 
  Pflanzenschutz ohne Abdrift
Mit verschiedenen Maßnahmen wird verhindert, dass Pflanzenschutz-Spritzbrühe durch Luftbewegung auf angrenzende Flächen verfrachtet wird.
„Wind ist der natürliche Feind der Spritzdüse.“ Das wissen Hobbygärtner wie Landwirte. Egal, ob 5-Liter-Rückenspritze mit einer Düse oder ein 3 500-Liter-Profigerät mit 54 Düsen am 27 Meter breiten Gestänge: Wind mit einer Geschwindigkeit von 3 Metern je Sekunde verweht die feinen Tropfen einer Spritzbrühe bereits spürbar. Man spricht von Abdrift. Hobbygärtner können durch einen kegelförmigen Schirm an der Spritzlanze dafür sorgen, dass die Mittel auch wirklich dorthin gelangen, wo die Blattläuse oder schädlichen Pilze sitzen. Im Ackerbau setzen die Praktiker auf ausreichende Abstände zu angrenzenden Flächen und auf ausgefeilte Düsentechnik, um Abdrift und ihre Auswirkungen so weit wie möglich zu verhindern. Landwirte und Gärtner haben ein großes Interesse an der zielgenauen Anwendung der Mittel, denn jeder Verlust reduziert die Wirkung und kostet bares Geld.Gewässer und Saumstrukturen schützen
Die Gebrauchsanleitungen enthalten detaillierte Angaben und Auflagen, mit denen die jeweiligen Mittel korrekt auszubringen sind. Dazu hat der Gesetzgeber eine Reihe von Regelungen über Abstände und geeignete Technik erlassen. So sollen besonders sensible Bereiche wie Gewässer und Saumstrukturen, wie z.B. Hecken, vor unerwünschten Einflüssen geschützt werden. Landwirte müssen bei der Spritzarbeit bis zu 10 Meter Abstand halten und zum Teil auch Abdrift mindernde Düsen, die gröbere Tropfen produzieren, verwenden. Die Regelungen sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Auch wird nach Art der Gewässer, der Saumstrukturen und der Pflanzenschutzmittel unterschieden.
Kontrollen und Sonderregelungen
Ob die Abstandsregelungen eingehalten werden, überprüfen die Bundesländer. Kontrolleure entnehmen zu diesem Zweck Bodenproben auf und in unmittelbarer Nähe der behandelten Flächen. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) koordiniert die Kontrollen. Ca. 95 Prozent aller Pflanzenschutzmittel sind mit Gewässer-Abstandsauflagen belegt. In wasserreichen Gebieten, wie der Obstbauregion Altes Land in der Nähe von Hamburg mit seinem dichten Netz an Entwässerungsgräben oder im Gemüseanbaugebiet Spreewald mit seinen zahlreichen Wasserläufen, können die Länder Sonderregelungen für den Pflanzenschutzeinsatz erlassen. Sie müssen aber mit Monitorings gegenüber dem BVL nachweisen, dass damit keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden sind.
Windkanal im Dienste der Abdriftvermeidung
Damit die Spritzbrühe möglichst vollständig auf die Zielfläche gelangt, darf die Spritzbrühe nicht durch Luftbewegung auf Nichtzielflächen verfrachtet werden. Voraussetzung dafür, dass dies klappt, sind Versuche im Windkanal. Dort, wo sonst Automodelle oder Sportgeräte auf ihre Aerodynamik getestet werden, geht es dann um die Fragen: Wie wirken sich Windgeschwindigkeit, Düsentyp, Wassermenge und die Formulierung des Pflanzenschutzmittels auf mögliche Verwehungsverluste aus? Zu diesem Zweck wird im vorderen Teil des Kanals ein Spritzgestänge montiert. Ein Gebläse erzeugt eine Windgeschwindigkeit von bis zu 5 Metern je Sekunde. Hinter den Düsen befinden sich in Windrichtung Kollektoren und Sensoren, mit denen die Abdriftmenge ermittelt wird.
Pflanzenschutzmaßnahmen bei windstillem Wetter
Die Fahr- und Windgeschwindigkeit beeinflussen die Abdrift wesentlich: Wird die Fahrgeschwindigkeit verdoppelt, wird die Abdrift um ca. 50 Prozent erhöht. Eine doppelte Windgeschwindigkeit führt sogar zu doppelten Verwehungsverlusten. Deshalb nutzen Landwirte für ihre Pflanzenschutzmaßnahmen möglichst windstilles Wetter bei moderaten Fahrgeschwindigkeiten von ca. 6 Kilometern je Stunde. Ebenso achten sie darauf, dass der Abstand zwischen Spritzdüsen und Zielfläche nicht mehr als 50 Zentimeter beträgt.
Grobe Tropfen weniger windanfällig
Besonders spannend sind für die Forscher die Auswirkungen verschiedener Düsenformen. Neue Injektordüsen haben im Verhältnis zu den herkömmlichen Flachstrahldüsen einen höheren Anteil grober Tropfen. Sie können nicht so schnell wie feine Tröpfchen verweht werden. Abdriftminderungen um 50 bis 90 Prozent sind damit möglich. Bereits vor mehreren Jahren sind Düsen mit Luftunterstützung konzipiert worden, die Spritzflüssigkeit gewissermaßen mit Rückenwind auf die Zielfläche drücken. Die Versuchsreihen im Windkanal haben auch einen überraschend großen Einfluss der Pflanzenschutzmittelformulierung auf die Abdrift ergeben. Sehr fein zerstäubende Formulierungen sind anfällig gegenüber Verwehungen. Optimal formuliert, können die Mittel dazu beitragen, dass die Abdrift um bis zu 50 Prozent vermindert wird. Dabei sind Additive, die z.B. die Viskosität der Spritzbrühe erhöhen, ebenso positiv zu bewerten.
 
   
   
  