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Verarmte Segge in Erhaltungskultur des Botanischen Gartens und Botanischen Museum Berlin-Dahlem. Foto: R. Hand, Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem
10.02.2015
Umwelt & Verbraucher

Nicht mehr arm dran: Die "Verarmte Segge"

Berliner Botanikern gelingt es, die als in Deutschland ausgestorben geltende Pflanze zu vermehren

Optisch ist sie eine graue Maus unter den Pflanzen, und schon der Name erweckt Mitleid: Die Verarmte Segge (Carex depauperata) ist ein grasähnliches Gewächs, das in Deutschland nahezu als ausgestorben galt. Ihre Seltenheit macht sie zur botanischen Besonderheit. Lediglich ein einziges Exemplar fand ein Hobbybotaniker im Jahr 2011 hierzulande noch in freier Natur. Im Botanischen Garten Berlin-Dahlem ist es nun gelungen, die Art erfolgreich nachzuzüchten.

Die verschollene Segge stand bereits auf der Roten Liste

Die Verarmte Segge gehört zur Familie der Sauergrasgewächse (Cyperaceae). Der Artname „Verarmt“ weist darauf hin, dass ihre Blütenstände weitaus weniger Blüten tragen als die meisten anderen heimischen Seggen. Typischerweise wächst die Pflanze in lichten, artenreichen und wärmeliebenden Laubwäldern. Doch bereits seit Jahrzehnten galt die Verarmte Segge deutschlandweit als nahezu ausgestorben. Botaniker überall im Land machten sich immer wieder auf die Suche – ohne Erfolg. Auch auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzen stand sie daher schon in der Kategorie „Null“, das heißt unter „ausgestorben oder verschollen“.

Die Verarmte Segge soll erhalten bleiben

Die Gattung der Seggen hat eine Vielzahl von Vertretern und gilt als besonders artenreich – da scheint es auf den ersten Blick auf eine einzige Art kaum anzukommen. Außerdem ist die Verarmte Segge in anderen europäischen Ländern – vor allem im Mittelmeerraum – noch immer häufig zu finden. Trotzdem ist der Erhalt der Art in Deutschland von hoher Bedeutung: Zum einen besteht nach der Biodiversitätskonvention die Verpflichtung alle Arten zu erhalten. Des Weiteren kann das Aussterben einer einzelnen Art auch das Verschwinden weiterer Arten nach sich ziehen.

Der Glücksfund am Rand einer Waldlichtung

Im Jahr 2011 entdeckte der Hobbybotaniker Hans Reichert aus Trier, bei seiner ersten und einzigen Suchaktion, das vermutlich letzte deutsche Exemplar in freier Natur. Der Fundort: ein kleines Dorf in der Nähe des rheinland-pfälzischen Echternacherbrück, an der Grenze zu Luxemburg. Auch hier galt die Art seit über 40 Jahren als verschollen. In ganz Deutschland ist somit nur ein einziger Fundort der Verarmten Segge bekannt, der zu ihrem Schutz bis heute nicht genau preisgegeben wird. Verraten wird lediglich, dass sie am Rand einer Waldlichtung steht.

Botaniker vermehrten „Deutschlands seltenste Pflanze“

Damit das Einzelexemplar bei uns nicht länger das Letzte seiner Art bleibt, brachten Botaniker einen unterirdischen Ausläufer in die „Erhaltungskultur“ des Botanischen Gartens Berlin-Dahlem. Dort werden in Deutschland hochgradig gefährdete Pflanzenarten kultiviert und vermehrt. Den Botanikern, allen voran Dr. Ralf Hand, gelang es im Sommer 2013 die Art erfolgreich zu nachzuzüchten. Zwei Topfpflanzen unter Glas und eine im Freiland bildeten erstmals Blüten und Früchte aus. Die reifen Früchte lagern nun in der dortigen Saatgutbank – so ist die Art zunächst gesichert. Die Berliner Wissenschaftler wollen auch lebende Pflanzen und Samen wieder am ursprünglichen Fundort anpflanzen und ausbringen, um die Population in der freien Natur zu stärken.

 

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