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln wird drastisch steigen. Zudem soll die Landwirtschaft zukünftig verstärkt Biokraftstoffe erzeugen. Schon jetzt leben wir zu einem nicht unbeträchtlichen Teil von pflanzlichen Ressourcen, welche außerhalb Europas generiert werden.

Womit beschäftigen sich die Partner hier am Standort?

Das übergeordnete Ziel der Partner ist es, mit pflanzenbiotechnologischen Maßnahmen und den Ergebnissen gezielter Genomforschung die Landwirtschaft effizienter zu machen, bessere und gesündere Nahrung bereitzustellen und Spezialprodukte aus Pflanzen zu erzeugen, die als nachwachsende Rohstoffe nutzbar sind. Dabei setzen die Mitarbeiter auf unterschiedliche Strategien, wie markergestützte Forschung, Pflanzentransformation, neue Züchtungsmethoden, chemische Untersuchungen und umfassende Datenbanken. Zum Teil bieten unsere Partner diese Techniken erfolgreich auch als Dienstleistung im Rahmen von Auftragsforschung für die Chemie- und Pharmaindustrie an.  

Für viele Mitbürger ist Biotechnologie etwas Geheimnisvolles. Wie sieht Ihr Beitrag zur Transparenz aus?

Wir veranstalten hier regelmäßig Tage der offenen Tür mit dem Ziel, Brücken zwischen Öffentlichkeit, Züchtung und Wissenschaft zu bauen. Ein wichtiges Angebot für Schüler ist unser Grünes Labor Gatersleben. Das Schülerlabor soll das Interesse für Natur und Umwelt wecken. Außerdem wollen wir damit einen Beitrag zur Berufsorientierung und -vorbereitung leisten und einem möglichen Mangel an Naturwissenschaftlern vorbeugen.   

Am GGG beteiligte Unternehmen und Organisationen:

  • Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung
  • Bayer CropScience
  • Gartenland Produktion GmbH - Quality Seed Testing Labor
  • IT-Breeding GmbH
  • Orgentis Chemicals GmbH
  • Saaten-Union Biotec GmbH
  • TraitGenetics GmbH
  • Biotech-Zentrum Gatersleben GmbH
  • BGI Biotechpark Gatersleben GmbH
  • Schülerlabor Grünes Labor Gatersleben
  • InnoPlanta e.V.
  • BMD GmbH
  • Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Aschersleben-Staßfurt mbH.

* In Laboren der Sicherheitsstufe 1 sind einfache Hygienemaßnahmen vorgeschrieben: Händewaschen, nicht essen oder trinken.

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