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Mais wird immer wichtiger für die Landwirtschaft. Foto: Franz Haindl/pixelio
01.09.2011
Umwelt & Verbraucher

Fahndung nach dem Maiswurzelbohrer

Der gefürchtete Maisschädling tritt zum ersten Mal in Nordrhein-Westfalen auf

"Käferalarm" im Herbst 2010 in Straelen-Herongen und Köln-Wahn. Seit Anfang Juli 2011 kontrollieren Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen Hunderte von Käfer-Fallen, um den gefährlichen Maisschädling zu stoppen. Bislang war der Maiswurzelbohrer in Deutschland nur in Bayern und Baden-Württemberg aufgetreten. Mit Hilfe systematischer Kontrollen entdeckten ihn die Kontrolleure, und leiteten Bekämpfungsmaßnahmen ein, noch bevor er großen Schaden anrichten konnte. Dieses Jahr fahnden 30 Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer in ganz Nordrhein-Westfalen mit Käferfallen nach dem Schädling. Rund um die Fundorte wird überprüft, ob die Bekämpfung erfolgreich war. Für die Landwirtschaft steht viel auf dem Spiel: Breitet sich der Schädling aus, gerät der Maisanbau ernsthaft in Gefahr.

Der Maisanbau nimmt in Deutschland zu und mit ihm die Furcht vor dem Westlichen Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera virgifera). Der auch als „one billion dollar bug“ bezeichnete Käfer verursacht allein in den USA jährlich Kosten in Höhe von einer Milliarde Dollar. Vermutlich gelangte der aus Amerika stammende Käfer in den 80er Jahren nach Südosteuropa und breitet sich seitdem immer weiter aus. Experten gehen davon aus, dass der Eindringling nur dann wirksam bekämpft werden kann, wenn seine Einschleppung rechtzeitig erkannt wird. Aus diesem Grund wird in Deutschland seit 1997 ein Monitoring zur Früherkennung durchgeführt. 

Ausbreitung als blinder Passagier

In Köln und in Straelen-Herongen stießen die Kontrolleure der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen im vergangenen Herbst zum ersten Mal auf den Schädling. Experten gehen davon aus, dass sich der Maiswurzelbohrer als blinder Passagier von LKW, Bahn, Schiff und Flugzeug ausbreitet. „In Nordrhein-Westfalen ist der Schädling typischerweise an Verkehrsknotenpunkten aufgetreten“, sagt Dr. Reiner Schrage vom Pflanzengesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Experte für Quarantäneschädlinge. Köln sei mit dem Flughafen, dem Rheinhafen und mit Bahn- und Autoverkehr besonders anfällig für eingeschleppte Schädlinge; in Straelen-Herongen gäbe es einen Verladebahnhof für LKW. Verhindern ließe sich das Schwarzfahren bei einem nur fünf Millimeter großen Insekt nicht. 

Fallen kontrollieren ist schwierig

Sogar gefangene Käfer sind nur schwer zu erkennen. Je länger sie sich in der Falle befinden, desto dunkler werden sie und desto mehr verändern sie ihr Aussehen. Zudem handelt es sich bei den gefangenen Insekten meistens um männliche Käfer: Sie sind dunkler als die Weibchen, und die typischen gelben Streifen auf den Deckflügeln sind schlechter zu erkennen. Es sind die männlichen Käfer, die von Fallen angezogen werden, weil die leimbeschichteten Tafeln Sexuallockstoffe (Pheromone) enthalten. Käfer, die diesen Reizen nicht widerstehen können, bleiben am Leim der Fallen kleben. Da je nach Standort, Fauna und Wind auch andere Insekten an den Leimtafeln hängenbleiben, ist es oft sehr schwierig, die Käfer zu identifizieren. Alle Käferfunde werden im Labor des Pflanzenschutzdienstes nochmals untersucht. 

Bekämpfungsmaßnahmen rund um die Fundorte

Wenn die Experten des Pflanzenschutzdienstes die Schadinsekten im Labor eindeutig bestimmt haben, müssen alle Maisfelder im Umkreis von einem Kilometer – der so genannten Befallszone – mit einem Insektizid behandelt werden. Diese Maßnahme soll die möglicherweise in den Maisfeldern versteckten Käfer bekämpfen und ihre Eiablage verhindern. Es gilt außerdem ein Verbringungsverbot für Erde von Maisfeldern aus der Befallszone, und die Maschinen müssen gereinigt werden, bevor sie die Zone verlassen. Um die Befallszone herum legt die zuständige Behörde noch eine Sicherheitszone fest. Bei einem Radius von fünf Kilometern umfasst die betroffene Fläche insgesamt rund 11 000 Hektar, das entspricht der Fläche von rund 15 000 Fußballfeldern. In den Folgejahren wird in der Befalls- und Sicherheitszone weiterhin intensiv nach den Schädlingen gefahndet und der Maisanbau strengen Regeln unterworfen. Dabei hat sich die Einhaltung von Fruchtfolgen als wirksamste Maßnahme gegen die Ausbreitung des Westlichen Maiswurzelbohrers erwiesen. Allein auf dem deutschen Gebiet um Straelen-Herongen sind 227, in Köln 82 Landwirte von den Anbaubeschränkungen betroffen. 

Maisanbau in Gefahr

Landwirte, deren Äcker in der Befallszone liegen, müssen zwei Jahre lang auf den Maisanbau verzichten, um die Entwicklung der Larven zu stoppen. Auch in den Sicherheitszonen gelten Anbaubeschränkungen: Hier darf Mais nur im Wechsel mit anderen Kulturen in der Fruchtfolge auftauchen. Wie wichtig Mais für die Landwirtschaft ist, zeigt die zunehmende Anbaufläche: In Nordrhein-Westfalen liegt sie aktuell bei etwa 250 000 Hektar. Die Anbaubeschränkungen für Mais werden erst in käferfreien Zonen wieder aufgehoben. Eine Zone gilt als käferfrei, wenn zwei Jahre lang kein Maiswurzelbohrer gefunden wird.

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