 
  Vorfahrt für Unkräuter und Schädlinge?
Wenn die Möglichkeiten des gewohnten Pflanzenschutzes eingeschränkt werden, gibt es wenig zu ernten
Einen ungewöhnlichen Anblick boten in diesem Frühsommer Versuchsflächen in Nauen im Havelland: Unkräuter und Schädlinge durften sich praktisch ungehindert entfalten. Während die Zuckerrübenpflanzen kaum noch zwischen den zahlreichen und hoch aufgeschossenen Unkrautpflanzen zu erkennen waren, kümmerten die Maispflanzen angesichts der massiven Nährstoffkonkurrenz auf halber Normalhöhe dahin. Über Rapspflanzen und Kohlköpfen hingegen kreisten schon Mitte Juni Schwärme von Kohlweißlingen - bereits die zweite Generation in diesem Jahr.Die Felder waren Teil eines Versuchs, der veranschaulichen sollte, was auf unseren Feldern passieren kann, wenn Landwirte ihre Ernten nicht mehr mit den derzeit zugelassenen und bewährten Pflanzenschutzmitteln vor Unkräutern, Pilzen und Schädlingen schützen dürfen. Viele Pflanzenschutzmittel enthalten Wirkstoffe, die das Europaparlament über eine neue Verordnung zu verbieten plant. Die Folge wären sinkende Erträge, und manche Obst- und Gemüsekulturen stünden in Europa vor dem Aus.
Besonders eindrucksvoll kann man dies an den Spuren der Kohlweißlingsraupen in Kohl und Raps beobachten. Die beiden Kreuzblütlerarten sind eng verwandt und begehrtes Futter für den Großen Kohlweißling (Pieris Brassicae). Ein einziges Weibchen des Falters legt bis zu 500 Eier, in der ersten Generation hauptsächlich an die Blattunterseiten kreuzblütiger Wildkräuter, in der zweiten mit Vorliebe an die von Kohlpflanzen. Aus den Eiern schlüpfen vier Zentimeter lange Raupen, die sich etwa drei Wochen lang dem Fraß hingeben. Bei Kohlköpfen bleiben dann nur Blattgerippe übrig. Mit dem vom Europaparlament beabsichtigten Verbot kämen aber auch erhebliche Resistenzprobleme auf die Landwirte zu: Wenn ganze Wirkstoffgruppen wegfallen, passen sich Schadorganismen an die wenigen verbleibenden Pflanzenschutzmittel an und widerstehen der Bekämpfung.
 
   
  