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Pflanzenstärkungsmittel werden besonders im Obst- und Gemüsebau, aber auch in Zierpflanzen und Ackerkulturen eingesetzt. Quelle: Matthias Wiedenau
06.03.2007
Umwelt & Verbraucher

„Wellnesspräparate“ für Pflanzen

Lässt sich die Immunabwehr von Pflanzen durch Pflanzenstärkungsmittel verbessern?

Um die Widerstandskraft von Pflanzen gegenüber Schaderregern zu verbessern werden seit ein paar Jahren immer mehr so genannte Pflanzenstärkungsmittel eingesetzt. Das sind weder Pflanzenschutzmittel noch Dünger. Ein Vergleich mit Nahrungsergänzungsmitteln wie Vitamin- oder Mineralpillen im Humanbereich liegt nahe. Zahlreiche Gärtner und Landwirte verwenden die Präparate – mit unterschiedlichen Erfahrungen.

„Seit mehreren Jahren setzen wir bereits Pflanzenstärkungsmittel ein“, berichtet Achim Petkens, Gärtnermeister aus Kerken am Niederrhein. „Am Anfang belächelten Berufskollegen die ersten Gehversuche mit den Präparaten ein wenig – keiner wusste so genau, ob und wie sie wirken.“ Seit dem hat Petkens eine Reihe von Mitteln in seinen Hauptkulturen Blumenkohl, Feldsalat und Erdbeeren ausprobiert. Mit unterschiedlichem Erfolg: „Einige Produkte hätte ich den Herstellern am liebsten zurückgeschickt, weil keinerlei Wirkung festzustellen war. Mit anderen Produkten habe ich gute Erfahrungen gemacht.“ Als Beispiel nennt er ein Mittel, das er im Feldsalatanbau unter Glas eingesetzt hat. Im Vergleich zu anderen Gärtnern, die das Mittel nicht verwendet hätten, sei der Mehltaubefall um circa 50 Prozent geringer gewesen.

Pflanzenschutzmittel oder Pflanzenstärkungsmittel?

Stärkungsmittel sind im Normalfall natürlichen Ursprungs und fördern die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegenüber Schaderregern und hier besonders gegenüber Pilzen. Pflanzenschutzmittel sind hingegen häufig chemisch-synthetischen Ursprungs und wirken direkt auf den Schaderreger. Die Bestandteile der Stärkungspräparate sind vielfältig. Sehr breit vertreten sind organische Inhaltsstoffe wie Algenextrakte, Huminsäuren und Pflanzenextrakte. Andere Mittel basieren auf anorganischen Stoffen wie Silikaten, welche die Pflanzenzellwände stärken, und Carbonate. In den letzten Jahren sind verstärkt homöopathische Mittel und seit 1997 Produkte auf mikrobieller Basis auf den Markt gekommen. Hier ist die Abgrenzung zu Pflanzenschutzmitteln besonders schwierig, da sie zum Teil eine antibiotische Wirkung entfalten und damit direkt auf die Schaderreger wirken können.

Die Einteilung der Mittel hat erhebliche Konsequenzen. Der Gesetzgeber hat für Pflanzenschutzmittel einen sehr aufwändigen Zulassungsprozess vorgeschrieben, so dass der Hersteller von der ersten Wirkstoffsynthese im Labor bis zum verkaufsfertigen Produkt rund 200 Millionen Euro und etwa zehn Jahre investieren muss. Bei Pflanzenstärkungsmitteln ist das Verfahren wesentlich einfacher und kürzer. Der Hersteller lässt das Mittel bei der Biologischen Bundesanstalt in Braunschweig registrieren und auflisten. Dort wird geprüft, ob es gefahrlos für Mensch, Tier, das Grundwasser und für den Naturhaushalt ist. Ein Wirkungsnachweis wird im Gegensatz zu Pflanzenschutzmitteln nicht gefordert.

Zulassungsbehörden fordern keinen Wirkungsnachweis

Genau hierin besteht der Knackpunkt für viele Anwender. Es gibt zwar eine Vielzahl zugelassener Präparate, aber keiner weiß so genau, was geht und was nicht geht. Dazu Gärtnermeister Petkens: „Ich musste erst lernen, unter welchen Bedingungen die Produkte helfen. Das Fenster für den Einsatz ist häufig wesentlich kleiner als bei Pflanzenschutzmitteln – zeitlich, klimatisch und im Hinblick auf den Befallsdruck. Mein Gartenbauberater hilft mir mittlerweile bei der Auswahl.“ Dieser Fragestellung hat sich auch die Landwirtschaftskammer Rheinland angenommen

und einzelne Präparate in ihrem Gartenbauzentrum Köln-Auweiler auf ihre Wirkung getestet. Die Ergebnisse waren erwartungsgemäß uneinheitlich. Äußerst schwierig war es demnach, die Kraut- und Braunfäule an Tomaten in den Griff zu bekommen. Der Falsche Mehltau bei Gurken konnte hingegen signifikant gesenkt werden.

Petkens betrachtet solche Stolpersteine aber nicht als Hinderungsgründe: „Ich bin immer aufgeschlossen gegenüber neuen Möglichkeiten.“ Für ihn gibt es kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch: eine Kombination von Stärkungsmitteln zur Vorbeugung und hochwirksamen Pflanzenschutzmitteln bei Befall.

Für Interessenten ist der Weg zum passenden Pflanzenstärkungsmittel recht mühsam. Die Pflanzenschutzexperten der Offizialberatung und die Berater der Hersteller sind sicherlich wichtige Anlaufstellen. Einen Überblick über die registrierten Mittel gibt die Datenbank der Biologischen Bundesanstalt, die im Internet unter der Adresse http://pflanzenstaerkungsmittel.bba.de zu finden ist. Weitere Infos sind beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter www.bvl.bund.de erhältlich.