Forscher entdecken Käfer als biologische Waffe gegen die Beifuß-Ambrosie
Zufällige Entdeckung eines wirkungsvollen Ambrosie-Fressers in der Schweiz
Im Sommer 2013 entdeckte ein Kontrolleur des schweizerischen Pflanzenschutzdienstes im Tessin bei einer Routinekontrolle einen kleinen Käfer auf einer Ambrosie-Pflanze. Der Käfer tat sich an der Pflanze gütlich. Umgehend begab sich Professor Heinz Müller-Schärer von der Universität Freiburg auf die Reise ins Tessin. Seither lässt der Wissenschaftler den Käfer nicht mehr unbeobachtet. Die Ambrosie tritt in großen Mengen auf, vor allem als Unkraut auf Winterweizenfeldern. Normalerweise gedeiht sie nach der Weizenernte ungehindert auf den Feldern. Aber 2013 bot sich Müller-Schärer ein anderes Bild: Statt grün blühender Ambrosie-Felder, fand er nach drei Wochen alles braun gefärbt vor. Der Forscher vermutete schon zu diesem Zeitpunkt, dass Ophraella communa, der Ambrosia-Blattkäfer, das Unkraut vernichtet hat. Der Käfer ist vier Millimeter klein und stammt, wie die Ambrosie, aus Nordamerika. Er ist mittlerweile auch in Australien und China zu finden. In China wird er sogar gezüchtet und gezielt gegen das Unkraut eingesetzt. Jährlich bringt der Käfer bis zu sechs Generationen hervor, die in jedem Entwicklungsstadium die Blätter der Ambrosie schädigen. So übt der Ambrosia-Blattkäfer ununterbrochen hohen Druck auf die Pflanze aus.
Erfreuliche Forschungsergebnisse: Der Ambrosia-Blattkäfer ist wirtsspezifisch
Seit dem überraschenden Fund untersuchen Müller-Schärer und sein Team den Käfer an über 150 Standorten im Tessin, in Italien und in Frankreich. Die ersten Ende 2013 veröffentlichten Ergebnisse sind durchaus positiv: Der Käfer ist in über 80 Prozent der Gebiete ansässig. Alle Pflanzen waren befallen, und ganze Ambrosie-Bestände gingen zu Grunde. Nach den bisherigen Erkenntnissen ist der Käfer stenophag, das heißt, er frisst ausschließlich Ambrosie. Nur vereinzelt entdeckten ihn die Forscher auf anderen Pflanzen, doch dort richtete er keinerlei Schäden an.
Der Ambrosia-Blattkäfer im Freiland ist ein Glücksfall für die Forschung
Normalerweise ist die Einfuhr „gebietsfremder Organismen“ verboten. Doch der Ambrosia-Blattkäfer hat Europa wahrscheinlich als blinder Passagier in Gepäck oder Frachtgut erreicht. Nicht auszuschließen ist, dass das Kerbtier vorsätzlich, aber ohne Genehmigung ausgesetzt wurde, um dem Unkraut entgegen zu wirken. Da der Ambrosia-Blattkäfer also nun schon einmal im Lande ist, haben die Forscher das Glück, ihn in freier Wildbahn untersuchen zu können. Das geht schneller als unter Quarantänebedingungen.
Für 2015 sind Feldversuche in der Südschweiz und Norditalien geplant, die Ergebnisse über die Langzeitwirkung des Käfers liefern sollen. Des Weiteren wollen die Wissenschaftler gemeinsam mit Allergologen und Aerobiologen herausfinden, ob sich der Käfer auf die Pollenbelastung in der Luft, auf Allergiemeldungen sowie auf den Verkauf von Antiallergika ausgewirkt hat. Bereits 2013 installierte Messstationen haben gezeigt, dass der Pollengehalt der Luft abgenommen hat. Um sicher sagen zu können, dass der Ambrosia-Blattkäfer sich wirklich auf seine Lieblingsspeise beschränkt, soll er auch im Quarantäne-Labor beobachtet werden.
Die Ambrosie ist zweifach gefährlich
Das Beifußblättrige Traubenkraut kann bei Menschen schwere Allergien auslösen, bis hin zu Asthma. In der Landwirtschaft macht es sich als starker Nährstoffkonkurrent besonders in Mais-, Rüben- Kartoffel- und Sonnenblumenfeldern unbeliebt. Hinzu kommt, dass es schwer zu bekämpfen ist: Mit einfachem Ausreißen ist das einjährige Kraut nicht zu beseitigen. Zwar stehen Herbizide zur Verfügung, doch die Ambrosie keimt so spät, dass Pflanzenschutzmaßnahmen oft an ihr vorbeigehen. Ihre Samen können im Boden bis zu 40 Jahre lang keimfähig bleiben.
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