 
  Vier Augen sehen mehr als zwei: Sensortechnik hilft dem Landwirt
Stickstoffsensoren ermitteln Nährstoffbedarf für exakt dosierte Düngung
Das Gerät sieht aus wie ein Surfbrett und wird auf dem Schlepperdach montiert. Aber statt in den Urlaub an die Küste fährt der Bauer damit zur Arbeit auf den Acker. Das „Surfbrett“ verfügt über zwei „Augen“, die anhand der Grünfärbung und Biomasse der Pflanzen den Nährstoffbedarf ermitteln. Auch über Lasertechnik kann die Versorgung der Kulturen bestimmt und der Düngerstreuer gesteuert werden. Die Technik hilft dem Bauern, das Grundwasser zu schützen und erstklassige Getreidequalitäten zu produzieren. Peer Leithold von der Firma Agri Con und Gerhard Kroiß von der Firma Fritzmeier erklären Stickstoffsensoren, die zukünftig auch Fußball- und Golfplätze düngen könnten.Früher hat das Auge des Landwirts darüber entschieden, wie Pflanzen mit dem Hauptnährstoff Stickstoff (N) gedüngt werden. Heute hilft Technik dabei. Wie funktioniert ein Stickstoffsensor?
Peer Leithold: Der Stickstoff-Sensor misst die Unterschiede in der Stickstoffernährung der Pflanzen. Dafür sendet eine Xenon-Blitzlampe Licht aus und ein Sensor misst die von der Pflanzenoberfläche reflektierten Anteile. Dunkelgrüne Pflanzen und dichte Bestände sind normalerweise stark mit Stickstoff versorgt, hellgrüne und dünne hingegen schwach. Je nach Grünfärbung wird der Düngerstreuer während der Überfahrt, wir sagen „online“, mehr oder weniger geöffnet.
Gerhard Kroiß: Unser Lasersensor basiert auf einer so genannten aktiven Messung: Das heißt die Pflanze wird von einem Laser beleuchtet und zur Fluoreszenz angeregt. Dieses Signal wird von unserem System wieder empfangen und dient als Information für die Düngermengenbestimmung. Das System ermittelt den Chlorophyllgehalt der Pflanzen und damit direkt und ohne vorangegangene Eichung deren Ernährungssituation. Die Pflanzen bekommen soviel Dünger wie nötig und so wenig wie möglich, also ihre Idealdiät.
Welche Vorteile bringen diese High-Tech-Verfahren?
Gerhard Kroiß: Die Pflanzen werden optimal ernährt. Es ist wie bei uns Menschen: Mangel, aber auch Überfluss, lassen die Leistung sinken. Viel hilft eben nicht unbedingt viel – das wissen Landwirte schon lange. Mit Hilfe der Technik ist es möglich, innerhalb eines Ackers die Düngermenge sehr schnell und gezielt zu variieren. Das war früher nur sehr begrenzt möglich, denn der Landwirt kann kaum gleichzeitig den Bestand beobachten, den Traktor lenken und den Düngerstreuer alle paar Sekunden erneut justieren. Das System entlastet also den Landwirt besonders auf Flächen mit stark wechselnden Bodenverhältnissen und entsprechend unterschiedlichen Pflanzenbeständen.
Peer Leithold: In etwa 200 Exaktversuchen konnten wir den Düngerverbrauch im Durchschnitt um rund 10 Prozent senken und gleichzeitig die Erträge um 3 bis 7 Prozent steigern. Das optimal ernährte Getreide ist standfest und wird von Regen und Wind kaum noch zu Boden gedrückt. Es kann besser und schneller gedroschen werden. Das alles verbessert die Wirtschaftlichkeit im Ackerbau.
Haben auch Verbraucher und Umwelt etwas vom Stickstoffsensor?
Peer Leithold: Direkt nicht, indirekt schon. Da nur soviel gedüngt wird, wie die Pflanze benötigt, sinkt das Risiko von Nitratauswaschungen in das Grundwasser oder in die Vorfluter. Das schont die Umwelt. Die ideale Nährstoffversorgung wirkt sich außerdem günstig auf die Ernteprodukte aus. Unser Weizen hat eine bessere Backqualität. Sein Rohproteingehalt ist höher. Mühlen sind immer auf der Suche nach solchen Partien von gleichmäßig hoher Qualität.
Wie sind die Zukunftsperspektiven für den Stickstoffsensor?
Gerhard Kroiß: Da diese Verfahren ökonomische und ökologische Vorteile bringen, werden sie sich weiter durchsetzen. Mit Hilfe dieser intelligenten Technik kann ein Profi-Landwirt an den Schrauben drehen, die letztendlich für Erfolg oder Misserfolg seines Betriebs entscheidend sind. Und das nicht nur auf Äckern, sondern auch in gärtnerischen Kulturen.
Peer Leithold: Im Prinzip eignet sich die Technik genauso gut für Fußball- und Golfplätze. Ein weiteres Anwendungsgebiet der Online-Sensortechnik ist der Pflanzenschutz. Unkrauterkennung und -bekämpfung werden vielleicht bald praxisreif sein. Wir haben also noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.
 
   
   
   
  