17.04.2007

Fressen unseren Biodiesel: Resistente Rapsglanzkäfer gefährden die Rapsernte 2007

Gemeinsame Bekämpfungsstrategie soll den Raps vor dem bedeutendsten einheimischen Rapsschädling schützen.

Jahrelang haben Landwirte aus Mangel an Alternativen ausschließlich ähnliche Mittel aus der Wirkstoffgruppe der Pyrethroide zur Bekämpfung eingesetzt. Damit wurden resistente Käfer regelrecht „herangezüchtet“. 2006 hat der Käfer große Teile der Ernte vernichtet. Damit das nicht noch einmal passiert haben sich Forschung, Beratung, Industrie und Landwirtschaft für 2007 auf eine gemeinsame Strategie geeinigt.

Rapsanbauer im Nordosten Deutschlands erinnern sich ungern an das Jahr 2006. Die Ernte fiel in den klassischen Rapsanbaugebieten Deutschlands wie Schleswig-Holstein, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern deutlich niedriger aus als erwartet. Schuld daran waren Rapsglanzkäfer.

Auf über 200 000 ha, also etwa einem Sechstel der gesamten deutschen Anbaufläche, wüteten die kleinen schwarzen Käfer. Um an ihr Lieblingsfutter, die Rapspollen, zu gelangen, fressen sie Löcher in die Blütenknospen. Dabei schädigen sie die Fruchtknoten, so dass keine Schoten mit Samen entstehen. Ertragsausfälle zwischen 20 und 100 Prozent waren 2006 keine Seltenheit. Einige hunderttausend Tonnen Biodiesel konnten dadurch nicht produziert werden.

Resistenzen nehmen zu

Rapsglanzkäfer sind an sich „alte Bekannte“ für Ackerbauern. Doch in den letzten Jahren zeigten sie sich zunehmend unempfindlich gegenüber den Bekämpfungsversuchen mit herkömmlichen Insektiziden auf Pyrethroidbasis. Wissenschaftler der Biologischen Bundesanstalt in Braunschweig schätzen, dass der Anteil der Flächen mit Resistenzproblemen von 10 Prozent 2004 auf 50 Prozent 2006 gestiegen ist. In zwei Jahren sollen alle Anbaugebiete betroffen sein.

Diese Entwicklung war vorauszusehen. Raps wird intensiv von Bienen beflogen. Die Bienenschutzverordnung erlaubt daher nur den Einsatz von als nicht bienengefährlich eingestuften Mitteln zur Blütezeit. Jahrelang haben Landwirte aus Mangel an anderen geeigneten und zugelassenen Präparaten ausschließlich Mittel aus der gleichen Wirkstoffgruppe zur Bekämpfung eingesetzt. Damit wurden resistente Käfer regelrecht „herangezüchtet“.

Allianz gegen den Schädling

Ob 2007 erneut so große Ausfälle zu beklagen sein werden, hängt von mehreren Faktoren ab. Forschung, Beratung, Industrie und Landwirtschaft haben jedenfalls gemeinsam eine Strategie entwickelt, mit der man des Schädlings Herr werden will. Große Hoffnungen setzt man auf ein neues Mittel aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide, von dem noch keine Resistenzen bekannt sind. Auch haben die zuständigen Behörden Ausnahmegenehmigungen für Präparate aus der Gruppe der Organophosphate erteilt, allerdings unter genau festgelegten Bedingungen. Damit diese Mittel möglichst lange wirksam bleiben, sollen sie abwechselnd und sehr gezielt eingesetzt werden. Für die Landwirte heißt das:

Nur dann spritzen, wenn die Schadensschwelle überschritten ist. Ein bis zwei Käfer pro Pflanze können am Anfang des Knospenstadiums toleriert werden, ohne dass bedeutende Ertragsverluste drohen. Unmittelbar vor der Blüte dürfen es auch fünf bis sechs sein, da die Käfer dann nur noch kurze Zeit an den Knospen fressen. Sobald die Pflanzen nämlich erblühen, wandelt sich der Schädling zum Nützling: Die Käfer gelangen bequem an die Pollen, ohne den Fruchtknoten zu schädigen, und unterstützen jetzt sogar die Bienen bei der Bestäubung. Behandlungen sollten bei Befallsbeginn auf die Feldränder begrenzt bleiben, da der Käfer von außen nach innen in die Felder vorrückt. Zudem empfehlen die Experten, alles zu vermeiden, was die erneute Resistenzbildung fördern könnte, wie zum Beispiel Anwendungen bei ungünstigen Wetterbedingungen oder zu schwach dosierte Wirkstoffe in der Spritzbrühe. Wichtig sind auch ausreichende Wassermengen, um die Pflanzen gründlich zu benetzen.

Frühjahrswitterung bleibt die große Unbekannte

Nicht zu steuern ist hingegen die Natur. Bis Ende der ersten Aprildekade herrschte kühle Witterung vor, und der Zuflug hielt sich in Grenzen. Mit den sommerlichen Temperaturen Mitte April sind jedoch deutlich mehr Käfer in die Bestände eingewandert. An milden Standorten stand der Raps zu diesem Zeitpunkt bereits in voller Blüte. Gefährdet sind eher kühlere Standorte in den Mittelgebirgen und im Nordosten Deutschlands. Ungünstig wäre dort eine längere Phase mit kühler Witterung in der Zeit kurz nach dem Käferzuflug. Die Blüte würde verzögert einsetzen und die Käfer hätten reichlich Zeit, die Knospen zu schädigen.

Allgemein rechneten die Experten in diesem Frühjahr mit einer hohen Ausgangspopulation. Regelrechte Jungkäferinvasionen, wie Ostseeurlauber sie im Sommer 2006 beobachten konnten, sprachen für diese Vermutung. Bis Mitte April war die Situation aber entspannt.